Gerd Breker: Schon eine kleine Weile länger entspannt ist die Lage in Sachsen, wenn gleichwohl niemand in Dresden auf den Gedanken gekommen wäre, dass Jahrhunderthochwasser so schnell hintereinander kommen können. Was lernt man aus diesen Katastrophen? Das ist die Frage, die wir nun mit Martin Socher behandeln wollen. Er ist Referatsleiter Wasserbau und Hochwasserschutz im sächsischen Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft. Guten Tag, Herr Socher!
Martin Socher: Guten Tag, Herr Breker!
Breker: War das aus Ihrer Sicht ein ganz normales Frühjahrshochwasser?
Socher: Es war ein Frühjahrshochwasser. Als normal würde ich es nicht bezeichnen, denn es war immerhin mit einer Jährlichkeit von ungefähr 15 bis 20 Jahren, also schon ein etwas größeres Ereignis.
Breker: Man war diesmal besser vorbereitet in Sachsen und dennoch konnte man das Wasser nicht abhalten. Es hat Schäden verursacht.
Socher: Das ist in der Tat so. Das müssen wir konstatieren. Aber ich denke mal, dass sowohl die harten Faktoren, die Verbesserung des tatsächlichen Hochwasserschutzes vor Ort, als auch die weichen Faktoren, die Information der Bevölkerung über die Wasserstandsentwicklung und die Auslegung der Gefahrenkarten, schon dazu beigetragen haben, die Schäden zu verhindern und zu vermeiden.
Breker: Wie sieht eigentlich, Herr Socher, moderner Hochwasserschutz aus? Besteht das weiterhin in dem Erneuern, Befestigen und Erweitern der Deiche?
Socher: Moderner Hochwasserschutz, wie ihn auch jetzt die Europäische Union definiert, ist zu weiten Teilen auch ein Hochwasserrisikomanagement. Das heißt, die Ereignisse häufen sich. Man muss sich stärker damit auseinandersetzen, wo liegen die tatsächlichen Risiken und was kann ich dagegen tun?
Grundsätzlich ist es so, dass wir alle verschiedenen Maßnahmen der Hochwasserprävention denen des tatsächlichen Hochwasserschutzes vorziehen. Das heißt mehr Wald, andere landwirtschaftliche Praktiken, Mulchsaat und Ähnliches, Anwendung der Instrumente der Raumordnung. Und erst wenn das alles ausgeschöpft ist, also die Hochwasserprävention, erst dann greifen wir zu den Maßnahmen, die das Wasser erst einmal am Entstehungsort zurückhalten, was bei der Elbe für uns schwer ist, denn das Hochwasserentstehungsgebiet für die obere sächsische Elbe liegt in der Tschechischen Republik, und dann geht es weiter, bis man im Hochwasserabflussgebiet ist. Dort helfen dann in der Regel wirklich nur noch Deiche oder Deichrückverlegungen.
Breker: Wenn denn das Wasser kommt, Herr Socher, und es kommt ja dann viel Wasser, dann braucht es vor allen Dingen Platz. Gibt es in Sachsen genügend Platz für die Elbe?
Socher: An der oberen sächsischen Elbe gibt es auf Grund der Geomorphologie natürlich keinen Platz. Das ist ein Kerbtal. Das ist geologisch so geformt. Das ist ein altes Siedlungsgebiet in Mitteleuropa, und dort leben die Menschen am und mit dem Fluss seit Jahrhunderten.
An der mittleren sächsischen Elbe zwischen Dresden und Riesa, dort sieht es natürlich schon ganz anders aus. Dort gibt es auch ein historisch gewachsenes Rückflutpoldersystem, was es zu erhalten gilt. Und der dritte Teil an der unteren sächsischen Elbe, das ist also der Bereich bis zur Landesgrenze nach Sachsen-Anhalt, dort sind noch Flächen vorhanden, wo wir zukünftig Deichrückverlegungen machen wollen, aber vor allen Dingen, dort haben wir Flächen für drei gesteuerte Flutungspolder, ein wesentliches Instrument eines modernen Hochwasserschutzes.
Breker: Flüsse machen keinen Halt vor Ländergrenzen. Wir haben es gerade schon leicht angedeutet: Die Versäumnisse der einen, darunter leiden dann die anderen. Sprich was in Sachsen nicht aufgehalten wird, darunter leiden die Menschen in Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen.
