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Start-ups unter der Lupe
Einmal Gründer, immer Gründer

Wer wagt, gewinnt, so die Hoffnung, mit der Geldgeber auch ungewöhnliche Ideen und Geschäftsmodelle fördern. Zumeist kommt das Geld von Familien und Freunden, doch gleich danach sind die sogenannten Business Angel die wichtigsten Stützen der Start-up-Szene, wie der "Deutsche Startup Monitor" herausgefunden hat. Das sollte steuerliche Vorteile habe, fordern Firmengründer deshalb.

Von Anja Nehls | 22.09.2015
    Ein Mann und eine Frau in Business-Look beugen sich gemeinsam über einen Laptop-Computer
    In einer Online-Befragung wurden 1.000 Gründer für die Studie befragt. (imago / McPHOTO)
    Sascha Schubert aus Berlin ist 42 Jahre alt und Start-up-Gründer - einer von 1.000, die im Rahmen der Studie Deutscher Startup Monitor befragt wurden. Sacha Schubert ist ein typischer Gründer, denn fast die Hälfte der Befragten haben bereits mehr als ein Unternehmen gegründet, in seinem Fall waren es zwei Vereine und drei Unternehmen:
    "Das eine war aus der Immobilienbranche eine Hausverwaltung, das zweite ein soziales Netzwerk für Frauen und das dritte war Spendino, ein Dienstleister für Non-Profit-Organisationen, der eine Software für Spender und Vereinsverwaltung als 'Software as a Service' gemacht hat, also im Netz."
    Zur Zeit ist Sascha Schubert in keinem der Unternehmen mehr aktiv. Spendino wurde vor Kurzem verkauft und das soziale Netzwerk für Frauen scheiterte. Auch das ist typisch. Ein Drittel der Startup-Gründer haben ein zuvor gegründetes Startup eingestellt, aus unterschiedlichen Gründen. Misserfolg gehört für Sascha Schubert zum Gründen:
    "In der Rückschau empfindet man das nicht als Unfall, sondern als Teil eines ökonomischen Forschungsprozesses, und wenn man das mal hinter sich hat, dann merkt man auch, dass die Welt nicht untergeht, dann wird man das nicht als Scheitern verstehen, sondern sagen, eigentlich habe ich dabei so viel gelernt, dass ich für die Zukunft besser damit umgehen kann, und dann natürlich auch wieder was Neues anfangen."
    Venture-Capital-Gesetz
    40.000 Euro eigenes Kapital hat Sascha Schubert verloren. Wenn ein Start-up scheitert, haben aber vor allem die Risikokapitalgeber das Nachsehen. Im Erfolgsfall machen sie natürlich auch die größten Gewinne, sagt Florian Nöll, der Vorsitzende des Bundesverbands Deutsche Startups. Er wünscht sich aber trotzdem bessere steuerliche Bedingungen für die Geber von Venture-Kapital, also Wagniskapital. Im von der Bundesregierung im Koalitionsvertrag angekündigten Venture-Capital-Gesetz sollten Investitionen steuerlich attraktiver und Verluste abrechnungsfähig werden, so Nöll:
    "Was die Bundesregierung gemacht hat, ist, dass sie in erster Linie eigenes Kapital in die Hand genommen hat, die KfW beispielsweise wird wieder in Wagniskapital investieren, das ist sehr begrüßenswert. Was bislang zu kurz kommt, ist die Mobilisierung von privatem Kapital, das ist das, was andere Länder, die USA vorneweg ganz stark macht in diesem Bereich. Und hier brauchen wir dringend steuerliche Anreize für private Investoren auch in Deutschland."
    Gemeint sind hier vor allem die sogenannten Business Angel. Das sind private Geldgeber, oft selber ehemalige Gründer, die Geld und Know-how weitergeben, Teil der Unternehmensgeschichte sein und möglichst am Ende auch Rendite erzielen wollen. Jedes dritte Start-up wird auf diese Weise finanziert. Im versprochenen Gesetz sollen sie deshalb steuerlich bessergestellt werden. Unter anderem soll der Zuschuss für Wagniskapital-Investitionen in junge, innovative Unternehmen ab 2016 verdoppelt werden, heißt es in einem am Mittwoch im Kabinett beschlossenen Eckpunktepapier mit dem Titel "Deutschland braucht eine neue Gründerzeit".
    Wirtschaftliche Bedeutung von Start-ups
    Denn die wirtschaftliche Bedeutung des Start-ups ist inzwischen unbestritten, das belegen auch die Zahlen des Start-up-Monitors: Deutsche Start-ups schaffen im Durchschnitt knapp 18 Arbeitsplätze, in Berlin sogar 28. Im nächsten Jahr werden voraussichtlich fast 50.000 neue Stellen in der Start-up-Szene entstehen. Auch Sascha Schubert denkt bereits wieder über eine neue Gründung nach.
    "Jetzt passieren ja viele Dinge im Umfeld von Flüchtlingen und da spreche ich mit ein paar Leuten, ob man nicht im Bereich Wohnen, Arbeiten und Sprache irgendeine Sache macht, wo man Flüchtlinge besser integrieren kann."
    Einmal Gründer, immer Gründer, auch wenn es schiefgeht. Mehr als 80 Prozent aller Start-up-Gründer würden auch nach der Aufgabe ihrer aktuellen Unternehmung weiterhin selbstständig bleiben wollen.