Wenn das Chaos einen Namen hat, dann muss es Somalia heißen. Staatszerfall, Terrorherrschaft von Warlords und Clan-Milizen, radikale Islamisten, eine machtlose Übergangsregierung. Kein Tag vergeht ohne Schießereien oder Bombenanschläge. Und das seit fast 18 Jahren, seit dem Sturz des letzten Staatschefs Siad Barre. Im Zentrum von Gewalt und Tod steht Mogadischu. Das Bagdad Afrikas sagt Mohammed Hurre, der Initiator einer somalischen Friedensinitiative.
"Mogadischu ist ein Dschungel, in dem jeder macht, was er will. Die Regierung hat keine Kontrolle. Die Aufständischen operieren aus dem Untergrund. Alle haben Waffen, und die Gewalt eskaliert."
Opfer von Dauerkrieg und Gewalt ist die Zivilbevölkerung. Amnesty International wirft in einem Bericht vor allem der Übergangsregierung und ihren äthiopischen Verbündeten massive Menschenrechtsverletzungen vor.
"Die somalische Bevölkerung ist Opfer von Mord, Vergewaltigung und Folter", beklagt Michelle Kagari, die stellvertretende Afrika-Direktorin von Amnesty. Systematische Plünderungen und die Zerstörung ganzer Wohngebiete sind an der Tagesordnung. Besonders brutal gehen die äthiopischen Besatzungstruppen vor. Sie schneiden Bewohnern der Hauptstadt bei Razzien sogar die Hälse auf.
Ein Schlaraffenland ist Somalia dagegen für diejenigen, die mit kriminellen Mitteln das große Geld machen. Denn in einem Land ohne staatliche Strukturen gibt es keine Gesetze, keine Polizei und auch keine Küstenwache. Weil es auch keine Jobs in Somalia gibt, wundert es nicht, dass das Geschäft mit der Piraterie seit Jahren boomt.
"Die somalische Küste ist derzeit die gefährlichste Wasserstraße der Welt, sagt Pottengal Mukundan, der Chef des "Internationalen Schifffahrts-Büros". Die Piraten können machen was sie wollen, und sie kommen ungeschoren davon."
Allein in diesem Jahr wurden vor der ostafrikanischen Küste und im Golf von Aden rund 100 Schiffe angegriffen, 35 davon gekapert und verschleppt. Seit September befindet sich ein ukrainischer Frachter mit knapp drei Dutzend russischen Panzern, Waffen und Munition in der Gewalt der Piraten. Der spektakulärste Fall ist jedoch die Entführung der "Sirius Star", einem 330 Meter langen Supertanker mit Rohöl im Wert von rund 100 Millionen US-Dollar an Bord. Ob Frachter, Tanker, Hochseefischer oder Kreuzfahrtschiffe, die Motive der Piraten sind immer dieselben. Es geht um Lösegeld.
"Wir sind eine somalische Gruppe. Alles ist in Ordnung, es gibt keine Probleme. Uns geht es nur um Geld, funkte einer der Seeräuber, nachdem sie einen spanischen Thunfischfänger gekapert hatten."
Andrew Mwangura, Vorsitzender des Seefahrer-Hilfsprogramms in Ostafrika geht davon aus, dass somalische Clan-Milizen mit Einfluss bis in die Regierung an den Entführungen beteiligt sind.
"Die Hintermänner der Piraten sind ganz große Haie. Sie operieren von Europa, Amerika oder von der arabischen Halbinsel aus. Sie haben Netzwerke mit internationalen Kontakten, und es sind sehr reiche Leute."
Meistens benutzen die Piraten wendige Schnellboote und greifen die Schiffe mit Maschinengewehren und Panzerfäusten an. Lösegeldverhandlungen werden telefonisch geführt; Geldkoffer wechseln oft in Hotels europäischer Hauptstädte die Besitzer. Rund 120 Millionen Dollar Beute haben die Syndikate nach Einschätzung eines UN-Experten in diesem Jahr erpresst.
In Piratennestern wie der Hafenstadt Eyl im Norden Somalias werden Luxusvillen gebaut, davor stehen teure Geländewagen. Dagegen werden die Handlanger, die mit ihren Booten auf das Meer fahren, mit ein paar Dollar abgespeist. Manche der jungen Männer mit ihren Kalaschnikows betrachten das Banditentum sogar als eine Art ausgleichender Gerechtigkeit.
