Donnerstag, 02. Mai 2024

Archiv


Steuergelder auch für private Kitas?

Bis 2013 soll es für jedes dritte Kind unter drei Jahren die Möglichkeit geben, in einer Kindertagesstätte betreut zu werden. Das sind die Pläne der Bundesregierung. Strittig ist die Frage, ob auch private Einrichtungen und Tagesmütter in den Genuss staatlicher Förderung kommen sollen. Kritiker befürchten, dass das Interesse privater Anbieter vor allem den Wohlhabenden gelten könnte.

Von Melanie Hinter und Friederike Schultz | 29.04.2008
    "Musst du Pipi oder groß?"
    "Nur Pipi!"
    "Okay!"

    Vor dem Mittagessen müssen in der Kindergruppe "Die kleinen Raupen" noch die wirklich wichtigen Fragen geklärt werden. 20 Kinder im Alter von vier Jahren sitzen in Sechser-Gruppen an runden Tischen, die beiden Erzieherinnen verteilen Tee in bunten Plastikbechern. In der privaten Kindertagesstätte "Die Mini-Mäuse" werden insgesamt rund 220 Kinder betreut - die Altersspanne reicht von ein paar Monaten bis zu fünf Jahren. Der Schwerpunkt liegt im Bereich unter drei Jahren – im Fachjargon "U-Drei".

    Zwölf Stunden lang ist die Kita geöffnet, ab morgens um sieben Uhr ist Einlass, abends um 19 Uhr ist Schluss. Das Haus liegt im einstigen Bonner Diplomatenviertel – gegenüber der Deutschen Welle, in unmittelbarer Nähe der Zentrale der Post, und auch die Büros der Telekom-Zentrale sind nicht weit. Vor fünf Jahren öffnete die Einrichtung ihre Pforten. Zunächst war sie nur für etwa 50 Kinder geplant. Doch nach kürzester Zeit war der Leiterin Susanne Huke klar: Wir brauchen größere Räumlichkeiten, verzweifelte Eltern standen vor ihrem Büro Schlange:

    "Ich glaube, wir waren damals acht oder zehn Leute. Wir haben uns auf fünf Gruppen eingestellt. Und in kürzester Zeit war es eben gerade dieser U-Drei-Bereich, der abgedeckt werden musste: Weil eben Mamas, die studiert hatten und sich gerade in den größeren Unternehmen hier ihre Posten eben erarbeitet hatten, dort aber nicht in Elternzeit gehen wollten. Und auf einmal ist der Posten nicht mehr zur Verfügung, wenn ich zurückkomme, nach einem oder drei Jahren - dass sie wirklich hier gefragt haben: Machen Sie das?"

    Mittlerweile arbeiten hier 46 Betreuerinnen an zwei Standorten. Die Gruppen sind nach Jahrgängen aufgeteilt, bei den kleinsten kümmern sich zwei Erzieherinnen um sechs Babys. Für die größeren gibt es ein abwechslungsreiches Tagesprogramm, berichtet Claudia Lahrs, die gerade ihr Auto vor der Tür geparkt hat, um ihren Sohn abzuholen.

    "Die Kinder haben Englisch, sie haben Sport, mein Sohn hat jetzt schon Yoga. Sie machen musikalische Früherziehung, also ist immer irgendwas geboten."

    Eine solche Betreuung für knapp 60 Stunden in der Woche hat ihren Preis: 900 Euro zahlen Eltern für ein Kind in Vollzeit-Betreuung. Bei vielen Eltern geht deshalb ein Gehalt nur für den Kita-Platz drauf, berichtet Matthias Gruber, der seine anderthalbjährige Tochter an der Hand die Treppe zum Ausgang hinunterführt:

    "Im Moment gehe ich eigentlich nur für diesen Kindergarten arbeiten. Ich habe eine Halbtags-Stelle. Das Geld, das ich verdiene, geht für diesen Kindergarten drauf. Aber das ist für diese anderthalb Jahre, damit ich nicht sagen muss: Ich hatte anderthalb Jahre Pause im Berufsleben. Deswegen halte ich es durch."

