Dass in den Feuilletons der überregionalen deutschen Zeitungen bisher keine Würdigung des Schweizer Architekten und Konstrukteurs Fritz Haller erschienen ist, könnte Haller selbst veranlasst haben. Er verriet mir, seinem Kollegen an der Uni Karlsruhe, einmal im Gespräch, was ihn mit seinem großen Vorbild und älteren Freund, dem französischen Konstrukteur Jean Prouvé besonders verbunden hat: "Wir konnten zusammen auch schweigen".
Vielleicht ist diese Anekdote auch ein Schlüssel zum Verständnis seines Oeuvres. Freilich hat Haller auch Bauten realisiert, davon wird noch zu sprechen sein, doch weltweit bekannt, angewandt und beliebt ist sein Möbelsystem, das unter dem Logo USM-Haller die Optik der Büro- und Ladeneinrichtungen gleichsam globalisiert hat. Kaum übertreibt, wer die glänzenden, stählernen Module, zu Regalen und Tischgestellen verschraubt, zu einem Höhe- und Endpunkt der konstruktivistischen Moderne erklärt. Das Material ist zur Ruhe gekommen, es schweigt jetzt. Denn es ist kein Körper entstanden, der künstlerisch sich in Szene setzen und dominieren will. Das USM Haller Regal möchte als standardisiertes Industrieprodukt wahrgenommen werden, das Teil eines funktionalen Wahrnehmungsraums bleibt. Die Regale haben kein Ende, keine Mitte, weder ein Oben noch einen Sockel. Sie sind fortlaufende Montage desselben Elementes. Das USM Haller Regal ist nicht als Körper in den Raum gestellt, um ihn zu dominieren, es bildet mit seinen Lineaturen den linearen Raum. Die Regale richten den Raum nicht ein, sie sind nicht definitive Möbel, sie sind Funktionsträger einer funktional gedachten Welt. In der nichts einen festen Platz hat. Weder zeitlich noch räumlich. Was im Handlungsverlauf nicht gebraucht wird, schiebt man zur Seite, wie einen Einkaufswagen. Das suggerieren noch heute die Stahlrohrsessel der Bauhausleute.
Dieses Programm der historischen Avantgarden, das im Bauhaus der 20er-Jahre entwickelt wurde, scheint noch heute zu wirken. Es kann offenbar verdeckte Sehnsüchte wecken; anders ist der universale Erfolg der Hallerschen Stab- und Knotenwerke nicht zu erklären. Doch eigenartigerweise ist die ästhetisch beschworene Beweglichkeit in einer Art dialektischem Sprung in die absolute Starre umgekippt. Versuche mal einer, das Regal, das Gestell zu ändern, zu verlängern oder gar abzubauen. Der Konsument und Verbraucher, der doch nach der Ideologie der Moderne ebenso Produzent sein soll wie der Hersteller, scheitert kläglich. Die These wird jetzt nachvollziehbarer, die sagt, dass das perfekte serielle Standardprodukt auf dem ästhetischen Höhepunkt angelangt und gleichzeitig im Tiefpunkt seiner programmatischen Idee angekommen ist.
Haller muss dieser Zwiespalt in seinen späteren Jahren bewusst gewesen sein, in größter Bescheidenheit schien er sich selbst zu wundern über den Dauererfolg seines Produkts, das fortan als rein ästhetisch verstandenes Möbel die Reisebüros und Arztpraxen in der ganzen Welt ausstaffiert, teuer – als Statussymbol. Fritz Haller hat seine Denkweise auch auf die Architektur angewandt. Weniger die gestalterische Form war ihm wichtig, sondern die allseitige Brauchbarkeit und Umnutzbarkeit. High-tech erfüllte sich ihm nicht im modischen, metallisch-spektakulären Design, sondern in der intelligenten Installation, deren Netze an jeder Stelle anzapfbar sind. So sind viele gediegene Bürogebäude, Schulen und öffentliche Bauten entstanden; alles von beachtlicher, ja herausragender Qualität, doch nichts davon hat den Architekten so in alle Winkel der Welt getragen wie den Konstrukteur des schönen, zwiespältigen Möblierungssystems.
