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Sterben für den Handy-Boom

Es kommt nicht täglich vor, dass in den USA Regierung, Computer-Industrie und Greenpeace an einem Strang ziehen, wenn es darum geht, eine bedrohte Pflanzen- oder Tierart zu retten - besonders dann nicht, wenn die Gewinnung eines Metalls auf dem Spiel steht, das man zur Fertigung von High-Tech-Bauteilen dringend braucht. Und hier geht es um Coltan, kurz für Colombo-Tantalit, ein seltenes Erz, aus dem das in der Elektronik und Raumfahrtindustrie wichtige Edelmetall Tantalum gewonnen wird. Auch digitale Kameras, Handys und andere Kleingeräte enthalten es. Das Washingtoner Pentagon hat Tantalum wegen seiner hervorragenden Leitfähigkeit für Hitze als strategisches Metall eingestuft. Ein großer Prozentsatz davon kommt aus dem Kongo - und dort führte Coltan wegen seines beträchtlichen Wertes zu einer Katastrophe.

von Armin Amler |
    15.000 Bauer, arbeitslose Jugendliche, ungelernte Arbeiter sind in ein Gebiet eingedrungen und haben begonnen, in völlig unkontrollierter Weise nach dem Material zu graben. sie leben von dem, was sie in der Umgebung finden - sie töten viele von den Berggorillas, Elefanten und Antilopen, die dort leben.

    Das war Greg Cummings, Mitarbeiter des Dian Fossey-Umwelt-Fonds, der sich dafür einsetzt, diese Tiere zu retten. Die Anthropologin Dian Fossey war 1987 durch einen Kinohit, mit Sigourney Weaver weltweit bekannt geworden - der Film hieß "Gorillas in the Mist". Seine Organisation steht nicht allein da. In Deutschland hat schon vor einiger Zeit der Verein "Rettet den Regenwald e. V." an die Bayer AG appelliert, sich für die Rettung der anerkannten Naturreservate einzusetzen, die in den Kriegswirren von nahezu sämtlichen Parteien rücksichtslos ausgeplündert werden. So dramatisch hat sich die Situation in der Coltan-Mine verschlimmert, dass es gelang, die Hilfe einer großen Zahl weiterer Organisationen sowie der Handy-Hersteller Motorola und Nokia zu bekommen - auch, wenn ein Ausfall der Lieferungen aus dem Kongo eine wesentliche Preiserhöhung für das seltene Metall verursachen wird.

    Ich glaube nicht, dass es denen klar war, dass ihre Produktion das Leben der Menschenaffen gefährdete. Beide Unternehmen haben in schriftlichen Erklärungen die Unterstützung für unsere Kampagne ausgedrückt.

    Nokia teilte mit, man habe den Zulieferfirmen mitgeteilt, sie sollten die Situation im einzelnen verfolgen und Tantalum-Käufe im Kongo vermeiden. Motorola ging noch einen Schritt weiter und verlangt nunmehr eine schriftliche Garantie, dass illegal in Afrika abgebautes Tantalum nicht zur Herstellung elektronischer Komponenten für Motorola benutzt wird. Samsung und Ericson haben bisher noch nicht reagiert. Aber in letzter Zeit, vor allem, seit die Rohstoffpreise für das Edelmetall rapide stiegen, hat man sich für die Situation in anderen Ländern interessiert: Kanada, Brasilien, Thailand, Malaysia und Australien kommen dafür in Betracht. Bereits vor einiger Zeit war Bill Gates von Microsoft im Kongo gewesen, und hatte sich persönlich um das Schicksal der Naturschutzgebiete und der Gorillas gekümmert. Er kehrte in die USA zurück und unterstützte mehrere Umwelt-Organisationen mit ansehnlichen Geldbeträgen. Dazu gehörte auch der Fossey-Fond, dessen Sprecher Greg Cummings sich heute erinnert:

    Damals wettete Gates, dass die Gorillas keine zehn Jahre überleben würden. Was für eine Ironie des Schicksals, das seine Industrie jetzt für ihr Aussterben verantwortlich ist.

    Cummings ist nicht feindlich gegenüber der High-Tech-Industrie eingestellt - er will nur weltweit an die Industriellen und auch an die Konsumenten appellieren, durch ihr Verhalten zu zeigen, dass sich die Einstellung der Öffentlichkeit gegenüber Bemühungen zur Rettung der Umwelt in positiver Weise geändert hat. Es ist so, sagte er, in gewisser Weise mit der Thunfisch-Situation zu vergleichen, bei deren Umfang mit großen Netzen immer wieder auch Delphine zu Tode gekommen sind. Dort haben groß angelegte Kampagnen genützt.

    Und wenn man Delphin-freundliches Thunfisch-Fleisch haben kann, dann sollte Gorilla-freundliches Tantalum nicht zu den Unmöglichkeiten gehören.