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Sternenblick vom Jumbo-Jet

Astronomie.- Astronomen beobachten das Weltall zumeist im Bereich des sichtbaren Lichts, das auch unsere Augen wahrnehmen. Doch aus dem All kommen auch Ultraviolett-, Röntgen-, Radio- und Infrarotstrahlung zu uns. Die Infrarot- oder Wärmestrahlung hat es den Forschern besonders angetan.

Von Dirk Lorenzen | 07.06.2010
    Astronomen bauen ihre Teleskope auf hohen Bergen, sie schicken sie mit Satelliten hinaus ins All – oder sie setzen sie in einen umgebauten Jumbo-Jet, wie es bei Sofia der Fall ist, dem Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie:

    Man habe gerade die ersten Bilder mit dem Zweieinhalb-Meter-Teleskop von Sofia in elf Kilometern Flughöhe gemacht, freut sich Eric Becklin. Der Astronom von der Universität von Kalifornien in Los Angeles ist Nasa-Chefberater für Sofia. Das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR gelieferte Teleskop ist im Heck des Flugzeugs eingebaut. Weil der Wasserdampf in der Atmosphäre die Infrarotstrahlung verschluckt, müssen die Astronomen das Teleskop in große Höhe bringen. Während des Fluges öffnet sich eine Klappe und gibt den Blick frei an den Infrarot-Himmel.

    "Die Infrarotstrahlung liefert uns enorm viele Informationen über die Vorgänge im Kosmos. So sehen wir, was im Innern von Galaxien wie unserer Milchstraße passiert. Wir beobachten Sterne, die gerade entstehen oder Sterne kurz vor dem Lebensende, die viel Material in den Weltraum pusten. Zudem zeigen unsere Instrumente, welche chemischen Stoffe im All vorkommen. Viele Objekte, die wir beobachten, sind im sichtbaren Licht oder im Röntgen- oder Radiobereich nicht zu erkennen – die sehen wir nur im Infraroten."

    Die Astronomen in den USA und in Deutschland sind froh, dass nach 25 Jahren nervenaufreibender Planung Sofia endlich fliegt. Zwischenzeitlich hatte die Nasa aus finanziellen Gründen sogar einen Abbruch des Projekts erwogen, musste dann aber auf die vertraglichen Verpflichtungen gegenüber Deutschland Rücksicht nehmen – zum Glück für die Astronomen:

    "Sofia soll jetzt 20 Jahre lang im Einsatz sein und den Himmel im Infrarotbereich so umfassend und genau wie nie zuvor beobachten. Zwar gibt es bereits einige Infrarot-Satelliten im All. Aber die leben stets nur wenige Jahre und sind sehr teuer. Wir können Sofia ständig auf den neuesten Stand bringen und Jahr für Jahr noch empfindlichere Kameras und Messgeräte an das Teleskop anschließen. Das geht bei Satelliten nicht."

    Mit Sofia beginnt für die Infrarotastronomie fast ein goldenes Zeitalter. Eric Becklin, Jahrgang 1940 und ein Grandseigneur der Disziplin, hat auf diesen Durchbruch lange gewartet:

    "Als Student hatte ich das Glück, im Orionnebel einen der ersten Sterne zu entdecken, die wir gerade im Moment des Entstehens beobachten. Allerdings haben wir seitdem über dieses Objekt kaum mehr gelernt, weil wir nicht die geeigneten Infrarot-Instrumente hatten. Jetzt warte ich sehnsüchtig darauf, mit Sofia diesen Nebel im Orion anzusehen, in dem extrem massereiche Sterne entstehen und der zu den interessantesten Gebieten in unserer Milchstraße gehört."

    Nach weiteren Tests beginnt spätestens Ende des Jahres der Routinebetrieb: Sofia wird etwa 100 Mal pro Jahr fliegen und jeweils acht Stunden lang den Himmel beobachten. Dann endlich wird auch Eric Becklin mit dem neuen Teleskop in die bisher verborgenen Bereiche des Orion-Nebels eintauchen.