Früher hat Hilary Lloyd sich für Menschen interessiert. Im Katalog finden sich zahlreiche Bilder aus jenen Videos, in denen ein sexuell konnotierter Blick über muskulöse Männerkörper schweift, welche sich provozierend langsam ein T-Shirt aus- und wieder anziehen, die tänzeln, posieren oder ihre Autos waschen. Drehen wir die Perspektive doch einfach mal um, machen wir zur Abwechslung mal den Mann zum Objekt der Fleischbeschau. Wenn Männer mit Muckis ihre Autos abspritzen, den schwarz glänzenden Lack der Kotflügel einschäumen, dann hat das ja was, zweifellos. Andererseits bilden männliche Wesen bei Hilary Lloyd auch lustige Muster und verrenkte, pyramidale gymnastische Konstruktionen – zum Beispiel jene Bauarbeiter, die sich am Arbeitsplatz zu seltsamen Hebefiguren verleiten lassen.
Das alles ist nun vorbei, jetzt zählt nur noch die strenge Oberfläche der Dinge an sich, sei es der Mond oder der Fußboden im Atelier. Aber der Philosophiewechsel ist nur ein scheinbarer: Die jetzt auch schon 48-jährige Lloyd hat sich immer für die große Stadt interessiert, ihre Bewohner und deren Gelüste, für die Gebäude, deren Körper das urbane Leben mindestens ebenso strukturieren wie die Körper der Menschen, für die Rituale der Annäherung und Abstoßung, die dort stattfinden. Die Stadt ist in der Basler Ausstellung dezent über den Soundtrack präsent: Wir hören Verkehrslärm und Metropolengeräusche in Echtzeit – das, was passierte, während Hilary Lloyd filmte. Und die Oberflächen der Stadt werden in vielen Varianten ins Bild geschoben, gestoßen, geschossen: auf den Monitoren sehen wir meist fragmentierte Objekte, Hochhäuser, die aufscheinen, ineinander lappen und verschwinden, Holzmaserungen und Schatten, die niederfallen wie eine Guillotine und Rhythmen bilden, Industriebauten, die zerlegt werden, die vorbeiwischen oder ruckartig ins Bild katapultiert werden. Und es gibt den Mond über der Stadt, der in 21-facher Ausfertigung über den Monitor wackelt.
Noch entscheidender ist die Ausstellungskonstruktion, die Gestaltung im Museumsgebäude selber, etwas, das Lloyd mit der Platzierung ihrer Monitore erreicht: die sind jeweils an zwei Stahlträgern befestigt, die den Raum wie Mondriansche Koordinaten schneiden, zum Teil über eine Höhe von zwei Stockwerken. Das heißt, man kann manche Videos in Knietiefe, andere von weit unten in Balkonhöhe erleben – und das Ganze noch mal von oben im Überblick ordnen. Als Gesamtkomposition ergibt sich so eine Inszenierung, die die schönen weiten Räume des Basler "Museums für Gegenwartskunst" in ihrer Leere belässt, die aber die Fenster und Ausblicke wie Spiegel, wie Verdoppelungen der Monitore nutzt – und das Reflektieren ist ja das Hauptziel dieser Kunstwerke: die Videos und Installationen reflektieren die Dinge, der Besucher im besten Fall über sich selbst. Schwarze Kabel sind offen verlegt und bilden Linien, die im Raum hängenden Projektoren wirken wie Skulpturen.
Trotz der über alle Arbeiten durchgehaltenen strengen Formalismen sind die Werke unterschiedlich überzeugend. Die Zeitschriftenfotos, die Lloyd wie Richard Prince im Sinne der Appropriation abfilmt und mit denen sie männliche Posen decouvriert, Baselitzartig auf den Kopf stellt, den männlichen Schritt von Cowboys und Unterwäschemodels voyeuristisch freigibt – all das scheint doch sehr bekannt und abgenudelt. Bei der fotografisch ineinandergeschobenen Architektur dagegen, Stahlträgern, Gittern, Straßenzügen, kommen sowohl die Konstruktivismen der Filme als auch die Bedrohlichkeit der Stadt viel klarer zum Ausdruck. Richtig interessant wird es allerdings erst, wenn Lloyd die Kamera nur über Betonböden schweifen lässt und die Filme eine malerische Materialität bekommen, eine Griffigkeit wie manche Gerhard-Richter-Bilder: der Schatten des Körpers der Künstlerin, von oben aus einer abrupten Drehung heraus gefilmt, fällt auf schmutzige, ölbefleckte Industrieböden. Oder: Lloyd untersucht die Planken ihres neuen Studios im Londoner East End auf Ölrückstände eines früheren Bewohners, eines Malers. Das ist viel sinnlicher als alle Unterwäschebilder. Die schönste all dieser Wahrnehmungsübungen aber heißt "Thighs" ("Schenkel"): zwei Beine im Gegenlicht, die sich langsam, wie zwei Membrane aufeinanderzubewegen. Lange weiß man nicht, was das überhaupt ist. Aber die Irritation ist nicht die schlechteste Kunsterfahrung.