Socher: Nun ja, ich hatte schon gesagt: Wir kriegen ja unser Elbehochwasser aus der Tschechischen Republik. Dort wurde dieses Jahr in Größenordnungen und sehr massiv Talsperrensteuerung betrieben, an der Moldaukaskade und an der Eger. Wenn das nicht gewesen wäre, hätte sich das Hochwasser noch ganz anders entwickelt. Das zum einen.
Zum anderen ist es so, dass wir in der Tat unsere doch sehr strapazierten Deiche zum Teil saniert haben, zum Teil gesichert haben, so dass es bei uns bei diesem Hochwasser zu keinen Deichbrüchen kam, also auch zu keinen Überflutungen des Hinterlandes. Dieses Wasser ist natürlich in der Bilanz da und läuft dann weiter die Elbe hinab. Niemand kann aber in seine eigenen Hochwasserschutzmaßnahmen einbeziehen, dass anderswo Deiche brechen. Das sind technische Anlagen, die haben im Grunde genommen zu halten.
Breker: Dieses Mal ist das Schlimmste wohl überstanden, Herr Socher. Wann kommt das nächste Hochwasser? Was schätzen Sie?
Socher: Wer das kann, hat Fähigkeiten, die normale Menschen nicht haben.
Breker:! Aber 100 Jahre wird es nicht dauern?
Socher: Davon können wir mit Sicherheit ausgehen. Offensichtlich ist es so, dass Elbe und Theis in Ungarn, im Moment würde ich sagen, sehr hochwasserempfindliche Gebiete sind. Das kann etwas mit dem Klimawechsel zu tun haben. Das kann aber auch ein normaler hydrologischer Zyklus sein, der, wenn man sich Jahresganglinien anschaut, schon einmal auftreten kann. Im Moment würde ich eher sagen, es ist eben jetzt die Zeit für die Elbe. Eine richtige Statistik, die belastbar sagt, morgen kommt ein 50-jähriges Hochwasser oder so, das kann keiner machen. Aber es ist sicher: Wir werden mit solchen Ereignissen mit diesen Jährlichkeiten, mit diesen hohen Durchflüssen weiter leben müssen und uns darauf einstellen.
Breker: Martin Socher war das. Er ist Referatsleiter Wasserbau und Hochwasserschutz im sächsischen Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft.
Martin Socher: Guten Tag, Herr Breker!
Breker: War das aus Ihrer Sicht ein ganz normales Frühjahrshochwasser?
Socher: Es war ein Frühjahrshochwasser. Als normal würde ich es nicht bezeichnen, denn es war immerhin mit einer Jährlichkeit von ungefähr 15 bis 20 Jahren, also schon ein etwas größeres Ereignis.
Breker: Man war diesmal besser vorbereitet in Sachsen und dennoch konnte man das Wasser nicht abhalten. Es hat Schäden verursacht.
Socher: Das ist in der Tat so. Das müssen wir konstatieren. Aber ich denke mal, dass sowohl die harten Faktoren, die Verbesserung des tatsächlichen Hochwasserschutzes vor Ort, als auch die weichen Faktoren, die Information der Bevölkerung über die Wasserstandsentwicklung und die Auslegung der Gefahrenkarten, schon dazu beigetragen haben, die Schäden zu verhindern und zu vermeiden.
Breker: Wie sieht eigentlich, Herr Socher, moderner Hochwasserschutz aus? Besteht das weiterhin in dem Erneuern, Befestigen und Erweitern der Deiche?
Socher: Moderner Hochwasserschutz, wie ihn auch jetzt die Europäische Union definiert, ist zu weiten Teilen auch ein Hochwasserrisikomanagement. Das heißt, die Ereignisse häufen sich. Man muss sich stärker damit auseinandersetzen, wo liegen die tatsächlichen Risiken und was kann ich dagegen tun?
