Heinlein: Ist denn schon absehbar, welches der beiden Reformmodelle sich nun tatsächlich umsetzen lassen wird?
Fröhlich: Da gibt es unterschiedliche Rechenbeispiele oder unterschiedliche Einschätzungen der Wahrscheinlichkeiten. Es gibt einige Andeutungen, dass innerhalb der Kommission doch eine relative Mehrheit eher für dieses so genannte Zwei-Klassen-Modell war. Das heißt also, dass Modell, in dem eine neue Kategorie nichtständiger Mitglieder für vier Jahre vorgesehen war und es gibt auf der anderen Seite die Auszählung der Beiträge in der letzten Generaldebatte, wo eine doch deutliche Mehrheit der Mitgliedstaaten, auf die es letztlich ankommt, sich doch für eine Erweiterung um auch neue permanente ständige Mitglieder ausgesprochen hat.
Heinlein: Vom Tisch scheint ja so oder so zu sein: Mögliches Vetorecht für die neuen Mitglieder im Weltsicherheitsrat. Bleibt Deutschland damit im jeden Fall zweitklassig in diesem Gremium?
Fröhlich: In Berlin sagt man, dass es ja nicht darum geht, eine Verhinderungsmacht, sondern eine Gestaltungsmacht mit in dieses Gremium einzubringen und das scheint so ein bisschen eine Position zu sein, auf die man sich zurück zieht. Ganz am Anfang stand der Appell auch hier für Deutschland, das Veto noch dazu zu nehmen, um somit ein wirklich gleichberechtigtes Mitglied zu sein. Vor dem Hintergrund, dass sowieso das Veto auch in Frage gestellt wird, im Hinblick auf eine demokratische Transparenz dieses entscheidenden Gremiums, wird das wahrscheinlich Verhandlungsmasse sein.
Heinlein: Ist ein ständiger Sitz im Weltsicherheitsrat, sollte es denn so kommen, gleichbedeutend mit einer Aufwertung der internationalen Stellung Deutschlands in der Welt?
Fröhlich: So allgemein kann man das schon sagen, weil sie dann permanent in die internationale Sicherheitsvorsorge und das Krisenmanagement eingebunden sind und gerade dieser Bericht des Reformpanels zeigt ja, dass der Sicherheitsrat zu dem entscheidenden Gremium in der internationalen Politik gemacht wird. Da geht es eben nicht nur darum, militärische Maßnahmen zu beschließen, sondern von der Kontrolle von Finanzströmen für die Terrorismusbekämpfung bis hin zur Bekämpfung von Krankheiten und AIDS, also neuen Herausforderungen der internationalen Politik, wird dem Sicherheitsrat eine ganz entscheidende Position zugebilligt.
Heinlein: Hätte das auch praktische Konsequenzen, dieser ständige Sitz? Heißt das vielleicht auch mehr Verantwortung im Sinne von mehr internationalen Einsätzen für die Bundeswehr, für die Aufgaben, die Sie gerade genannt haben?
Heinlein: Das würde man so voraussetzten. Es ist nicht so, dass die jetzt schon bestehenden Mitglieder auch immer Soldaten irgendwo hinschicken, je nachdem wie das Gremium beschließt, aber die heute stattfindende Diskussion über den Einsatz im Sudan deutet schon darauf hin, dass sich Deutschland dann weltweit engagiert in unterschiedlicher Form sicherlich, aber das Gremium macht ja gerade dieses Kriterium der Beteiligung und Unterstützung der Vereinten Nationen zu einem zentralen Auswahlkriterium und eine Sache, die da zu nennen ist, ist natürlich auch die Erfordernis 0,7 Prozent des Bruttosozialproduktes in die Entwicklungshilfe zu stecken. Also auch da zeigen sich noch neue Herausforderungen für die deutsche Außenpolitik.
Fröhlich: Frage zum Schluss, woran könnten denn die deutschen Ambitionen noch scheitern? Am Widerstand aus Rom oder Madrid? Denn dort in den beiden europäischen Hauptstädten betrachtet man die deutschen Ambitionen ja durchaus mit Skepsis.
Heinlein: Sicher, das kann das eine sein, der so genannte Coffee-Club, also ein internationaler Zusammenschluss der Gegner einer Erweiterung um neue ständige Mitglieder ist eine unsichere Variable. Dann müssen wir natürlich die zweidrittel Mehrheit in der Generalversammlung organisieren und was sich mittelbar natürlich auch auswirkt, ist die notwendige Zertifikation durch die ständigen Mitglieder und da hat ja der nunmehr fast Ex-Außenminister Colin Powell noch kurz vor der amerikanischen Präsidentschaftswahl auch gesagt, dass man sich etwa dem italienischen Bedenken durchaus offen zeigen würde. Auch das ist noch fraglich, gleichwohl das Momentum, die Dynamik hin zu einer Reform, hat doch deutlich an Fahrt gewonnen.