Das alles ist nun vorbei, jetzt zählt nur noch die strenge Oberfläche der Dinge an sich, sei es der Mond oder der Fußboden im Atelier. Aber der Philosophiewechsel ist nur ein scheinbarer: Die jetzt auch schon 48-jährige Lloyd hat sich immer für die große Stadt interessiert, ihre Bewohner und deren Gelüste, für die Gebäude, deren Körper das urbane Leben mindestens ebenso strukturieren wie die Körper der Menschen, für die Rituale der Annäherung und Abstoßung, die dort stattfinden. Die Stadt ist in der Basler Ausstellung dezent über den Soundtrack präsent: Wir hören Verkehrslärm und Metropolengeräusche in Echtzeit – das, was passierte, während Hilary Lloyd filmte. Und die Oberflächen der Stadt werden in vielen Varianten ins Bild geschoben, gestoßen, geschossen: auf den Monitoren sehen wir meist fragmentierte Objekte, Hochhäuser, die aufscheinen, ineinander lappen und verschwinden, Holzmaserungen und Schatten, die niederfallen wie eine Guillotine und Rhythmen bilden, Industriebauten, die zerlegt werden, die vorbeiwischen oder ruckartig ins Bild katapultiert werden. Und es gibt den Mond über der Stadt, der in 21-facher Ausfertigung über den Monitor wackelt.
Noch entscheidender ist die Ausstellungskonstruktion, die Gestaltung im Museumsgebäude selber, etwas, das Lloyd mit der Platzierung ihrer Monitore erreicht: die sind jeweils an zwei Stahlträgern befestigt, die den Raum wie Mondriansche Koordinaten schneiden, zum Teil über eine Höhe von zwei Stockwerken. Das heißt, man kann manche Videos in Knietiefe, andere von weit unten in Balkonhöhe erleben – und das Ganze noch mal von oben im Überblick ordnen. Als Gesamtkomposition ergibt sich so eine Inszenierung, die die schönen weiten Räume des Basler "Museums für Gegenwartskunst" in ihrer Leere belässt, die aber die Fenster und Ausblicke wie Spiegel, wie Verdoppelungen der Monitore nutzt – und das Reflektieren ist ja das Hauptziel dieser Kunstwerke: die Videos und Installationen reflektieren die Dinge, der Besucher im besten Fall über sich selbst. Schwarze Kabel sind offen verlegt und bilden Linien, die im Raum hängenden Projektoren wirken wie Skulpturen.
Trotz der über alle Arbeiten durchgehaltenen strengen Formalismen sind die Werke unterschiedlich überzeugend. Die Zeitschriftenfotos, die Lloyd wie Richard Prince im Sinne der Appropriation abfilmt und mit denen sie männliche Posen decouvriert, Baselitzartig auf den Kopf stellt, den männlichen Schritt von Cowboys und Unterwäschemodels voyeuristisch freigibt – all das scheint doch sehr bekannt und abgenudelt. Bei der fotografisch ineinandergeschobenen Architektur dagegen, Stahlträgern, Gittern, Straßenzügen, kommen sowohl die Konstruktivismen der Filme als auch die Bedrohlichkeit der Stadt viel klarer zum Ausdruck. Richtig interessant wird es allerdings erst, wenn Lloyd die Kamera nur über Betonböden schweifen lässt und die Filme eine malerische Materialität bekommen, eine Griffigkeit wie manche Gerhard-Richter-Bilder: der Schatten des Körpers der Künstlerin, von oben aus einer abrupten Drehung heraus gefilmt, fällt auf schmutzige, ölbefleckte Industrieböden. Oder: Lloyd untersucht die Planken ihres neuen Studios im Londoner East End auf Ölrückstände eines früheren Bewohners, eines Malers. Das ist viel sinnlicher als alle Unterwäschebilder. Die schönste all dieser Wahrnehmungsübungen aber heißt "Thighs" ("Schenkel"): zwei Beine im Gegenlicht, die sich langsam, wie zwei Membrane aufeinanderzubewegen. Lange weiß man nicht, was das überhaupt ist. Aber die Irritation ist nicht die schlechteste Kunsterfahrung.