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Städte in der Luft

Wir kratzen an den Wolken, wollen Himmel und Erde verbinden. Seit Menschengedenken bauen Menschen hohe Häuser. Und seit Menschengedenken streiten sie darüber, ob das richtig ist. Ob London, New York oder Dubai - viele Städte scheinen erneut infiziert vom Hochhausfieber. Hochhäuser faszinieren, provozieren und inspirieren.

Von Susanne Burg und Andreas Main |
    Das Hochhaus ist ein Ort, der Angst macht und Phantasien frei setzt, und eine Metapher, die den Wunsch des Menschen nach Herrschaft verkörpert. Die Lange Nacht des Hochhauses träumt den Traum vom Turm. Sie wirft einen Blick ins Innere der Türme, begleitet einen Fahrstuhlmonteur und lässt sich den Wind um die Nase wehen. In dieser Langen Nacht kommen Feuerwehrleute und Architekten ebenso zu Wort wie ein Fensterputzer und eine Dombaumeisterin. Ein Aufstieg in luftige Höhen und ein Abstieg zu den Fundamenten.

    "New York ist ein Mikrokosmos der Welt. Es ist die Seele der Welt. Deswegen wurde sie auch am 11. September 2001 angegriffen. Es ging nicht um die beiden Wolkenkratzer. Es ging darum, dass New York symbolisch die Hauptstadt der demokratischen Welt war."
    Der Architekt Daniel Libeskind

    "Ich muss gestehen, ich bin immer froh, wenn ich aus dem Hochhaus wieder raus komme. Ich brauche unbedingt frische Luft. Ich brauche offene Fenster. Ich würde Platzangst oder Beengungsgefühle bekommen, wenn ich immer in so einem geschlossenen Raum wäre. Ich finde unser Lotto-Studio über den Frankfurter Bankentürmen als Arbeitsplatz für einige Stunden hervorragend, aber Wohnen - niemals.#
    Die Lotto-Fee Franziska Reichenbacher.

    "Mir kommen die etwas retro-gradigen Attacken auf Hochhaus-Architekten eher angstgetrieben vor. Den Leuten fehlt die Zuversicht. Zuversicht und Optimismus sind Tugenden von Architekten, auch von guten Bauherrn."
    Der Düsseldorfer Architekt Christoph Ingenhoven.
    Ingenhoven Architekten und Gemacht für die Zukunft

    Der RWE-Turm - die Zentrale des RWE Konzerns - gerne auch "Power Tower" genannt, blickt inzwischen auf ein fünfjähriges Bestehen zurück. Errichtet nach dem Entwurf des Düsseldorfer Architekten Christoph Ingenhoven und fertig gestellt im Dezember 1996 ist das repräsentative und nach ökologischen Prinzipien konstruierte Hochhaus in kurzer Zeit zu einem sympathischen Wahrzeichen für Essen und die gesamte Ruhrmetropole geworden.
    RWE-Turm "Power Tower"

    "Es gibt fantastische Hochhäuser. Und es gibt auch Stellen, wo sie Sinn machen. Nur was man an sich ein bisschen abgewöhnen sollte: Das Hochhaus ist nicht die einzige Möglichkeit, eine Bank oder einen Konzern nach außen hin zu repräsentieren. Ich glaube, die Zeiten sind vorbei. Und es gibt heute Maßstäbe der Qualität und der Urbanität, mit der man sich besser darstellen kann als mit 150 oder 400 Meter Glas am Stück."
    Die Kölner Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner.

    "Das Hochhaus ist eine Gebäude-Kategorie, die aus funktionalen Gründen gewählt wird. Das wird oft verkannt. Hochhäuser werden nicht gebaut, weil sie schön oder hässlich sind. Hochhäuser werden nicht gebaut, weil sie besonders preisgünstig sind. Sondern Hochhäuser werden gebaut, weil man auf begrenzter Fläche Funktionen unterbringen muss. Hochhäuser werden gebaut, weil man Menschen zueinander bringen muss in einer ganz bestimmten funktionalen Beziehung. Das ist der Grund für die Wahl des Hochhauses. Und ideologische Momente wie architekturästhetische Betrachtungen oder Herrschaftsbetrachtungen oder Machtdemonstration, die treten erst danach hinzu. Das ist nicht der Kern, warum man ein Hochhaus baut."
    Michael Kummer, Leiter der Bauaufsicht in Frankfurt am Main.

