"Es handelt sich um einen Seiden-Deel, das ist ein kaftanähnliches Gewand, außen haben wir einen schönen beigen Seidenstoff, das Innenfutter besteht aus einem roten Seidenstoff, der äußere Stoff ist ein Damastgewebe mit einer ganz schönen floralen Musterung drin."
Ein feines Material, aber sehr vornehm sieht das weite Gewand auf dem Tisch vor Laura Peters eigentlich nicht aus: Löcher sind hineingerissen, die Farbe ist mal ausgebleicht, mal nachgedunkelt und am unteren Rand fehlen sogar kleine Stücke. Nur eine Expertin wie die Textilrestauratorin Peters erkennt die originalen Farben, das Blumenmuster und vor allem die hohe Funktionalität des Kaftans: Er war unten so weit, damit man sich ungehindert auf ein Pferd schwingen konnte und er hatte neben den engen Ärmeln auch Armschlitze, die der Reiter benutzte, um besser Pfeile aus seinem Köcher ziehen und den Bogen spannen zu können.
Der Kaftan stammt aus der Kultur der Steppenkrieger in der Mongolei. Er wurde in einem Felsnischengrab am Nordrand der Wüste Gobi gefunden. Die Schäden an dem feinen Seidenstoff erscheinen erstaunlich gering, wenn man weiß, dass er rund tausend Jahre alt ist. So lange bleiben Textilien nur extrem selten erhalten - in Mitteleuropa praktisch nie. Die trockene Luft hoch oben im Gebirge hat den Kaftan so gut konserviert. An der Fachhochschule Köln wird er nun untersucht und restauriert, als Studienabschlussarbeit.
"Wir entnehmen ganz wenige Faserproben und können dann durch mikroskopische Aufnahmen und eventuell auch Reagentien die Fasern bestimmen. Bei Seide ist das sehr gut zu sehen, aber bei diesem Filz, der dazwischen liegt, ist noch das Problem, dass man sich Vergleichsstücke erst mal besorgen muss. "
Stoffe aus der Mongolei bekommen Restauratoren nicht alle Tage auf den Tisch. In diesem Fall hat eine Kooperation zwischen Archäologen der mongolischen Akademie der Wissenschaften und der Universität Bonn dazu geführt, dass einzigartige, hochempfindliche Zeugnisse der mongolischen Geschichte in Deutschland erforscht und dauerhaft konserviert werden, weil vor Ort Know-how und Mittel dafür fehlen.
Die Restaurierungswerkstätten des Landesmuseums Bonn haben sich um hölzerne Objekte gekümmert, die in der Gebirgsluft ebenfalls außergewöhnlich gut erhalten geblieben sind: mehrere der gefürchteten geschwungenen Bögen der Steppenkrieger zum Beispiel, Pfeile, die noch die originale Befiederung tragen und das älteste bekannte Musikinstrumente der Mongolei: eine Art Harfe, deren Hals in einen stilisierten Pferdekopf ausläuft.
Zu den Initiatoren der Kooperation gehört Jan Bemmann, Professor an der Universität Bonn. Er hat in Karakorum geforscht, der Hauptstadt des mongolischen Weltreichs im 13. und 14. Jahrhundert:
"Wir sind da seit 1999 tätig und haben Teile der Stadt ausgegraben, großflächig erst mal prospektiert, um eine Vorstellung von der Dimension zu gewinnen, das sind rund drei Quadratkilometer Ausdehnung. Es gibt dazu schriftliche Überlieferungen, wie die Stadt ausgesehen hat, es gibt buddhistische Tempel in der Stadt, es soll nestorianische Kirchen geben, es muss ein muslimisches Viertel gegeben haben, es hat ein chinesisches Viertel gegeben und all das lässt sich nachweisen."
Das Weltreich unter den berühmten Dschingis und Kubilai Khan war nur eine, wenn auch die bedeutendste Epoche der langen mongolischen Geschichte. Ihr gingen die großen Imperien der alttürkischen Völker und der Uiguren schon voraus - und alles waren die Reiche von Nomaden: Mobile Reitervölker aus den Bergen und Hochebenen zwischen Südsibirien und China erbauten Städte und gründeten Staaten.