"Wir sind Piraten geworden, weil der Fischfang nichts mehr einbringt. Die großen Schiffe vertreiben den Fisch. Deshalb verlangen wir jetzt Lösegeld als eine Art Steuer; aber wir tun niemandem etwas zuleide."
Zunehmend demonstriert die internationale Gemeinschaft Stärke. Schon jetzt schützt ein NATO-Verband Frachter des Welternährungsprogramms, die Operation "Enduring Freedom" zur internationalen Terrorabwehr leistet Nothilfe, russische und US-Kriegsschiffe haben Überfälle abgewehrt - und auch die deutsche Fregatte "Karlsruhe". Das Mandat erklärt deren Kommandant Hans-Joachim Kuhfahl.
"Warnschüsse sind nur ein Beispiel für eventuelle Gegenmaßnahmen. Der gezielte Schuss, wenn die Piraten wirklich dauerhaft das Feuer auf die Handelsschiffe eröffnen, kann ich im Rahmen der Gegenwehr auch einen gezielten Schuss gegen dieses Piratenboot vornehmen."
Auch wenn jetzt eine EU-Mission den Kampf verstärkt, glaubt Andrew Mwangura vom Seefahrer-Hilfsprogramm nicht, dass Kriegsschiffe gegen die Seeräuber dauerhaft Erfolg haben werden.
"Die Piraterie wird nicht aufhören, solange vor den Küsten illegal gefischt wird und an Land das Chaos herrscht, solange Drogen- und Menschenhandel blühen. Denn die Piraterie ist mit der gesamten organisierten Kriminalität in Somalia vernetzt."
Angesichts der spektakulären Überfälle auf hoher See ist in den letzten Monaten das Elend an Land fast in Vergessenheit geraten. Immer wieder wurden in diesem Jahr Entwicklungshelfer, Diplomaten, Journalisten oder Ordensschwestern Opfer von Entführungen und Anschlägen. Nachdem drei Mitarbeiter von "Ärzte ohne Grenzen" von einer Bombe zerfetzt wurden, hat die Hilfsorganisation ihre Arbeit in Somalia eingestellt.
"Niemand mehr kann hier seine Aufgabe erfüllen, klagt Christoph Fournier, der Präsident von Ärzte ohne Grenzen. Wir erwarten keinen besonderen Schutz. Aber die Kriegsparteien müssen unsere neutrale Position und den humanitären Einsatz respektieren."
Drei Millionen Somalier hungern, 6000 Menschen sind in diesem Jahr um Leben gekommen. Die Profiteure von Chaos und Gewalt schwelgen derweil in Luxus.
"Mogadischu ist ein Dschungel, in dem jeder macht, was er will. Die Regierung hat keine Kontrolle. Die Aufständischen operieren aus dem Untergrund. Alle haben Waffen, und die Gewalt eskaliert."
Opfer von Dauerkrieg und Gewalt ist die Zivilbevölkerung. Amnesty International wirft in einem Bericht vor allem der Übergangsregierung und ihren äthiopischen Verbündeten massive Menschenrechtsverletzungen vor.
"Die somalische Bevölkerung ist Opfer von Mord, Vergewaltigung und Folter", beklagt Michelle Kagari, die stellvertretende Afrika-Direktorin von Amnesty. Systematische Plünderungen und die Zerstörung ganzer Wohngebiete sind an der Tagesordnung. Besonders brutal gehen die äthiopischen Besatzungstruppen vor. Sie schneiden Bewohnern der Hauptstadt bei Razzien sogar die Hälse auf.
Ein Schlaraffenland ist Somalia dagegen für diejenigen, die mit kriminellen Mitteln das große Geld machen. Denn in einem Land ohne staatliche Strukturen gibt es keine Gesetze, keine Polizei und auch keine Küstenwache. Weil es auch keine Jobs in Somalia gibt, wundert es nicht, dass das Geschäft mit der Piraterie seit Jahren boomt.
"Die somalische Küste ist derzeit die gefährlichste Wasserstraße der Welt, sagt Pottengal Mukundan, der Chef des "Internationalen Schifffahrts-Büros". Die Piraten können machen was sie wollen, und sie kommen ungeschoren davon."
Allein in diesem Jahr wurden vor der ostafrikanischen Küste und im Golf von Aden rund 100 Schiffe angegriffen, 35 davon gekapert und verschleppt. Seit September befindet sich ein ukrainischer Frachter mit knapp drei Dutzend russischen Panzern, Waffen und Munition in der Gewalt der Piraten. Der spektakulärste Fall ist jedoch die Entführung der "Sirius Star", einem 330 Meter langen Supertanker mit Rohöl im Wert von rund 100 Millionen US-Dollar an Bord. Ob Frachter, Tanker, Hochseefischer oder Kreuzfahrtschiffe, die Motive der Piraten sind immer dieselben. Es geht um Lösegeld.
