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Spürnase gegen Giftangriffe

Biochemie. - Die so genannte Polymerase-Kettenreaktion, mit der sich Erbsubstanz vervielfältigen lässt, ist heute aus dem Laboralltag nicht mehr wegzudenken. Sie ist eine wichtige Methode, um Viren oder Krankheitserreger nachzuweisen. Sie kann aber auch verwendet werden, um bestimmte Nervengifte schnell aufzuspüren. Ein entsprechendes Verfahren hat der US-Forscher Jeffrey Mason entwickelt.

Von Kristin Raabe |
    Man nehme: Rund 60 so genannte Reportergene, packe sie in einen Öltropfen und statte diesen Öltropfen mit einigen Bindungsstellen für die Proteine aus, die man nachweisen will. Fertig ist ein neuer Test, mit dem sich Giftstoffe wie das von Bakterien produzierte Botulinum-Toxin nachweisen lassen. Die Antikörper dienen dazu, das Botulinum-Toxin beispielsweise aus einer Blut- oder Wasserprobe herauszufischen. Die so genannten Reportergene im Innern des Öltropfens sind eine Art Marker, der es schließlich ermöglicht festzustellen, wie viel von dem Giftstoff in der Blutprobe war. Entwickelt hat diese Nachweismethode Jeffrey Mason vom Armed Forces Institute of Pathology in Rockville. Wie das Ganze genau funktioniert, erklärt er am besten selbst:

    " Unser Test arbeitet mit Antikörpern, die spezifisch beispielsweise Botulinum-Toxin binden. Botulinum ist ein Nervengift, das Bakterien produzieren. Die Antikörper sitzen also in den Wänden einer so genannten Mikrotiterplatte. Die muss man sich wie eine Miniaturausgabe einer Muffin-Backform vorstellen. Darein geben wir dann die Probe mit dem Verdacht auf Botulinum-Toxin. Das kann beispielsweise Urin, Blut oder Wasser sein. Das Toxin bindet an die Antikörper in der Platte. Und alle anderen Bestandteile werden dann weggewaschen. Dann geben wir die Liposomen hinzu. Wir haben sie vorher mit speziellen Bindungsstellen für das an die Antikörper gebundene Botulinum-Toxin ausgestattet. Das Botulinum-Toxin mit den Antikörpern bindet nun also an diese Bindungsstellen an den Liposomen. Die gebundenen Liposomen haften nun also auch an den Wänden der Mikrotiterplatte. Alle nichtgebundenen Liposomen spülen wir weg. Und dann endlich brechen wir die Liposomen auf und eine ganz normale PCR kann beginnen. Anhand der Menge der replizierten Reportergene sehen wir dann, wie viel von dem Botulinum-Toxin in unserer Probe war. Das ist so ganz grob, wie unser neuer Nachweis-Test funktioniert."

    Der Test ist um ein Tausendfaches genauer als jede bislang bekannte Methode zum Nachweis von Botulinum-Toxin. Dieses Nervengift könnte beispielsweise von Bioterroristen eingesetzt werden, um das Wasser in einem Gebäude zu vergiften. Dann muss schnell reagiert werden. Und auch das gelingt mit dem neuen Verfahren: Schon nach drei Stunden liegen die ersten Ergebnisse vor. Aber das ist nicht der einzige Vorteil.

    " Ein großer Vorteil ist, dass es nicht teuer ist. Alle herkömmlichen Tests dieser Art sind sehr teuer, weil dabei für gewöhnlich die DNA auf chemischem Wege an einen Antikörper gebunden werden muss, und das ist aufwendig und teuer. Wir brauchen keine chemisch präparierte DNA, wir können praktisch mit jeder Art von DNA arbeiten und die Liposomen selbst sind einfach und billig herzustellen. Es also wirklich ein sehr kostengünstiger und einfacher Test."

    Bislang gibt es den Test von Mason nur für Botulinum-Toxin, aber das könnte sich vielleicht bald ändern.

    " Wir arbeiten gerade daran, unsere Methode so umzubauen, dass wir mit ihr Moleküle im Blut nachweisen können, die ein Hinweis auf eine Erkrankung sind, eine Virusinfektion beispielsweise oder eine Krebserkrankung. Dazu müssen wir es allerdings schaffen, Antikörper in die Oberfläche der Liposomen einzubauen. Theoretisch könnten wir dann jedes beliebige Eiweiß in einer Blutprobe nachweisen, für das ein Antikörper verfügbar ist - und zwar schon in sehr niedrigen Konzentrationen. Das wäre ein großer Vorteil für diese Art von diagnostischen Tests."

    In spätestens einem Jahr will Jeffrey Mason den ersten Prototyp für den Nachweis von Krebszellen in Blutproben fertig haben. Dann ließe sich eine Krebserkrankung möglicherweise in einem sehr frühem Stadium nachweisen.