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Stahlindustrie
EU ringt um Wettbewerbsfähigkeit der Branche

Die für die Stahlindustrie in Europa wichtigen Entscheidungen werden in Brüssel gefällt. Die EU muss sich sowohl mit möglichen Maßnahmen gegen chinesischen Billigstahl befassen, als auch den Emissionshandel reformieren, der diese energieintensive Branche besonders betrifft. Erklärtes Ziel ist, die Stahlindustrie wettbewerbsfähig zu halten.

Von Thomas Otto | 11.04.2016
    Ein Mitarbeiter der Salzgitter AG steht am im Stahlwerk Salzgitter vor dem Hochofen.
    Ein Mitarbeiter eines Stahlwerks vor einem Hochofen. (picture alliance / dpa / Jochen Lübke)
    Bis zum Jahr 2030 will die EU ihren CO2-Ausstoß – im Vergleich zu 1990 – um 40 Prozent reduzieren. Das soll unter anderem mithilfe des Emissionshandels erreicht werden. Die Preise für CO2-Emissions-Zertifikate sind allerdings schon lange im Keller. Der Anreiz, den Kohlendioxidausstoß zu reduzieren ist damit gering. Deshalb hat EU-Klimakommissar Miguel Arias Canete im vergangenen Jahr ein Reformpaket vorgestellt: "Wir haben versucht, die Schwächen des Emissionshandels zu beseitigen und das System zu verbessern. Und das haben wir geschafft. Die Industrie wird mehr Anstrengungen unternehmen müssen, um ihre Emissionen zu senken."
    Ab dem Jahr 2021 soll die Zahl der ausgegebenen Zertifikate jährlich um 2,2 Prozent sinken. Das heißt, dass dann auch entsprechend weniger CO2 emittiert werden darf. Einen Teil der ausgegeben Zertifikate erhalten besonders energieintensive Branchen, wie die Stahlindustrie, kostenlos. Wie groß dieser Anteil ist, hängt davon ab, wie viel CO2 die saubersten Anlagen auf dem Markt ausstoßen. Emittiert ein Produzent mehr CO2, muss er Zertifikate zukaufen. Der Orientierungswert für die sauberste Technologie soll nach Canetes Reformplänen jährlich sinken. Die Kommission garantiert aber bis mindestens 2030, kostenlose Zertifikate auszuschütten. Zurzeit wird das Reformpaket im EU-Parlament verhandelt.
    Probleme durch chinesischen Billigstahl
    Zweites Problem: China. Als die Volksrepublik vor 15 Jahren der Welthandelsorganisation WTO beitrat, geschah das unter dem Vorbehalt, dass China noch nicht als Marktwirtschaft anerkannt wird. So können sich andere Wirtschaftsräume mit Anti-Dumping-Zöllen vor hochsubventionierten Exporten schützen. Im Dezember läuft allerdings die 15-jährige Übergangsfrist dafür aus. Aus Sicht von Bernd Lange, SPD-Handelsexperte im Europaparlament, hat die EU-Kommission nun drei Optionen: "Laufen lassen: Australien hat das gemacht mit einem klaren negativen Effekt. Also ich glaube, das scheidet aus. Die zweite Option: Ein klares Nein zu sagen: würde automatisch eine Klage bei der WTO hervorrufen. Vielleicht gibt es noch eine dritte Option und wenn man sich das Protokoll genau ansieht, gibt es auch Spielraum in dem Protokoll für alternative Methoden."
    Bisher hat sich die Kommission allerdings nicht dazu geäußert, mit welchen alternativen Methoden genau sie in Zukunft die europäische Stahlindustrie vor billigen Überkapazitäten aus China schützen will. Handelskommissarin Cecilia Malmström glaubt aber, dass bis Dezember eine Lösung gefunden wird: "Egal, welchen Weg wir gehen: Die Kommission will ein starkes Anti-Dumping-Instrument beibehalten, um unsere Industrie vor unfairem Handel zu schützen und gleichzeitig internationale Verpflichtungen einzuhalten."
    Vor vier Wochen hatte die Kommission bereits einen Maßnahmenkatalog vorgestellt, mit dem der Stahlindustrie geholfen werden soll. Dabei will sie unter anderem gegen die Ursachen der weltweiten Überproduktion vorgehen und gleichzeitig neue, wettbewerbsfähigere Technologien fördern.