"Wir sind eine somalische Gruppe. Alles ist in Ordnung, es gibt keine Probleme. Uns geht es nur um Geld, funkte einer der Seeräuber, nachdem sie einen spanischen Thunfischfänger gekapert hatten."
Andrew Mwangura, Vorsitzender des Seefahrer-Hilfsprogramms in Ostafrika geht davon aus, dass somalische Clan-Milizen mit Einfluss bis in die Regierung an den Entführungen beteiligt sind.
"Die Hintermänner der Piraten sind ganz große Haie. Sie operieren von Europa, Amerika oder von der arabischen Halbinsel aus. Sie haben Netzwerke mit internationalen Kontakten, und es sind sehr reiche Leute."
Meistens benutzen die Piraten wendige Schnellboote und greifen die Schiffe mit Maschinengewehren und Panzerfäusten an. Lösegeldverhandlungen werden telefonisch geführt; Geldkoffer wechseln oft in Hotels europäischer Hauptstädte die Besitzer. Rund 120 Millionen Dollar Beute haben die Syndikate nach Einschätzung eines UN-Experten in diesem Jahr erpresst.
In Piratennestern wie der Hafenstadt Eyl im Norden Somalias werden Luxusvillen gebaut, davor stehen teure Geländewagen. Dagegen werden die Handlanger, die mit ihren Booten auf das Meer fahren, mit ein paar Dollar abgespeist. Manche der jungen Männer mit ihren Kalaschnikows betrachten das Banditentum sogar als eine Art ausgleichender Gerechtigkeit.
"Wir sind Piraten geworden, weil der Fischfang nichts mehr einbringt. Die großen Schiffe vertreiben den Fisch. Deshalb verlangen wir jetzt Lösegeld als eine Art Steuer; aber wir tun niemandem etwas zuleide."
Zunehmend demonstriert die internationale Gemeinschaft Stärke. Schon jetzt schützt ein NATO-Verband Frachter des Welternährungsprogramms, die Operation "Enduring Freedom" zur internationalen Terrorabwehr leistet Nothilfe, russische und US-Kriegsschiffe haben Überfälle abgewehrt - und auch die deutsche Fregatte "Karlsruhe". Das Mandat erklärt deren Kommandant Hans-Joachim Kuhfahl.
"Warnschüsse sind nur ein Beispiel für eventuelle Gegenmaßnahmen. Der gezielte Schuss, wenn die Piraten wirklich dauerhaft das Feuer auf die Handelsschiffe eröffnen, kann ich im Rahmen der Gegenwehr auch einen gezielten Schuss gegen dieses Piratenboot vornehmen."
Auch wenn jetzt eine EU-Mission den Kampf verstärkt, glaubt Andrew Mwangura vom Seefahrer-Hilfsprogramm nicht, dass Kriegsschiffe gegen die Seeräuber dauerhaft Erfolg haben werden.
"Die Piraterie wird nicht aufhören, solange vor den Küsten illegal gefischt wird und an Land das Chaos herrscht, solange Drogen- und Menschenhandel blühen. Denn die Piraterie ist mit der gesamten organisierten Kriminalität in Somalia vernetzt."
Angesichts der spektakulären Überfälle auf hoher See ist in den letzten Monaten das Elend an Land fast in Vergessenheit geraten. Immer wieder wurden in diesem Jahr Entwicklungshelfer, Diplomaten, Journalisten oder Ordensschwestern Opfer von Entführungen und Anschlägen. Nachdem drei Mitarbeiter von "Ärzte ohne Grenzen" von einer Bombe zerfetzt wurden, hat die Hilfsorganisation ihre Arbeit in Somalia eingestellt.
"Niemand mehr kann hier seine Aufgabe erfüllen, klagt Christoph Fournier, der Präsident von Ärzte ohne Grenzen. Wir erwarten keinen besonderen Schutz. Aber die Kriegsparteien müssen unsere neutrale Position und den humanitären Einsatz respektieren."
Drei Millionen Somalier hungern, 6000 Menschen sind in diesem Jahr um Leben gekommen. Die Profiteure von Chaos und Gewalt schwelgen derweil in Luxus.