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Spuren mit großer Wirkung

Medizin. - Metalle sind allgegenwärtig. Als so genannte Spurenelemente sind sie auch für uns unentbehrlich. Welche Aufgabe sie im Körper aber genau erfüllen, das ist oft nicht bekannt. Andererseits werden Metalle auch mit Krankheiten in Verbindung gebracht, zum Beispiel mit Erkrankungen des Gehirns. Der Nachweis von Metallen im Gehirn war eines der Themen auf der Konferenz am Rande der Messe "Analytica", die heute zu Ende geht.

Von Hellmuth Nordwig |
    Wenn bestimmte Metalle im Hirngewebe gehäuft auftreten, kann es zu Krankheiten kommen. Patienten mit der Alzheimer-Erkrankung haben zum Beispiel einen Überschuss an Aluminium oder Zink. In der Fachwelt wird kontrovers diskutiert, ob diese Metalle etwas mit der Ursache der Krankheit zu tun haben, ob also zum Beispiel Kochgeschirr aus Aluminium zur Alzheimer-Krankheit führt. Für Dr. Sabine Becker vom Forschungszentrum Jülich Grund genug, die Metalle im Gehirn genau zu untersuchen. Zum Beispiel Zink und Kupfer. Becker:

    "Zink spielt eine sehr große Rolle. Dieses Element wird sehr intensiv untersucht. Wir analysieren in dünnen Gehirnschnitten in einigen Quadratzentimetern die Zinkverteilung, und finden zum Beispiel in bestimmten Bereichen des Hippocampus erhöhte Konzentrationen von Zink."

    Der Hippocampus ist für Lernen und Gedächtnis zuständig und auch für die Emotionen. Sabine Becker kann auf Bruchteile von Millimetern genau sagen, wo auf den dünnen Scheibchen der Gehirne Verstorbener wieviel Zink vorhanden ist. Dazu nutzt sie einen Laser, der das Gewebe Punkt für Punkt verdampft. Ein so genanntes Massenspektrometer bestimmt anschließend bei jedem einzelnen dieser Gaswölkchen, wieviel von welchem chemischen Element vorhanden ist. So entsteht eine Art Landkarte, die zeigt, wo im Gehirn wieviel Zink vorhanden ist. Montiert man mit dem Computer die Karten aus mehreren Gewebeschichten übereinander, ergibt sich sogar ein dreidimensionales Bild. Das funktioniert auch für andere Elemente, zum Beispiel für Kupfer. Becker:

    "Kupfer ist ein sehr wichtiges essenzielles Element, wie auch Zink. Wir können die Kupferverteilung in gesundem und in krankem Hirngewebe messen. Wir haben zum Beispiel in Tumoren Defizite gefunden von Kupfer und Zink. Und deshalb werden wir diese Methoden weiter entwickeln, um quantitative Aussagen über die Elementverteilung in Gehirnproben zu finden."

    Es ist auch hier nicht sicher, dass Kupfer oder Zink etwas mit der Entstehung von Gehirntumoren zu tun haben. Doch die genaue Analyse bietet erstmals die Möglichkeit, dieser Frage nachzugehen. Stolz ist Sabine Becker auch auf ein anderes Ergebnis ihrer Untersuchungen: Sogar Uran kommt im Gehirn vor und ist dort an Eiweißmoleküle, also Proteine gebunden. Becker:

    "Das ist unser Lieblingselement, Uran. Da wir es sehr empfindlich messen können, haben wir diese Methode auch auf die Uranbestimmung an Gewebeproben angewandt. Wir haben zum ersten Mal Uran, gebunden an Proteine, gefunden, nachdem wir die Proteine auf Uran, Zink, Schwefel und andere Elemente untersucht haben."

    Dabei hat die Chemikerin keine Gehirnschnitte benutzt, sondern ihre Kollegen von der Universität Konstanz haben das Gewebe aufgelöst und die Eiweiße voneinander getrennt. Im Fachjargon heißt das seit der Erfindung des Begriffs Genom: Sabine Becker hat das "Proteom" des Gehirns untersucht, zu dem sich nun also auch noch das "Metallom" gesellt. Becker:

    "Das ist aber ein ganz anderer Arbeitszweig, die Analytik an einzelnen getrennten Proteinen im Vergleich zu Gewebeproben, dünnen Gewebeschnitten. Aber ein großes Ziel wird sein, beide Methoden zu kombinieren, das heißt, dort in dem Gewebeschnitt, wo man zum Beispiel eine erhöhte Zinkkonzentration findet, die Proteine zu trennen, die Struktur aufzuklären und neue Modifikationen nachzuweisen."

    Also die Frage zu klären: Wann heften sich Metalle an die Eiweiße des Gehirns, und wie verändert sich dabei die Struktur der Proteine? Dann wird sich zeigen, was Alzheimer und Parkinson, möglicherweise sogar Schizophrenie und Depression mit dem Metallstoffwechsel im Gehirn zu tun haben.