Vielleicht ist diese Anekdote auch ein Schlüssel zum Verständnis seines Oeuvres. Freilich hat Haller auch Bauten realisiert, davon wird noch zu sprechen sein, doch weltweit bekannt, angewandt und beliebt ist sein Möbelsystem, das unter dem Logo USM-Haller die Optik der Büro- und Ladeneinrichtungen gleichsam globalisiert hat. Kaum übertreibt, wer die glänzenden, stählernen Module, zu Regalen und Tischgestellen verschraubt, zu einem Höhe- und Endpunkt der konstruktivistischen Moderne erklärt. Das Material ist zur Ruhe gekommen, es schweigt jetzt. Denn es ist kein Körper entstanden, der künstlerisch sich in Szene setzen und dominieren will. Das USM Haller Regal möchte als standardisiertes Industrieprodukt wahrgenommen werden, das Teil eines funktionalen Wahrnehmungsraums bleibt. Die Regale haben kein Ende, keine Mitte, weder ein Oben noch einen Sockel. Sie sind fortlaufende Montage desselben Elementes. Das USM Haller Regal ist nicht als Körper in den Raum gestellt, um ihn zu dominieren, es bildet mit seinen Lineaturen den linearen Raum. Die Regale richten den Raum nicht ein, sie sind nicht definitive Möbel, sie sind Funktionsträger einer funktional gedachten Welt. In der nichts einen festen Platz hat. Weder zeitlich noch räumlich. Was im Handlungsverlauf nicht gebraucht wird, schiebt man zur Seite, wie einen Einkaufswagen. Das suggerieren noch heute die Stahlrohrsessel der Bauhausleute.
Dieses Programm der historischen Avantgarden, das im Bauhaus der 20er-Jahre entwickelt wurde, scheint noch heute zu wirken. Es kann offenbar verdeckte Sehnsüchte wecken; anders ist der universale Erfolg der Hallerschen Stab- und Knotenwerke nicht zu erklären. Doch eigenartigerweise ist die ästhetisch beschworene Beweglichkeit in einer Art dialektischem Sprung in die absolute Starre umgekippt. Versuche mal einer, das Regal, das Gestell zu ändern, zu verlängern oder gar abzubauen. Der Konsument und Verbraucher, der doch nach der Ideologie der Moderne ebenso Produzent sein soll wie der Hersteller, scheitert kläglich. Die These wird jetzt nachvollziehbarer, die sagt, dass das perfekte serielle Standardprodukt auf dem ästhetischen Höhepunkt angelangt und gleichzeitig im Tiefpunkt seiner programmatischen Idee angekommen ist.
Haller muss dieser Zwiespalt in seinen späteren Jahren bewusst gewesen sein, in größter Bescheidenheit schien er sich selbst zu wundern über den Dauererfolg seines Produkts, das fortan als rein ästhetisch verstandenes Möbel die Reisebüros und Arztpraxen in der ganzen Welt ausstaffiert, teuer – als Statussymbol. Fritz Haller hat seine Denkweise auch auf die Architektur angewandt. Weniger die gestalterische Form war ihm wichtig, sondern die allseitige Brauchbarkeit und Umnutzbarkeit. High-tech erfüllte sich ihm nicht im modischen, metallisch-spektakulären Design, sondern in der intelligenten Installation, deren Netze an jeder Stelle anzapfbar sind. So sind viele gediegene Bürogebäude, Schulen und öffentliche Bauten entstanden; alles von beachtlicher, ja herausragender Qualität, doch nichts davon hat den Architekten so in alle Winkel der Welt getragen wie den Konstrukteur des schönen, zwiespältigen Möblierungssystems.