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Stammzellen, einmal anders

Ein futuristischer, etwa hundert Meter langer Neubau am Stadtrand von Münster. Drei Stockwerke hinter viel grünem Glas. Das Max-Planck-Institut für Molekulare Biomedizin.

Von Michael Lange | 06.05.2007
    Der Labormanager Göran Key führt durch das Gebäude.

    " Die Innentüren wirken grün, aber die Außenscheiben wirken für den, der innen ist, nicht grün. Witzigerweise. "
    Die Labors sind eingerichtet mit den neuesten Geräten. Der Einzug der über 50 Wissenschaftler ist fast abgeschlossen. Viele Forscher haben, so kurz nach dem Umzug, noch allerlei Fragen an den Labormanager.

    Arbeitssprache ist natürlich englisch. Die Wissenschaftler kommen aus aller Welt.

    Im ersten Stock arbeitet die Abteilung für Zell- und Entwicklungsbiologie: Das Team des Stammzellenforschers Hans Schöler.

    Bei seiner Grundlagenforschung steht eine Frage im Mittelpunkt: Worin liegt das Geheimnis der embryonalen Stammzellen? Was macht ihre Jugendlichkeit aus? Wie entsteht ihre Fähigkeit, sich in jede spezialisierte Zelle verwandeln zu können?

    Um diese Fragen zu beantworten, fusioniert Hans Schöler embryonale Stammzellen von Mäusen mit Körperzellen, ebenfalls von Mäusen.

    " Das faszinierende ist eben: Wenn Sie eine embryonale Stammzelle haben, dann drückt die der Körperzelle ihren Willen auf: Du wirst jetzt genau so wie ich! Du wirst eine Zelle mit dem selben Programm wie ich! Und das sieht wirklich phantastisch aus. "

    Durch diese Verschmelzung von embryonalen mit reifen Zellen wird das reife Erbgut der Körperzelle wieder jung. Der alte Zellkern wird embryonal. Das Erbgut wird dabei nicht verändert, aber die Schalter werden umgestellt: von alt auf jung. Es entstehen embryonale Stammzellen, ohne dass dabei weitere Embryonen verbraucht werden.

    Das gleiche Ziel, die Reprogrammierung, ließe sich auch ganz ohne direkte Beteiligung embryonaler Stammzellen erreichen, glaubt Hans Schöler. Man müsste nur wissen, welche Faktoren aus einer reifen eine embryonale Zelle machen.

    " Wenn Sie jetzt weniger und weniger dieser Faktoren nehmen, und dann die richtige Kombination, und den richtigen Mix herausbekommen, dann sehen Sie, dass es nur vier verschiedene Faktoren sind. .... Und wenn Sie diese vier einbringen in eine Zelle, dann können Sie das Programm dieser Zelle verjüngen. "

    Japanische Wissenschaftler haben diese wichtigsten vier Faktoren bereits identifiziert. Embryonale Stammzellen dienten ihnen dabei als Vorbild. Zur Verjüngung der reifen Zellen brauchten sie dann keine embryonalen Stammzellen mehr. Keine Embryonen.

    Das wäre ein ideales Konzept für die zukünftige Stammzellenmedizin, glaubt Hans Schöler.

    Aber noch ist das alles reine Grundlagenforschung. Sie wurde bislang nur an Mäusezellen durchgeführt. Über die exakten Wirkungen, Risiken und Nebenwirkungen ist kaum etwas bekannt.