Mittwoch, 01. Mai 2024

Tod mit 81 Jahren
Steinmeier ordnet Staatsakt für verstorbenen Wolfgang Schäuble an

Zum Gedenken an den verstorbenen CDU-Politiker Wolfgang Schäuble hat Bundespräsident Steinmeier einen Staatsakt angeordnet. Steinmeier bezeichnete den früheren Bundestagspräsidenten als Glücksfall für die deutsche Geschichte. Dieser war gestern Abend im Alter von 81 Jahren gestorben.

31.12.2023
    Wolfgang Schäuble (CDU), spricht bei der Festveranstaltung aus Anlass seiner 50 Jährigen Zugehörigkeit zum Deutschen Bundestag.
    Über Jahrzehnte hinweg hat der CDU-Politiker Wolfgang Schäuble die deutsche Politik aktiv mitgestaltet. Nun ist er im Alter von 81 Jahren gestorben. (picture alliance/dpa/Michael Kappeler)
    Nach Angaben des Bundespräsidialamts steht der Termin für den Staatsakt noch nicht fest. In den Regierungen von Helmut Kohl und Angela Merkel gehörte Schäuble mehrmals dem Kabinett an, unter anderem als Chef des Kanzleramtes, als Finanz- und Innenminister.
    Bundespräsident Steinmeier würdigte ihn als herausragenden Staatsmann. In einem Kondolenzschreiben an Schäubles Witwe heißt es, man habe einen großartigen Menschen und leidenschaftlichen Politiker verloren, der Historisches für Deutschland erreicht habe.

    "Scharfer Denker" und "engster Ratgeber"

    Bundeskanzler Scholz würdigte Schäuble im Kurznachrichtendienst X als scharfen Denker, leidenschaftlichen Politiker und streitbaren Demokraten. Er habe das Land mehr als ein halbes Jahrhundert geprägt. CDU-Chef Merz schrieb, er verliere den engsten Freund und Ratgeber, den er in der Politik je gehabt habe. Finanzminister und FDP-Chef Lindner würdigte Schäuble als Staatsmann, der sein ganzes Leben mit Integrität und Disziplin in den Dienst des Landes gestellt habe.
    Vizekanzler Habeck von den Grünen äußerte Bewunderung darüber, wie Schäuble nach dem Attentat alle Kraft aufgebracht und sein Leben voller Energie gelebt habe. Schäuble sei in den vergangenen Jahren zum Gewissen der Konservativen und seiner Partei geworden. Seit dem Attentat eines psychisch kranken Mannes im Jahr 1990 war Schäuble auf einen Rollstuhl angewiesen.
    Der CDU-Vorsitzende Merz sagte im Deutschlandfunk, Schäuble sei ein herausragender Politiker gewesen, für den Pflichtbewusstsein und die Loyalität zum Staat immer an erster Stelle gestanden habe. Der frühere CDU-Politiker de Maizière bezeichnete Schäuble im DLF als wichtigen Zuhörer und Ratgeber. Der ehemalige CSU-Vorsitzende und Bundesfinanzminister Waigel sagte im Deutschlandfunk, Schäuble hätte das Zeug zum Kanzler gehabt.

    Würdigungen aus dem Ausland

    EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen bezeichnete Schäubles Tod als "schweren Verlust für Deutschland und Europa". Er habe durch seine Taten und sein Vorbild wie kaum ein anderer die bundesdeutsche Demokratie geprägt.
    Der französische Staatspräsident Macron nannte Schäuble einen Freund Frankreichs, der die Beziehungen zwischen beiden Ländern gefestigt habe. Finanzminister Le Maire würdigte ihn als zuverlässigen und loyalen Partner, über dessen Tod er zutiefst betrübt sei.
    Auch die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Lagarde, würdigte Schäuble. Der frühere Bundesfinanzminister sei einer der einflussreichsten europäischen Politiker seiner Generation gewesen, schrieb Lagarde auf X. Im Interview mit "Zeit online" bezeichnete sie ihn als "Fels in der Brandung". Schäuble sei ein wirklich überzeugter Europäer gewesen, der seinem Land mit seinem immensen Talent und seiner beeindruckenden Kraft gedient habe. Lagarde war bis 2011 französische Finanzministerin und wurde später Direktorin des Internationalen Währungsfonds.

    Wiedervereinigung und "Schwarze Null"

    Schäuble wurde am 18. September 1942 in Freiburg geboren. In die CDU trat der Jurist 1965 ein. 1972 errang er erstmals ein Mandat für den Bundestag, dem er ohne Unterbrechung bis zu seinem Tod angehörte.
    Jahrzehntelang bekleidete Schäuble hohe politische Ämter in der Bundesrepublik. Kanzler Kohl machte ihn 1984 zum Chef des Bundeskanzleramtes und Bundesminister für besondere Aufgaben, von 1989 bis 1991 dann zum Bundesinnenminister. Schäuble handelt nach dem Mauerfall in der DDR den Einigungsvertrag mit aus und gehört damit zu den Architekten der Wiedervereinigung.
    1998 wurde er CDU-Vorsitzender, im Jahr 2000 trat er im Zuge der Affäre um illegale Parteispenden zurück. 2005 war er im Kabinett der damaligen Bundeskanzlerin Merkel Innenminister, vier Jahre später wurde er Finanzminister. Das Amt hatte er zwei Wahlperioden inne und setzte in dieser Zeit die "schwarze Null" durch, also einen Bundeshaushalt ohne neue Schulden.

    Politik bis zuletzt

    Nach der Bundestagswahl 2017 wurde Schäuble als Nachfolger von Norbert Lammert zum Bundestagspräsidenten gewählt, das ist das zweithöchste Amt im Staat. Nachdem die CDU die Bundestagswahl 2021 verloren hatte, zog er sich aus den Führungsgremien der Partei zurück. Zuletzt war er einfacher Abgeordneter und Alterspräsident.
    Für sein politisches Engagement wurde Schäuble mit zahlreichen Preisen und Auszeichnungen geehrt, darunter das Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland und der Konrad-Adenauer-Friedenspreis.

    Hör- und Lese-Tipps

    Ein Interview mit Wolfgang Schäuble über die Bedeutung einer freiheitlichen Verfassung und die Demokratie an sich hören Sie hier. Darin forderte der Politiker zum 175. Geburtstages einer deutschen Verfassung im Mai dieses Jahres, die freiheitlich-demokratische Gesellschaft immer wieder zu verteidigen.
    Eine Würdigung des Klima-Engagements der Organisation Fridays for Future gab der CDU-Politiker noch im August im Deutschlanfunk Kultur ab.
    Einen ausführlichen Nachruf finden Sie hier.
    Diese Nachricht wurde am 27.12.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.