"Die Nomaden sind die Grundstruktur, die auch fortbesteht. Die Städte bestehen nicht fort. Die existieren 100, 200 Jahre und mit dem Niedergang der Reiche gehen auch die Städte zugrunde, es ist dann auch nicht mehr der Bedarf da. Das kleinste Modul, diese autarken Nomaden, die überdauern alle Zeiten, hinterlassen aber auch nicht die prachtvollen Spuren. Und dann haben wir die Imperien, die gegründet werden, es werden Residenzen aufgebaut, es werden Baumeister geholt, aus China, aus Sogdien, aus den zentralasiatischen Bereichen, Kunsthandwerker werden geholt, es wird viel Technologie importiert und umgesetzt, es gibt dann Töpfereien, Manufakturen. Aber sobald die Strukturen zerstört werden oder zugrunde gehen, zerfällt das auch. "
Der Seidenkaftan, den Laura Peters in Köln restauriert, ist ein schönes Symbol für die Dauerhaftigkeit der nomadischen Kulturen: Noch heute tragen Menschen in der Mongolei denselben Schnitt. Nomadische Kulturen hinterlassen eben nur selten spektakuläre Architektur - ihre Traditionen schlagen sich in einer über Jahrhunderte immer weiter verbesserten Handwerkstechnik nieder.
Man sieht das auch an dem zweiten Kleidungsstück, das an der Fachhochschule Köln untersucht wird: Ein Filzmantel, ebenfalls weit, also für einen Reiter geschnitten. Grau, wie er heute aussieht, scheint er einem Knecht oder Diener gehört zu haben, doch die Restauratorin Maike Piecuch hat die Feinheiten der Näharbeit erkannt:
"Das kann man besonders bei diesen Steppstichen sehen, die sind so fein gearbeitet, das ist ganz besonders, dass es keine großen Stiche sind, sondern ganz kleine, ganz akkurat nebeneinandergesetzt, immer im gleichen Abstand. Ein sehr dekoratives Band hier, das vermutlich aus Kamelhaar besteht und diese feine Flechtborte hier, das ist schon ein Haufen Arbeit, das erfordert auch sehr viele Kenntnisse, daher ist das nicht eine Bedienstetenkleidung. "
Nur das Material, aus dem der Mantelfilz gemacht wurde, ist der Restauratorin noch ein Rätsel: Um zu klären, von welchem Tier die Wolle kam, muss sie unter dem Mikroskop die Schuppenstruktur der Faser bestimmen - und dafür fehlt ihr das Vergleichsmaterial:
"Man muss sich erst überlegen, wo bekomme ich denn Fasern von einem mongolischen Schaf oder Kamel her und dann kann man genau sagen, das könnte das und das gewesen sein. "
Ein feines Material, aber sehr vornehm sieht das weite Gewand auf dem Tisch vor Laura Peters eigentlich nicht aus: Löcher sind hineingerissen, die Farbe ist mal ausgebleicht, mal nachgedunkelt und am unteren Rand fehlen sogar kleine Stücke. Nur eine Expertin wie die Textilrestauratorin Peters erkennt die originalen Farben, das Blumenmuster und vor allem die hohe Funktionalität des Kaftans: Er war unten so weit, damit man sich ungehindert auf ein Pferd schwingen konnte und er hatte neben den engen Ärmeln auch Armschlitze, die der Reiter benutzte, um besser Pfeile aus seinem Köcher ziehen und den Bogen spannen zu können.
Der Kaftan stammt aus der Kultur der Steppenkrieger in der Mongolei. Er wurde in einem Felsnischengrab am Nordrand der Wüste Gobi gefunden. Die Schäden an dem feinen Seidenstoff erscheinen erstaunlich gering, wenn man weiß, dass er rund tausend Jahre alt ist. So lange bleiben Textilien nur extrem selten erhalten - in Mitteleuropa praktisch nie. Die trockene Luft hoch oben im Gebirge hat den Kaftan so gut konserviert. An der Fachhochschule Köln wird er nun untersucht und restauriert, als Studienabschlussarbeit.
"Wir entnehmen ganz wenige Faserproben und können dann durch mikroskopische Aufnahmen und eventuell auch Reagentien die Fasern bestimmen. Bei Seide ist das sehr gut zu sehen, aber bei diesem Filz, der dazwischen liegt, ist noch das Problem, dass man sich Vergleichsstücke erst mal besorgen muss. "
Stoffe aus der Mongolei bekommen Restauratoren nicht alle Tage auf den Tisch. In diesem Fall hat eine Kooperation zwischen Archäologen der mongolischen Akademie der Wissenschaften und der Universität Bonn dazu geführt, dass einzigartige, hochempfindliche Zeugnisse der mongolischen Geschichte in Deutschland erforscht und dauerhaft konserviert werden, weil vor Ort Know-how und Mittel dafür fehlen.