    Denn in Bonn bleibt Eltern bis heute kaum eine andere Wahl, wenn sie für ihre Jüngsten schon vor dem dritten Geburtstag einen Kindergartenplatz suchen. Lediglich für jedes fünfte Kind in dieser Altersgruppe gibt es einen Platz in einer gemeinnützigen, also städtischen oder kirchlichen, Einrichtung. Dort zahlen Eltern maximal 300 Euro im Monat für ein Vollzeit-Angebot. Doch wie so viele andere hatte sich Matthias Gruber jahrelang vergeblich darum bemüht.

    "Ich habe für meinen Sohn und für meine Tochter keinen Platz bekommen an einem staatlichen Kindergarten Unter-Drei. Bei meinem Sohn habe ich Glück gehabt: Der ist in einem katholischen Kindergarten, und da ist er kurz vor seinem dritten Geburtstag rein gekommen. Und das war auch so ein wackeliges Spiel. Deswegen habe ich meine Tochter hier in einem privaten."

    Wie Familie Gruber geht es vielen Eltern, vor allem in Westdeutschland. Denn dort gibt es lediglich für 10 Prozent der unter Dreijährigen einen Betreuungsplatz.
    Das wird sich nach den Plänen der Großen Koalition jetzt ändern. Bis 2013 soll es für jedes dritte Kind unter drei Jahren die Möglichkeit geben, in einer Kindertagesstätte betreut zu werden. Zwölf Milliarden Euro wollen Bund, Länder und Gemeinden in den kommenden sechs Jahren dafür investieren. Geld, das Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen von der CDU schon sicher hat. Im Gegensatz zu anderen zusätzlichen Ausgaben für Familien, über die es derzeit Streit mit Bundesfinanzminister Steinbrück gibt.

    "Heute ist es ja so, dass man mit kleinen Kindern auf eine ellenlange Warteliste gesetzt wird, oder es gibt gar kein Angebot, und die Eltern gucken in die Röhre. Mir ist es deshalb wichtig, dass wir die Vielfalt der Angebote erhöhen: Das geht von der Betriebskita bis zur Förderung der Tagesmütter."

    Um genau diese Vielfalt zu erreichen, plant die Familienministerin, dass auch private Kindertagesstätten in den Genuss staatlicher Förderung kommen sollen. Der Entwurf des Kinderförderungsgesetzes sieht vor, dass gewinnorientierte Betreiber genauso öffentlich gefördert werden wie gemeinnützige. Morgen soll das Gesetz von Familienministerin von der Leyen im Kabinett verabschiedet werden. Doch es gibt Vorbehalte: Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Christel Humme, sieht gar sozialdemokratische Werte in Gefahr.

    "Unser Ziel ist: Bildung von Anfang an, Bildung als öffentliches Gut, jedes Kind gleich zu fördern, keine Ausgrenzung vorzunehmen und vor allem auch langfristig Bildung beitragsfrei zu stellen. Wenn wir eine öffentliche Förderung privatgewerblicher, gewinnorientierter Einrichtungen vornehmen, würden wir diesem Ziel genau entgegenlaufen. Denn Gewinne lassen sich nur über höhere Beiträge erzielen, und genau das ist nicht unser langfristiger Weg. Die SPD möchte gerne jedes Kind gleichermaßen fördern."

    Die Skepsis der SPD-Politikerin wird auch von dem britischen Pädagogen Peter Moss geteilt. In einem Gutachten für die Bertelsmann-Stiftung beschäftigt er sich mit den Erfahrungen, die Australien und Großbritannien mit kommerziellen Anbietern von Kinderbetreuung gemacht haben. Sein Ergebnis ist eine kritische Abrechnung mit einer marktwirtschaftlich organisierten Kinderbetreuung.

