"Das maximale Gewicht der Flugobjekte darf 400 Gramm betragen. Und die Größe muss so beschaffen sein, dass die Modelle in einen Würfel von einem Kubikmeter hineinpassen. Als Werkstoffe dürfen nur Stahlwerkstoffe verwendet werden. Zusätzlich darf verwendet werden: Kleber, um den Stahl zusammenzubringen und Modelle daraus zu bauen."
Die Regeln für den Flugwettbewerb, die Ekkard Brinksmeier - Professor für Fertigungstechnik an der Universität Bremen - hier erläutert, sind kurz und simpel. Doch die Lösungswege, die die Jungwissenschaftler aus ganz Deutschland gehen, um ein knappes Pfund Stahl irgendwie zum Abheben zu bewegen, sind äußerst unterschiedlich.
Ein paar Minuten dauert es noch, bis die ersten Fluggeräte über das Geländer der Tribüne in der Bremer Stadthalle geworfen werden. Und so wird hier noch eine kaputte Tragfläche mit etwas Epoxidharz gekittet, ein anderes Team bringt eine letzte Drahtversteifung an einem Rotor an. Dann das Startsignal für den ersten von fünf Versuchen jedes Teams.
"Dieser Flieger hat ein Gewicht von 386 Gramm. So, die Zeitmessung ist bereit. Ooooooh … dieser Flieger hat eine Zeit von knapp über vier Sekunden."
Von einem Flug kann man da allerdings kaum sprechen, eher schon von einem kontrollierten Absturz. Das bumerangähnliche Flugobjekt sinkt um sich selbst kreiselnd durch die Luft, bevor es hart auf dem Hallenboden aufschlägt. Bei dem silbrig glänzenden, armlangen Gerät handelt es sich um einen Nurflügler. Eine Tragfläche ohne Rumpf, wie Marvin Doll vom Team Darmstadt 1 erklärt:
"An Werkstoffen haben wir verbaut: Stahlrohre in verschiedener Dicke. Das hier oben ist Folie. Aber innen drin ist noch ein Gerüst aus Stahlrohren. Und die Folie hier außen hat eine Dicke von 25 Mikrometern. Und hier an den Winglets, das sind dann 75 Mikrometer."
Modelle, die Miniaturausgaben von Segelfliegern ähneln, beherrschen die Szenerie in Bremen. Dabei studiert keiner der Teilnehmenden Luft- oder Raumfahrt. Meist sind es Fertigungstechniker oder Maschinenbauer, die hier gegeneinander antreten. Dabei kommt es nicht nur auf die Flugstrecke an, um zu gewinnen, erläutert der Mitinitiator des Wettbewerbs, Professor Gerhard Hirt von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen.
"Also, es zählt die Flugdauer als das wichtigste Kriterium. Aus den fünf Wertungsflügen das jeweils beste. Und dann noch eine Mittelwertbewertung. Und es zählt aber auch das innovative Konzept. Auch eine Bewertung der Konstruktion. Dafür gibt es dann auch einen Innovationspreis, wenn man ein ganz besonderes Konzept erfüllt hat."
Anwärter für diesen Preis könnte ein Team der TU Darmstadt sein.
"Das ist ein Hubschrauber mit gegenläufigen Rotoren, 327 Gramm."
Mit seinem Schraubflügler hat die Gruppe die erlaubten Außenmaße offenbar voll ausgereizt. Zu zweit müssen Andreas Sinetzko und Jonathan Hesselbarth ihr hüfthohes Modell in die Halle tragen. Es ist zwar nicht schwer, wirkt aber – wegen seiner Rotoren, die mit Blechfolie bespannt sind - etwas wackelig.
"Das ist ein Koaxialhelikopter. Das bedeutet: Die beiden Rotorblätter laufen entgegengesetzt. Dadurch kriegen sie ein entgegengesetztes Moment. Wir haben hier auch einen Gummiantrieb mit zigfacher Wicklung von dünnen Gummibändern à ein Millimeter Stärke. Und wir ziehen das ganz mit einer Bohrmaschine auf."
Andreas Sinetzko trägt Schutzbrille und Handschuhe beim Spannen. Zu groß ist die Angst, dass das Antriebsgummi zurückschlägt.
"Also, wir sind fertig. Achtung, fertig, los! Oh, Mist."
Kurz taumelt der Stahlhubschrauber durch die Luft, dann muss die Gruppe in Deckung gehen, weil er mitten im Team einschlägt. Leicht lädiert.
"Das wird jetzt schwierig, den wieder zu reparieren."
Fast majestätisch dagegen ist die Stimmung, als sich ein weiteres Gefährt in die Luft erhebt. Ein silberner, knisternder Kubus aus hauchdünner Metallfolie. Nur an den Kanten verstärkt mit etwas Tesafilm. Er hebt ab, weil Helium darin ist, das allerdings langsam entweicht. 21 Minuten lang schwebt das Gefährt unter der Hallendecke. Die Zeitwertung ist dem Team damit nicht mehr zu nehmen. Obwohl mancher Konkurrent angesichts des ungewöhnlichen Konzepts hinter vorgehaltener Hand von Schiebung spricht.