Die Restaurierungswerkstätten des Landesmuseums Bonn haben sich um hölzerne Objekte gekümmert, die in der Gebirgsluft ebenfalls außergewöhnlich gut erhalten geblieben sind: mehrere der gefürchteten geschwungenen Bögen der Steppenkrieger zum Beispiel, Pfeile, die noch die originale Befiederung tragen und das älteste bekannte Musikinstrumente der Mongolei: eine Art Harfe, deren Hals in einen stilisierten Pferdekopf ausläuft.
Zu den Initiatoren der Kooperation gehört Jan Bemmann, Professor an der Universität Bonn. Er hat in Karakorum geforscht, der Hauptstadt des mongolischen Weltreichs im 13. und 14. Jahrhundert:
"Wir sind da seit 1999 tätig und haben Teile der Stadt ausgegraben, großflächig erst mal prospektiert, um eine Vorstellung von der Dimension zu gewinnen, das sind rund drei Quadratkilometer Ausdehnung. Es gibt dazu schriftliche Überlieferungen, wie die Stadt ausgesehen hat, es gibt buddhistische Tempel in der Stadt, es soll nestorianische Kirchen geben, es muss ein muslimisches Viertel gegeben haben, es hat ein chinesisches Viertel gegeben und all das lässt sich nachweisen."
Das Weltreich unter den berühmten Dschingis und Kubilai Khan war nur eine, wenn auch die bedeutendste Epoche der langen mongolischen Geschichte. Ihr gingen die großen Imperien der alttürkischen Völker und der Uiguren schon voraus - und alles waren die Reiche von Nomaden: Mobile Reitervölker aus den Bergen und Hochebenen zwischen Südsibirien und China erbauten Städte und gründeten Staaten.
"Die Nomaden sind die Grundstruktur, die auch fortbesteht. Die Städte bestehen nicht fort. Die existieren 100, 200 Jahre und mit dem Niedergang der Reiche gehen auch die Städte zugrunde, es ist dann auch nicht mehr der Bedarf da. Das kleinste Modul, diese autarken Nomaden, die überdauern alle Zeiten, hinterlassen aber auch nicht die prachtvollen Spuren. Und dann haben wir die Imperien, die gegründet werden, es werden Residenzen aufgebaut, es werden Baumeister geholt, aus China, aus Sogdien, aus den zentralasiatischen Bereichen, Kunsthandwerker werden geholt, es wird viel Technologie importiert und umgesetzt, es gibt dann Töpfereien, Manufakturen. Aber sobald die Strukturen zerstört werden oder zugrunde gehen, zerfällt das auch. "
Der Seidenkaftan, den Laura Peters in Köln restauriert, ist ein schönes Symbol für die Dauerhaftigkeit der nomadischen Kulturen: Noch heute tragen Menschen in der Mongolei denselben Schnitt. Nomadische Kulturen hinterlassen eben nur selten spektakuläre Architektur - ihre Traditionen schlagen sich in einer über Jahrhunderte immer weiter verbesserten Handwerkstechnik nieder.
Man sieht das auch an dem zweiten Kleidungsstück, das an der Fachhochschule Köln untersucht wird: Ein Filzmantel, ebenfalls weit, also für einen Reiter geschnitten. Grau, wie er heute aussieht, scheint er einem Knecht oder Diener gehört zu haben, doch die Restauratorin Maike Piecuch hat die Feinheiten der Näharbeit erkannt:
"Das kann man besonders bei diesen Steppstichen sehen, die sind so fein gearbeitet, das ist ganz besonders, dass es keine großen Stiche sind, sondern ganz kleine, ganz akkurat nebeneinandergesetzt, immer im gleichen Abstand. Ein sehr dekoratives Band hier, das vermutlich aus Kamelhaar besteht und diese feine Flechtborte hier, das ist schon ein Haufen Arbeit, das erfordert auch sehr viele Kenntnisse, daher ist das nicht eine Bedienstetenkleidung. "
Nur das Material, aus dem der Mantelfilz gemacht wurde, ist der Restauratorin noch ein Rätsel: Um zu klären, von welchem Tier die Wolle kam, muss sie unter dem Mikroskop die Schuppenstruktur der Faser bestimmen - und dafür fehlt ihr das Vergleichsmaterial:
"Man muss sich erst überlegen, wo bekomme ich denn Fasern von einem mongolischen Schaf oder Kamel her und dann kann man genau sagen, das könnte das und das gewesen sein. "