Grundsätzlich ist es so, dass wir alle verschiedenen Maßnahmen der Hochwasserprävention denen des tatsächlichen Hochwasserschutzes vorziehen. Das heißt mehr Wald, andere landwirtschaftliche Praktiken, Mulchsaat und Ähnliches, Anwendung der Instrumente der Raumordnung. Und erst wenn das alles ausgeschöpft ist, also die Hochwasserprävention, erst dann greifen wir zu den Maßnahmen, die das Wasser erst einmal am Entstehungsort zurückhalten, was bei der Elbe für uns schwer ist, denn das Hochwasserentstehungsgebiet für die obere sächsische Elbe liegt in der Tschechischen Republik, und dann geht es weiter, bis man im Hochwasserabflussgebiet ist. Dort helfen dann in der Regel wirklich nur noch Deiche oder Deichrückverlegungen.
Breker: Wenn denn das Wasser kommt, Herr Socher, und es kommt ja dann viel Wasser, dann braucht es vor allen Dingen Platz. Gibt es in Sachsen genügend Platz für die Elbe?
Socher: An der oberen sächsischen Elbe gibt es auf Grund der Geomorphologie natürlich keinen Platz. Das ist ein Kerbtal. Das ist geologisch so geformt. Das ist ein altes Siedlungsgebiet in Mitteleuropa, und dort leben die Menschen am und mit dem Fluss seit Jahrhunderten.
An der mittleren sächsischen Elbe zwischen Dresden und Riesa, dort sieht es natürlich schon ganz anders aus. Dort gibt es auch ein historisch gewachsenes Rückflutpoldersystem, was es zu erhalten gilt. Und der dritte Teil an der unteren sächsischen Elbe, das ist also der Bereich bis zur Landesgrenze nach Sachsen-Anhalt, dort sind noch Flächen vorhanden, wo wir zukünftig Deichrückverlegungen machen wollen, aber vor allen Dingen, dort haben wir Flächen für drei gesteuerte Flutungspolder, ein wesentliches Instrument eines modernen Hochwasserschutzes.
Breker: Flüsse machen keinen Halt vor Ländergrenzen. Wir haben es gerade schon leicht angedeutet: Die Versäumnisse der einen, darunter leiden dann die anderen. Sprich was in Sachsen nicht aufgehalten wird, darunter leiden die Menschen in Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen.
Socher: Nun ja, ich hatte schon gesagt: Wir kriegen ja unser Elbehochwasser aus der Tschechischen Republik. Dort wurde dieses Jahr in Größenordnungen und sehr massiv Talsperrensteuerung betrieben, an der Moldaukaskade und an der Eger. Wenn das nicht gewesen wäre, hätte sich das Hochwasser noch ganz anders entwickelt. Das zum einen.
Zum anderen ist es so, dass wir in der Tat unsere doch sehr strapazierten Deiche zum Teil saniert haben, zum Teil gesichert haben, so dass es bei uns bei diesem Hochwasser zu keinen Deichbrüchen kam, also auch zu keinen Überflutungen des Hinterlandes. Dieses Wasser ist natürlich in der Bilanz da und läuft dann weiter die Elbe hinab. Niemand kann aber in seine eigenen Hochwasserschutzmaßnahmen einbeziehen, dass anderswo Deiche brechen. Das sind technische Anlagen, die haben im Grunde genommen zu halten.
Breker: Dieses Mal ist das Schlimmste wohl überstanden, Herr Socher. Wann kommt das nächste Hochwasser? Was schätzen Sie?
Socher: Wer das kann, hat Fähigkeiten, die normale Menschen nicht haben.
Breker:! Aber 100 Jahre wird es nicht dauern?
Socher: Davon können wir mit Sicherheit ausgehen. Offensichtlich ist es so, dass Elbe und Theis in Ungarn, im Moment würde ich sagen, sehr hochwasserempfindliche Gebiete sind. Das kann etwas mit dem Klimawechsel zu tun haben. Das kann aber auch ein normaler hydrologischer Zyklus sein, der, wenn man sich Jahresganglinien anschaut, schon einmal auftreten kann. Im Moment würde ich eher sagen, es ist eben jetzt die Zeit für die Elbe. Eine richtige Statistik, die belastbar sagt, morgen kommt ein 50-jähriges Hochwasser oder so, das kann keiner machen. Aber es ist sicher: Wir werden mit solchen Ereignissen mit diesen Jährlichkeiten, mit diesen hohen Durchflüssen weiter leben müssen und uns darauf einstellen.
Breker: Martin Socher war das. Er ist Referatsleiter Wasserbau und Hochwasserschutz im sächsischen Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft.