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Sri Lanka
"Der größte Swimmingpool der Welt" steht zum Verkauf

Der Hafen in Hambantota, im Süden Sri Lankas, war einst das wirtschaftliche Vorzeige-Projekt des Inselstaates. Doch fünf Jahre nach der Eröffnung findet dort immer noch so gut wie keinen Warenumschlag statt. Der Regierung ist das Geld ausgegangen. Dass nun ein chinesischer Großinvestor einspringen soll, stößt auf Widerstand von vielen Seiten.

Von Bernd Musch-Borowska | 08.07.2017
    Der Hafen von Hambantota im Jahr 2011, kurz vor seiner Eröffnung.
    Nicht ein einziges Schiff hat im vor fünf Jahren eröffneten Hafen in Hambantota im Süden Sri Lankas festgemacht. (dpa / M.a.pushpa Kumara)
    Premierminister Ranil Wickremansinghe, der seit rund zweieinhalb Jahren im Amt ist, nannte Hambantota den größten und teuersten Swimmingpool der Welt, denn noch gibt es so gut wie keinen Waren-Umschlag in dem Hafen. Sein Wirtschaftsminister, Sujeewa Senasinghe, bezeichnete das Projekt als Schuldenfalle, die die frühere Regierung hinterlassen habe.
    "Wir haben praktisch keine Einnahmen in Hambantota. Ich habe mir den Hafen aus der Luft angesehen und es sah aus wie ein riesiger Swimmingpool. Nicht ein einziges Schiff hatte dort festgemacht. Das ist die Realität, mit der wir konfrontiert sind."
    Großinvestor stößt auf Protest
    Über eine Milliarde US-Dollar hat die Regierung von Sri Lanka in das Projekt investiert und weil das hochverschuldete Land seine Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen kann, soll nun ein chinesischer Großinvestor einspringen.
    Dagegen protestieren die Anwohner. Denn der chinesische Konzern soll nicht nur den Hafen übernehmen, sondern zusätzlich noch ein Industriegebiet von mehreren Tausend Hektar erhalten. Die Bauern rund um Hambantota fürchten um ihre Grundstücke und um die Zerstörung ihres Lebensraumes. Anfang des Jahres, als der geplante Deal mit China bekannt wurde, waren die Proteste eskaliert. Es kam zu heftigen Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und der Polizei.
    Ungewissheit bei den Anwohnern
    "Die Regierung von Sri Lanka will das Industriegebiet für 99 Jahre an die China Merchand Holding verpachten. Wo sollen wir dann hin", fragt der Landwirt Dharmasena Hettiarachchi. Die Regierung lasse die Menschen in der Region in Ungewissheit über die konkreten Pläne.
    "Die Regierung hat uns noch keine konkreten Angebote für Ersatzgrundstücke gemacht. Wir wissen also gar nicht, was wir für unsere Grundstücke bekommen, und wo."
    Sein Nachbar W.G. Sunil, ebenfalls ein Landwirt, will sein Grundstück auf keinen Fall hergeben für das geplante Industriegebiet.
    "Dieses Land gehört meiner Familie seit drei Generationen. Und was soll ich denn woanders anfangen mit einem neuen Grundstück? Ich bin Landwirt und habe keine andere Ausbildung."
    Seine Frau, Erathne, sorgt sich vor allem um die Gefahren für die Umwelt. Außerdem kann sich die 52-Jährige nicht vorstellen, irgendwo anders wieder bei null anfangen zu müssen.
    "Ein Haus zu bauen, dauert bei uns viele Jahre. Wir sind viel zu alt, um uns irgendwo anders ein neues Haus zu bauen."
    "Wie ein Alkoholiker, der das Familiensilber verkauft"
    Auch die Opposition macht Druck. Die Regierung sei dabei, das Tafelsilber des Landes zu verschleudern, sagt Ajith Nivard Cabraal, der frühere Gouverneur der Zentralbank von Sri Lanka.
    "Das ist unser Staatsvermögen. Sri Lanka sollte die Kontrolle darüber behalten. Wir können und sollen Investoren einladen, sich zu beteiligen, aber die Kontrolle sollte bei unserer Regierung bleiben. Unsere Minister sagen, wir müssen den Hafen verkaufen, um Devisen zu erhalten. Für mich klingt das wie ein Alkoholiker, der das Familiensilber verkauft, um seinen nächsten Drink zu bezahlen."
    Der amtierende Wirtschaftsminister Senasinghe macht die Vorgängerregierung von Präsident Mahinda Raksapakse für die Misere verantwortlich. Hunderte Millionen US-Dollar seien verschwunden. Ohne die chinesischen Investoren könne Sri Lanka die Schulden nicht mehr bezahlen.
    "Die geschätzten Kosten lagen bei 1,5 Milliarden Dollar, aber in den Büchern stehen nur 900 Millionen. Es fehlen also über 500 Millionen Dollar. Und wir haben keine Einnahmen, sondern nur Schulden mit diesem Projekt und das bei einem Zinssatz von über 6 Prozent. Für ein kleines Entwicklungsland wie Sri Lanka ist das nicht tragbar."
    Nachbarländer in Sorge
    Chinas Engagement in das Infrastrukturprojekt in Sri Lanka hat auch den großen Nachbarn Indien alarmiert. Der strategisch wichtige Hafen im Hinterhof Indiens in der Hand der Chinesen, das stößt in Delhi auf Widerstand. Obwohl die Regierung von Sri Lanka eine militärische Nutzung des Hafens ausschließt und erst kürzlich das Andocken eines chinesischen U-Bootes in Hambantota untersagt hat, befürchtet Basil Raksapakse, der Bruder des früheren Präsidenten und ehemals Wirtschaftsminister Sri Lankas, ernsthafte Probleme mit Indien.
    "Unsere Nachbarn sind natürlich in Sorge. Sie werden sich das genau ansehen. Wir holen uns auf diese Weise die internationalen Konflikte vor unsere Haustür. Sri Lanka war einst ein Gründungsmitglied der Bewegung blockfreien Staaten. Auch wenn diese Bewegung heute nicht mehr so stark ist, sollten wir neutral und vorsichtig bleiben. Besonders gegenüber unserem großen Nachbarn Indien."
    Sri Lanka hat seinem Nachbarn Indien jetzt ein alternatives Entwicklungsprojekt angeboten, ein Hafen-Projekt in Tricomalee, an der Nordost-Küste des Landes. Der Hafen, der dort entstehen soll, ist zwar längst nicht so groß wie Hambantota, Indien könnte aber auf diese Weise den Einfluß Chinas in Sri Lanka zumindest teilweise ausgleichen.