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"SQUID" schaut ins Herz

Technik. - Das Hauptwerkzeug der Mediziner bei der Beurteilung der Herzfunktion ist nach wie vor das Elektrokardiogramm (EKG). Wollen Experten dagegen dem Gehirn bei seiner Arbeit zuschauen, messen sie unter anderem die Magnetfelder, die bei den elektrischen Prozessen des Organs entstehen. Ein deutscher Forscher entwickelt derzeit ein Verfahren, das diese Methode auch für die Betrachtung des Herzen erschließt.

    Franz Baudenbachers "SQUID" ist kein Kalmar, wie der englische Name suggeriert, sondern ein so genanntes "Scanning Superconducting Quantum Interference Device" - kurz SQUID - ist ein auf einem Supraleitern basierendes, hochempfindliches Mikroskop, das Magnetfelder aufnimmt. Dabei ist Baudenbachers Detektor sehr weitaus empfindlicher als andere SQUID-Sensoren, die derzeit etwa für den Einsatz in der Materialprüfung getestet werden. Der Versuchsraum ist von drei dicken Lagen aus magnet-unempfindlichem Metall umhüllt, der Zugang ist abgeschirmt durch eine 20 Zentimeter dicke Tür. "Das Gerät ist derart sensibel, dass eine Person mit einem Schraubendreher außerhalb des Käfigs noch gemessen werden kann", erklärt der Physiker. Baudenbachers Experimente sind indes nichts für Zartbesaitete: Mit "SQUID" untersucht der Wissenschaftler Herzen von Hasen, die so präpariert wurden, dass sie unter dem Spezialmikroskop noch schlagen können. "Dazu versorgen wir die Organe mit einer sauerstoffangereicherten Nährlösung, die das Blut ersetzt und den Muskel über fast sieben Stunden aktiv hält." Ein Schrittmacher hält die Herzen auf einer konstanten Schlagfrequenz. Ist die isolierte Muskelpumpe korrekt vorbereitet, wird sie mit Hilfe einer Folie am Untergrund fixiert und "SQUID" in Stellung gebracht.

    Das supraleitende Magnetmikroskop liefert anschließend Daten über elektrische Ströme und Magnetfelder, die am arbeitenden Herzen ständig entstehen und wieder verschwinden - ein so genanntes Magnetokardiogramm (MKG). Aus der Kombination von EKG und MKG will Baudenbacher eine vollständige mathematische Simulation des Herzmuskel auf dem Computer erstellen: "Damit hätten wir ein Herz, das vollständig im Rechner abgebildet ist und an dem beliebige Untersuchungen durchgeführt werden könnten", betont der Wissenschaftler. So könnten etwa die Wirkungen von Medikamenten an eng definierten Muskelarealen getestet und die maßgeschneiderte Arzneientwicklung vorangetrieben werden. Darüber hinaus kann sich Baudenbacher vorstellen, dass "SQUID" eines Tages sogar als Instrument direkt in der medizinischen Diagnostik eingesetzt werden könnte, beispielsweise nach Infarkten. Doch dafür eigne sich die heutige, unhandliche Technik noch lange nicht.

    [Quelle: Jan Lublinski]