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Staatstrauer in Kenia
Kritik an langsamer Reaktion der Behörden

In Kenia hat heute eine dreitägige Staatstrauer für die Opfer des blutigen Anschlags militanter Islamisten auf die Universität von Garissa begonnen. Dort hatte die Terrormiliz Al-Shabaab am Donnerstag 148 Menschen getötet. Im ganzen Land wehten Fahnen auf halbmast und Gläubige gedachten in den Ostergottesdiensten der Toten.

05.04.2015
    Vor der Moi Universität in Garissa stehen zwei bewaffnete kenianische Soldaten.
    Erst spät waren die Sicherheitskräfte am Tatort eingetroffen. (imago / Xinhua)
    Die Gottesdienste fanden teils unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen statt: An vielen Kirchen sollten bewaffnete Polizisten die Besucher vor Anschlägen schützen, hieß es in kenianischen Medien. Manche Gemeinden hätten auch private Sicherheitsdienste engagiert. Christliche und muslimische Geistliche riefen landesweit zur Einheit und zum Gebet für die Toten auf.
    Auch Präsident Uhuru Kenyatta mahnte die Bevölkerung zusammenzustehen: "Die Auferstehung Christi beweist, dass die Macht von Hass und Gewalt sich nie durchsetzen wird", sagte er in einer aus seinem Amtssitz übertragenen Rede. Gleichzeitig drohte er den Attentätern und Hintermännern mit schweren Konsequenzen: "Unsere Vorfahren sind für diese Nation gestorben", sagte er. "Wir werden alles tun, um unsere Art zu leben zu verteidigen."
    Sohn eines Regierungsbeamten unter den Attentätern
    Fünf Verdächtige wurden den Behörden zufolge festgenommen. An dem Anschlag war auch der Sohn eines kenianischen Regierungsbeamten beteiligt: der Anwalt Abdiram Abdullahi, dessen Vater Landrat im Landkreis Mandera im äußersten Nordosten Kenias ist. Regierungssprecher Mwenda Njoka bestätigte dies.
    Die Attentäter hatten es offenbar gezielt auf christliche Studenten abgesehen: Die Angreifer hatten zunächst 22 Mitglieder einer christlichen Studentenvereinigung erschossen, berichtete eine Augenzeugin der Tageszeitung "Daily Nation". Zudem hätten Studenten die Schahada aufsagen müssen, das islamische Glaubensbekenntnis. Wer das nicht konnte, sei erschossen worden, Muslime wurden freigelassen.
    Erst nach 15 Stunden erklärte das Innenministerium den Anschlag samt Geiselnahme für beendet - nachdem sich vier Angreifer selbst in die Luft gesprengt hatten. Nun regt sich scharfe Kritik an der langsamen Reaktion der Sicherheitskräfte. Zeitungen berichteten, die Spezialkräfte der Polizei hätten sieben Stunden gebraucht, um aus der Hauptstadt Nairobi nach Garissa im Norden des Landes zu gelangen. Einem Bericht der "Daily Nation" zufolge waren die Einsatzkräfte zwar um 5.30 Uhr über den Angriff informiert worden - trafen aber erst kurz vor 14 Uhr am Tatort ein. Ein erstes Flugzeug habe zunächst den Innenminister und den Polizeichef nach Garissa gebracht - sodass einige Journalisten per Auto schneller in die 365 Kilometer entfernte Stadt gelangt waren. "Dies ist Fahrlässigkeit von einem Ausmaß, das ans Kriminelle grenzt", schrieb die Zeitung.
    Kenianisches Militär vor der Universität von Garissa. 
    Kenianisches Militär vor der Universität von Garissa.  (picture alliance / dpa / Dai Kurokawa)
    Erinnerungen an früheren Angriff
    Innenminister Joseph Nkaissery verteidigte sich mit den Worten, der Angriff sei "einer dieser Vorfälle, die jedes Land überraschen können". Außenminister Amina Mohamed verglich den Kampf gegen den Terror mit der Tätigkeit eines Torwarts: Niemand erinnere sich an die Bälle, die gehalten wurden, sondern nur an den einen Treffer. Die "Daily Nation" erinnerte an den Al-Shabaab-Angriff auf ein Einkaufszentrum in Nairobi, bei dem im September 2013 76 Menschen getötet wurden - und bei dem den Sicherheitsbehörden ebenfalls schwerwiegende Fehler unterlaufen waren.
    Mit ihren Attentaten will die islamische Miliz Kenia zum Abzug aus Somalia zwingen, wo dessen Truppen am internationalen Einsatz gegen Al-Shabaab beteiligt sind.
    (swe/nza)