    "Seit 1986 bin ich öfter in New York gewesen. Ich finde die Stadt faszinierend mit ihrer Massierung von Hochhäusern. Ich würde aber, wenn ich Stadt zu entwickeln oder zu entwerfen hätte, das nicht so wollen. Da spielen eben doch nationale, kulturelle Traditionen eine Rolle. Ich habe noch keine Stadt gefunden, wo ich in dieser Hochhauswelt selbst leben möchte.
    Der Ost-Berliner Architekturhistoriker Bruno Flierl.

    Bruno Flier
    Gebaute DDR
    Über Stadtplaner, Architekten und die Macht.
    Kritische Reflexionen 1990-1997. Architektur und Stadt
    1998 Verlag Bauwesen

    Berlin - Moskau / Moskau - Berlin 1950-2000
    Die Chronik
    Katalog zur Ausstellung im Martin-Gropius-Bau, Berlin, 2003/4 und in der Staatlichen Tretjakow-GalerieMoskau, 2004. Hrsg. v. Pawel Choroschilow, Jürgen Harten, Joachim Sartorius u. a.
    2003 Nicolai'sche Verlagsbuchhandlung
    Diese aufwendig recherchierte Chronik verzeichnet die politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Höhepunkte, die für die beiden deutschen Staaten, das vereinigte Deutschland und die Sowjetunion bzw. die Russische Föderation in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von Bedeutung waren - die Ereignisse eines spannenden und spannungsreichen Jahrhunderts. Der übersichtlichen Chronologie von 1949 bis in das Jahr 2002 sind erläuternde Texte von Autoren wie Michail Gorbatschow und Egon Bahr, Bazon Brock und Boris Groys, Bruno Flierl und Oksana Bulgakowa, Ekaterina Degot und Fritz Mierau, Durs Grünbein und Christoph Tannert, Maria Sorkaja und Maja Turowskaja zur Seite gestellt. Diese Essays sondieren das Terrain, auf dem die Kunst gedeiht, und stellen außerdem Entwicklungen der Architektur, der Denkmal- und Erinnerunskultur, des Films, des Theaters, der Musik und der Literatur dar. Dabei wird der aktuellen Diskussion sowie der historischen Rezeption Raum gegeben. Schließlich werden die entscheidenden Ereignisse mit beeindruckenden Schwarz-Weiß-Fotografien auch visuell dokumentiert.

    Im deutschsprachigen Raum bezeichnet der Begriff Hochhaus ursprünglich alle Gebäude, die eine bestimmte, in der jeweiligen Landesbauordnung festgelegte Gebäudehöhe überschreiten, auch wenn sie nicht die typische Gestalt (und die übergroße Höhe) eines Wolkenkratzers haben. Der Begriff ist deshalb nicht bedeutungsgleich mit dem Begriff Wolkenkratzer. Weiterlesen: Wikipedia: Hochhaus

    Als Wolkenkratzer bezeichnet man hohe, bewohnbare oder als Büro genutzte Gebäude, üblicherweise ab 150 m Höhe: Wikipedia: Wolkenkratzer

    Die offiziell 200 höchsten Wolkenkratzer der Welt

    Liste der Wolkenkratzer in Europa

    die-wolkenkratzer.de: Auf der Web-Seite heißt es: "auf den Seiten finden Sie die höchsten Gebäude und Bauwerke der Welt. Außerdem erzählen wir die Geschichte des Wolkenkratzerbaus und geben einen Ausblick auf die Gebäude in denen morgen und übermorgen gelebt und gearbeitet wird."

    Aus: Historisches Lexikon Bayerns: Aufgrund ihrer Größe besitzen Hochhäuser einen erheblichen Symbolwert. Sie sind einerseits Symbole von Fortschritt und Macht, andererseits aber auch der menschlichen Hybris (Turmbau zu Babel). Ein architekturgeschichtlicher Vorläufer sind die mittelalterlichen "Geschlechtertürme" in italienischen Städten, aber auch in Regenburg, die mit ihren imponierenden Höhen weniger eine militärische Funktion besaßen, sondern der Selbstdarstellung der jeweiligen Patrizierfamilie dienten. In heutigen Debatten gilt der Hochhausbau teils als Symbol rücksichtslosen Kapitalismus', teils als Fortschritt verheißendes Markenzeichen. Weiterlesen: Historisches Lexikon Bayerns: Hochhäuser

    zeit.de: Himmelwärts - In Taiwan steht jetzt das höchste Haus der Welt. Die Fassade kommt aus Gundelfingen

    kikkerbillen.de: der Ringturm Köln als T-Shirt
    Hochhausbewohner tragen die Begeisterung für das Haus, in dem sie wohnen, auch gerne auf der Brust. Diverse Motive - unter anderem auch das Deutschlandfunk-Hochhaus - kann man im Netz bei den Designern von kikkerbillen bestellen.