    Denn ein Markt funktioniere nur, wenn Verbraucher informiert sind und zwischen mehreren Produkten wählen können. Schon daran mangele es bei der Kinderbetreuung. Eine Kita wechsele man nicht einfach. Zudem könnten viele Eltern die Qualität einer Betreuungseinrichtung nicht beurteilen, argumentiert Moss.

    Auch die Wohlfahrtsverbände, die einen Großteil der Krippen und Kindergärten betreiben, kritisieren den Plan. Die Arbeiterwohlfahrt befürchtet, wenn die Förderung nicht mehr an die Gemeinnützigkeit gekoppelt werde, hätten insbesondere Besserverdienende Vorteile. Dem widerspricht der Familienexperte der Unionsfraktion, Johannes Singhammer.

    "Jetzt ist es ja schon möglich, wenn jemand über ein hohes Einkommen verfügt, dann kann er sich die private Kindererziehung erlauben. Er kann sie sich letztlich auch zu Hause erlauben, wenn er die entsprechenden Barmittel hat. Also jetzt daraus die Befürchtung abzuleiten, dass ein Zwei-Klassensystem der Kindererziehung entstehen würde - die einen vielleicht Kinder von reichen Eltern, mit einer qualitativ sehr hochwertigen und mit einem günstigen Personalschlüssel versehenen Kinderbetreuung, und die anderen, der große Rest, mit einem weniger guten Personalschlüssel - das glaube ich nicht."

    Ganz anders sieht das die Sozialdemokratin Christel Humme:

    "Es geht nicht darum, dass privat-gewerbliche verhindert werden. Es geht darum, ob es öffentliche Gelder geben soll, die private, gewinnorientierte Einrichtungen unterstützen. Und genau da haben wir eine unterschiedliche Auffassung. Und ich sehe nicht ein, warum wir mit öffentlichen Geldern Einrichtungen unterstützen, die dann letztendlich Rosinenpickerei betreiben, sprich: sich die reichen Kinder an Land ziehen, weil sie da höhere Beiträge erwarten können."

    Die Caritas, die in knapp 10.000 Einrichtungen bundesweit rund 600.000 Kinder betreut, findet es grundsätzlich in Ordnung, die Kindertagesbetreuung auch in die Hände von privaten Anbietern zu geben. Doch Claudia Beck vom Deutschen Caritasverband hat klare Vorstellungen über die Ausgestaltung.

    "Wir gehen davon aus, dass - wenn der Ausbau der Kindertagesstättenbetreuung in dem Maße kommt wie es von dem Ministerium vorgeschlagen ist - dann die Standards und die Anforderungen an die Qualität für alle Beteiligten die gleichen sein müssen, um sicherzustellen, dass - unabhängig wohin man sein Kind dann bringt - es eine gute Betreuung und Begleitung im Alltag hat."

    Der Pädagoge Moss ging in seiner Studie auch der Frage nach, welche Regionen von der Stärkung kommerzieller Anbieter profitierten. Er kommt dabei zu einem niederschmetternden Ergebnis, dass die Kritiker der Familienministerin bestätigt: In den Niederlanden, wo die Kommerzialisierung im Jahr 2005 begann, stellten Forscher schon zwei Jahre später fest, dass die Verfügbarkeit von Kinderbetreuung in Regionen mit hoher Kaufkraft stieg. In ländlichen Regionen ging sie dagegen eher zurück. Das deutet nach der Aussage von Moss darauf hin, dass das Interesse der neuen Anbieter vor allem den Wohlhabenden gelten könnte.

    Während die Pläne der Familienministerin beim Koalitionspartner auf Kritik stoßen, bekommen sie Zustimmung von der Opposition. Wie zum Beispiel von der Familienexpertin der FDP, Miriam Gruß.

    "Ich begrüße das sehr, denn wir haben einen enormen Bedarf an Betreuungsplätzen. Es wird auch nicht reichen, nur die staatlichen Plätze auszuweiten. Wir brauchen die privaten und privat-gewerblichen Anbieter. Insgesamt ist es mir aber wichtig, dass wir Qualitätsstandards haben, die natürlich gelten. Denn keine Mutter, kein Vater, möchte sein Kind irgendwo verwahrt haben, sondern möchte wissen, dass es dem Kind da richtig gut geht."

