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Start der Algenernte in Deutschland

Die EU-Kommission hat der Produktion von Algen höchste Priorität zugewiesen. Denn Algen können in vielfältiger Weise zur Welternährung beitragen. Entweder, indem sie als Gemüse gegessen werden, oder indem man die in ihnen enthaltenen Stoffe wie Zucker, Eiweiß, Kalzium oder Vitamine für die menschliche Ernährung oder die Medizin gewinnt. Viele Forschungsinstitute arbeiten an neuen Technologien zur Algenproduktion. Für den Schleswig-Holsteinischen Minister für Umwelt, Naturschutz und Landwirtschaft, Klaus Müller besteht in Europa die Möglichkeit, anders als in den asiatischen Algenfarmen zu wirtschaften.

Von Annette Eversberg |
    Die EU-Kommission hat der Produktion von Algen höchste Priorität zugewiesen. Denn Algen können in vielfältiger Weise zur Welternährung beitragen. Entweder, indem sie als Gemüse gegessen werden, oder indem man die in ihnen enthaltenen Stoffe wie Zucker, Eiweiß, Kalzium oder Vitamine für die menschliche Ernährung oder die Medizin gewinnt. Viele Forschungsinstitute arbeiten an neuen Technologien zur Algenproduktion. Für den Schleswig-Holsteinischen Minister für Umwelt, Naturschutz und Landwirtschaft, Klaus Müller besteht in Europa die Möglichkeit, anders als in den asiatischen Algenfarmen zu wirtschaften.

    Da gibt es einfach nicht die Standards, die unter einem nachhaltigen Wirtschaften zu verstehen sind. Und wenn sich jetzt hier in Deutschland, in Schleswig-Holstein Methoden entwickeln, die dann auch noch umweltverträglich sind, dann ist das eine Kombination, wo Umwelt und Wirtschaften zusammen kommen. Da gibt es hier vielversprechende Ansätze und gerade im Bereich der Algenzucht.

    Allerdings braucht dies nicht auf Europa beschränkt zu bleiben. Dr. Peter Hartig vom Algenzuchtunternehmen Blue BioTech in Büsum macht vor, dass man diese nachhaltige Wirtschaftsweise auch schon heute in China umsetzen kann.

    Die Idee dabei ist, dass wir die deutsche Technologie benutzen, um die Farmen im Ausland, da wo ideale Wachstumsbedingungen für die Algen sind, wirklich zu betreiben. Wir holen die Daten von den Computern nach Büsum und können die von hier aus steuern. Wir sind einmal in einem Land, wo man kostengünstig wirtschaften kann und auch eine Qualität sicherstellen, die ihresgleichen sucht.

    Die Kenntnisse müssen allerdings noch erweitert werden. So arbeiten Forscher an der Struktur der Proteine von Microalgen, um dieses Eiweiß für die Nahrungsmittelindustrie zu erschließen. Auch Methoden zur Gewinnung von Vitamin E werden entwickelt, um synthetisch erzeugte Vitamine durch natürliche zu ersetzen. Außerdem sind noch längst nicht alle Algen und damit auch nicht alle Stoffe bekannt, erläutert Professor Franziskus Colijn, Direktor des Forschungs- und Technologiezentrums Büsum der Universität Kiel.

    Es gibt Tausende von Microalgen im Meer aber auch im Süßwasser, und von diesen ist nur ein winziger Teil bisher untersucht. Wir wissen auch gar nicht, welche Stoffe von diesen Algen eigentlich synthetisiert werden. D.h. wir müssen suchen und screenen sozusagen, wo sind Stoffe, die wir nutzen können. Ich glaube es ist unsere Aufgabe, diesen Markt soweit wie möglich zu exploitieren.

    Selbst auf dem Gebiet der Makroalgen, die in Asien bereits als Gemüse oder als Grundlage für die Sushiröllchen mit rohem Fisch gegessen und in Großfarmen gezüchtet werden, gibt es noch Neues zu entdecken. In einer Algenfarm des Alfred Wegener Instituts in List auf Sylt experimentiert Professor Klaus Lüning mit den Wachstumsbedingungen von Algen, um die Algenmengen zu erhöhen. Ihm ist es gelungen, die innere Uhr der Meerespflanzen abzuschalten, damit sie dauernd wachsen.

    Das wichtigste, was man sich vorstellen muss über die Verwendung von Meeresalgen in der Zukunft, weltweit, ist: Der Rohstoff Süßwasser wird knapp wie der Rohstoff Öl. Alles, was wir aus dem Meer, im Meer oder mit Meerwasser züchten können, das erzeugen wir nicht mit Süßwasser, das wir aufs Land gießen müssen. Da sehe ich eben den wichtigsten Ansatz für unsere Arbeit.

    Doch es gibt noch ein anderes wichtiges Ergebnis der Sylter Forscher. Und das betrifft den Jodgehalt von Algen. Der ist wichtig, wenn man Algen auch bei uns in Deutschland als vitamin- und ballastreiches aber fettarmes Gemüse propagieren will.

    Vor einem halben Jahr ging von der Stiftung Warentest ein Artikel durch die Welt der Interessierten und der Köche. Da stand drin, von einem Stück trockene Laminaria aus China, da kann ich nur ein Fitzeljechen essen, dann habe ich schon meine deutsche Tagesration an Jod inhaliert. Das ist also kein Gemüse. Die Laminaria, die wir auf Sylt züchten, die ist nur drei Monate im Meer und dünn. Die hat einfach ein kurzes Leben. Und die hat nicht so viel Jod akkumuliert. Und von der kann ich soviel essen, dass ich es als Meeresgemüse anbieten kann.