    Der Traum vom Turm
    Hochhäuser: Mythos - Ingenieurkunst - Baukultur
    hg. vom NRW-Forum Kultur und Wirtschaft Düsseldorf
    Hatje Cantz Verlag 2004 - zur Zeit nicht lieferbar
    Bauwerke, die zum Himmel streben, faszinieren die Menschheit seit jeher. Am Anfang standen Sagen, Mythen und biblische Symbole wie der Turmbau zu Babel. Die Faszination des Großen und Hohen besteht bis heute fort und wird weltweit in leidenschaftlichen Diskussionen über Hochhäuser und Stadt-Silhouetten konkret. (...) Die Ausstellung, die wir Ihnen mit diesem Katalog präsentieren möchten, wird die Ambivalenz des Themas Hochhaus nicht auflösen. Sie kann nur Informationen und vor allem Anregungen liefern, um bestehende Vorurteile abzulegen oder sich von der Faszination des"Traums vom Turm" einfangen zu lassen. (...) (aus dem Vorwort der Initiatoren Dr. Michael Vesper, Minister für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen - Joachim Erwin, OB der Landeshauptstadt Düsseldorf und Peter Dübbert, Präsident der Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen).

    Andres Lepik
    Wolkenkratzer
    2005 Prestel
    Seit dem Bau der ersten Hochhäuser zu Beginn des Jahrhunderts fasziniert dies Architekturform die Menschen, und der Ehrgeiz, den höchsten Wolkenkratzer zu bauen, ist ungebrochen. Die hier präsentierte Palette der Skyscraper reicht weit über die häufig beschriebenen Standorte in Asien, Nordamerika und Europa hinaus, indem sie so ferne Schauplätze wie Saudi Arabien, Libanon, die Vereinigten Arabischen Emirate sowie Uruguay und Mexico berücksichtigt. Die Einführung bietet einen Überblick über architektonische und ökonomischen Tendenzen, die im ausgehenden zwanzigsten Jahrhundert für das Hochhaus von Bedeutung sind, der Epilog beleuchtet den im neuen Millennium stattfindenden "'Wettbau" um das höchste Gebäude der Welt.

    Jaan K. Klasmann
    Das (Wohn)-Hochhaus
    Hochhaus und Stadt.
    2004 Springer, Wien
    Ein faszinierendes, aber auch kontrovers gehandeltes Kapitel der moderneren Baugeschichte ist zweifelsfrei dem Hochhaus gewidmet. Von Wien ausgehend untersucht der Autor den Stand der städtebaulichen Diskussionen in den großen Hochhausmetropolen dieser Welt. Behandelt werden dabei sowohl Themen der optischen Wirkung wie z.B. Sichtbeziehungen und Höhenproportionen, als auch Themen der Funktionszuordnung, stadtpsychologische Aspekte und Gesichtspunkte der Lebensqualität. Ergänzende Kapitel zu Ökologie, der Verkehrsanbindung sowie nachbarschaftsschonende Baustellenlogistik und Recycling abgerissener Hochhäuser ermöglichen dem Leser eine ganzheitliche Betrachtung dieses "herausragenden" Themas.
    Ein faszinierendes, aber auch kontrovers gehandeltes Kapitel der moderneren Baugeschichte ist zweifelsfrei dem Hochhaus gewidmet. Von Wien ausgehend untersucht der Autor den Stand der städtebaulichen Diskussionen in den großen Hochhausmetropolen dieser Welt. Behandelt werden dabei sowohl Themen der optischen Wirkung wie z.B. Sichtbeziehungen und Höhenproportionen, als auch Themen der Funktionszuordnung, stadtpsychologische Aspekte und Gesichtspunkte der Lebensqualität. Ergänzende Kapitel zu Ökologie, der Verkehrsanbindung sowie nachbarschaftsschonende Baustellenlogistik und Recycling abgerissener Hochhäuser ermöglichen dem Leser eine ganzheitliche Betrachtung dieses herausragenden Themas.

    Susanna Partsch
    Wie die Häuser in den Himmel wuchsen.
    Die Geschichte des Bauens
    ab 12 J.
    1999 Hanser
    Wann sind die ersten Häuser gebaut worden und wie haben sie ausgesehen? Wie haben die Römer gebadet und wo ging ein König aufs Klo? Vor tausenden von Jahren bauten die ersten Menschen die ersten Hütten aus Lehm. Heute ermöglichen Beton, Stahl und Glas, gigantische Projekte zu verwirklichen. Kenntnisreich und mitreißend erzählt Susanna Partsch alles übers Bauen: warum Häuser meist eckig sind, Hochhäuser nicht umfallen oder manche Gebäude im Wasser stehen.