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Staeck warnt vor allzu großen Erwartungen

Klaus Staeck ist neuer Präsident der Akademie der Künste in Berlin. Er wolle mehr mit den anderen Mitgliedern und Institutionen zusammenarbeiten, um wichtige Themen zu bestimmen. Als dringlich erschienen ihm die kulturelle Abhängigkeit der Institutionen, besonders durch das Sponsoring, aber auch Themen wie das Urheberrecht oder die Standorte der Goethe-Institute seien dazu geeignet, die Außenwirkung der Akademie wieder zu stärken, betonte Staeck.

Moderation: Beatrix Novy |
    Beatrix Novy: IIst das zufassen? Die Akademie der Künste in Berlin hat einen neuen Präsidenten. Er heißt Klaus Staeck. Vorgestern wählte die Mitgliederversammlung ihn, der eigentlich gar nicht antreten wollte, denn er wollte diese Aufgabe eigentlich nicht übernehmen. Nun hat er sie und sie ist nicht einfach. Seit Adolf Muschg am 15. Dezember den Job hinwarf, geht die Akademie als quasi einziger Problemfall durch die Presse. Sie erscheint grob gesagt, als Einrichtung gemeinschaftsunfähiger Individuen, mit zu viel Apparat, zu wenig Außenwirkung, dazu noch geschlagen mit einem Neubau am Pariser Platz, den keiner mag.

    Ich habe Klaus Staeck gefragt, das sind ja schon gleich zwei Baustellen für Sie. Welche wollen Sie denn zuerst angehen?

    Klaus Staeck: Na, was sagt ein neugewählter Präsident? Er will natürlich beide angehen.

    Novy: Auf einmal?

    Staeck: Ja, ich glaube, es geht auch nur zusammen und das sind, wie sagt man heute, zwei Spielstätten, wenn man es von der Außenwelt her betrachtet. Wir haben hier noch ein aktives Innenleben. Aber von außen sind es zwei Orte, an denen verschiedene Dinge gehen. In der Öffentlichkeit wird ja schnell der Stab über etwas gebrochen, wenn das nicht gleich funktioniert, von Anfang an. Vor einiger Zeit wurde behauptet, es sei noch ein Rohbau, so weit würde ich nicht gehen.

    Novy: Also Sie sind gar nicht so unzufrieden?

    Staeck: Nein, ich bin überhaupt nicht unzufrieden. Sonst hätte ich das ja gar nicht gemacht. Ich bin ja kein Selbstmörder. Ich bin auch kein Masochist. Diese Dinge kann man heute anders befriedigen.

    Novy: Sie hatten ausführlich begründet, warum Sie eigentlich gar nicht antreten wollten für diese Kandidatur. Was waren das für Gründe?

    Staeck: Weil ich zahlreiche Verpflichtungen habe und nicht der Allerjüngste bin und ich zu den Menschen gehöre, die Verpflichtungen ernst nehmen, die sie mal eingegangen sind. Ich cancel auch nicht einen Termin mal mit dem nächsten, weil der eventuell attraktiver sein könnte. Und da ist mein Rucksack, den ich an Verpflichtungen rumschleppe, so schwer, dass ich bis zur letzten Minute gesagt habe, Leute versucht, jemanden anders zu finden, der nicht so ausgelastet ist.

    Novy: Das war offenbar ja nicht möglich und nun sind Sie es geworden.

    Staeck: Das war dann so, dass der Druck zum Schluss dann so groß wurde, weil die anderen Kandidaten offenbar nicht die Zustimmung der erschienen Mitglieder gefunden haben und dann blieb mir eigentlich als alter Protestant, der immer so ein Verantwortungsethikkorsett umgeschnallt hat, nichts anderes mehr übrig als zu sagen, na gut jetzt mache ich es. Nun habe ich ja gesagt. Ich kenne die Problematik, ich kenne die Schwierigkeiten aller, aber sie sind nicht so wie sie oft von außen dargestellt werden.

    Novy: Wenn wir jetzt aber auf das Inhaltliche gehen, was passieren kann. Der Akademie wird ja immer zu ihre geringe, ja Strahlkraft nennt man das heute, vorgeworfen. Keine richtige Außenwirkung und wenn sich die Akademie demnächst, was ich denke, was Sie bestimmt wollen, aktiv in irgendein gesellschaftliches Geschehen einmischen sollte, was könnte das sein? Welche inhaltlichen Aufgaben stehen ganz vorne an?

    Staeck: Also ich bin jetzt zwei Tage im Amt, wie das so schön heißt und wir haben uns auch versprochen, dass wir mehr kollektiv, gemeinsam, Vizepräsidentin und Senat, dass wir uns gemeinsam sehr schnell zusammen setzten werden - das wird in der nächsten Woche sein - und wir wollen das gemeinsam besprechen. Ich versuche, mit dieser Antwort, dieses so genannte Präsidentenamt ein bisschen niedriger zu hängen. Also diese große Lichtgestalt, Heils-, Erwartungsgestalt, die in den Medien in letzter Zeit immer gesucht wurde, aber gleichzeitig gesagt wurde, so jemanden gibt es nicht, die will ich nicht sein. Wir werden sehr schnell versuchen so etwas wie nicht Generalthema, sondern Themen zu finden, wo wir glauben, diese Themen können nur von einer Akademie ...

    Novy: Zum Beispiel?

    Staeck: Sachen wie zum Beispiel, was mich sehr beschäftigt: Kulturelle Abhängigkeit inzwischen der Institutionen. Das Zauberwort Sponsoring, wir haben sogar auch einen Förderkreis, das nimmt in einer Weise überhand, dass der Kampf um die öffentlichen Räume immer härter werden wird. Sie haben kaum noch Institutionen, die traditionell vom Staat ausgestatten wurden, damit noch auskommen, sondern alle müssen irgendwie Gelder einwerben und das hat oft, nicht immer, aber oft auch mit einer Beschädigung dessen zu tun, was man eigentlich vorhat, ob man das eingesteht oder nicht. Es gibt zentrale Fragen des Urheberrechts, die uns alle betreffen. Wir werden uns auch mit dem Thema Medien beschäftigen. Wenn demnächst vielleicht nur noch die Kabelbetreiber eigentlich die Inhalte bestimmen. Zum Beispiel wird man auch sagen, hoffentlich wollen sie auch unseren Rat hören. Das Thema Goethe-Institute: Sollen die wirklich von Europa weg, nach Asien und in den Rest der Welt verlagert werden? Also Themen gibt es eigentlich wie Hülle und Fülle.

    Novy: Wie aber wollen Sie es anfangen Herr Staeck, dass das nicht nur als Meinungsäußerungen, die ja auch von einzelnen Mitgliedern kommen könnten, sondern, dass das wirklich eine Einmischung in gesellschaftliche Debatten wird?

    Staeck: Um das klar zu sagen, wie ich das auch sehe, entweder gelingt es uns, so etwas wie eine positive Autorität zurück zu gewinnen, so dass die Leute sagen, was sagt die Akademie dazu. Wobei sie große Schwierigkeit hat, mit den 370 Stimmen, zu einer einheitlichen Meinung zu kommen. Das ist dann auch eine Vertrauenssache in das Präsidium. Man kann nicht jeden fragen. Es gibt auch ganz unterschiedliche Meinungen zu Dingen, wo man denkt, da seien wir einer Meinung. Wir müssen uns bemühen, was anderes bleibt uns doch gar nicht übrig. Und wenn man mal so niedergeschrieben und so niedergesendet worden ist wie wir, ist man fast in einer wunderbaren Lage, dass man fast bei Null starten kann.