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Stéphan Oliva, Piano Solo

Es sei vermutlich das beste Klavier gewesen, an dem er je gespielt habe, lautete das Fazit von Stéphan Oliva nach seinem Konzert in Düsseldorf. Und er fügte gleich hinzu, "Ich werde wohl die nächsten fünf Jahre damit verbringen, mich nach diesem Instrument zu sehnen." Der 46-Jährige hat eine langjährige Erfahrung mit der schwierigen Rolle des unbegleiteten Solisten; zudem erntete er für seine neue Quintett-CD "Itinéraire Imaginaire" viel Kritikerlob.

    Zwei Soloalben hat der in Paris lebende Jazzpianist bisher veröffentlicht. "Cinema(s)" bringt faszinierende Neubearbeitungen großer Soundtracks aus Filmen von Polanski, Hitchcock, Fellini, Godard und Wenders. Das zweite Werk "Coincidences" mit achtzehn Improvisationen über Fluchtmotive aus Romanen von Paul Auster entstand letzten Sommer in Südfrankreich. Zwischen den Planeten Jazz, Kino und moderner Literatur bewegt sich seit jeher Olivas musikalischer Kosmos. Zu dessen Höhepunkten zählt eine wundervolle, zehnminütige Improvisation über Themen aus dem Hitchcock-Film "Vertigo", für den Bernard Herrmann seinerzeit die Tonspur komponierte. In anderen Stücken zollt Oliva dem legendären Jazzpianisten Lennie Tristano seinen Tribut. Balladen wie "La Traversée" enthüllen das, was Handke einmal treffend und enigmatisch zugleich als "die Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt" beschrieb: jene besondere Melancholie, imaginäre Welten und virtuose Spiele mit dem Zufall, die einen der großen Pianisten der aktuellen europäischen Szene auszeichnen.

    Aufnahme des Konzerts im Steinway-Haus Heinersdorff, Düsseldorf, vom 15. Dezember 2005