    Die Qualität der Betreuung wird nach Ansicht von Miriam Gruß unter der Öffnung keineswegs leiden. Ganz im Gegenteil – das staatliche Angebot brauche dringend Qualitätswettbewerb.

    "Das ist ein Streit, der in Deutschland grundsätzlich besteht: Man hat immer Angst vor den Privaten und glaubt, der Staat kann alles besser. Ich bin nicht davon überzeugt, dass es nur der Staat richten kann, dass nur der Staat unsere Kinder bestens versorgen und vorsorgen kann: Sondern es können natürlich auch die Privaten, die mit ganz neuen, vielleicht innovativeren Rezepten auf den Markt kommen. Und der Wettbewerb wird zu mehr Qualität führen, davon bin ich zutiefst überzeugt."

    Derzeit sind nur elf Prozent aller Kinderbetreuungs-einrichtungen für unter Dreijährige in privat-gewerblicher Hand, zum Beispiel als Betriebskrippen. Die ehemalige sozialdemokratische Familienministerin Renate Schmidt hatte bereits dafür gesorgt, dass die Länder private Träger fördern dürfen. Mit guten Erfahrungen, wie der Familien-Experte der Unionsfraktion, Johannes Singhammer anführt.

    "Die Union hat sich positiv dazu geäußert. Vor allem aus dem Grund heraus, dass wir das Ziel der Verdreifachung der Kinderbetreuungsplätze erreichen wollen. Wir sehen auf der anderen Seite, dass einige Bundesländer bereits jetzt eine Öffnung praktizieren. Das heißt, dass nicht nur gemeinnützige Organisationen traditionell Kinderbetreuung durchführen, sondern - beispielsweise in Bayern - mit einer strikten Qualitätskontrolle, mit einer fachlichen Aufsicht, mit einer rechtlichen Aufsicht, Kinder betreuen können. Insofern ist hier ein Zustand, über den jetzt diskutiert werden soll, schon bei den Ländern gegeben."

    Anders als in Bayern hat die CDU-geführte Landesregierung in Nordrhein-Westfalen eigene Pläne. Ende vergangenen Jahres hat sie das "Kinderbildungsgesetz", kurz "Kibiz", auf den Weg gebracht. Dabei wurde auch die Frage diskutiert, ob man private Einrichtungen mit staatlichen Geldern fördern solle. Die Antwort lautete "Nein". Die CDU-Abgeordnete Andrea Milz, die dem Familien-Ausschuss im Landtag vorsteht, erklärt den Grund:

    "Wir haben festgestellt, dass bei uns die Trägerlandschaft so funktioniert, wie sie ist. Wir haben eine gute Infrastruktur, wo seit Jahrzehnten wirklich Verlass ist auf Kirchen, auf Elterninitiativen, auf kommunale Träger, auf AWO oder Caritas. Da gibt es im Moment keine Lücke. Ich habe also nirgendwo in Nordrhein-Westfalen ein Beispiel dafür, dass der Rechtsanspruch nicht erfüllt werden kann, weil es keinen Träger gibt. Und ich mache mir nicht gern freiwillig die Strukturen kaputt, die funktionieren."

    Allerdings galt auch der bisherige Rechtsanspruch erst für Kinder über drei Jahren. Doch das soll sich mit "Kibiz" nun auch ändern. Danach haben ab 2010 bereits Zweijährige ein Anrecht auf einen Kita-Platz. Für Kinder unter drei Jahren soll es dann landesweit 75.000 Betreuungsplätze geben. Derzeit gibt es nur 16.000. Anfang des Jahres haben die Kommunen daher eine Bedarfsanalyse durchgeführt. Das Ergebnis: Landesweit werden bereits jetzt mehr als 40.000 Plätze gebraucht. Und die will die Regierung bis zum Herbst tatsächlich zur Verfügung stellen, obwohl sie zunächst nicht auf einen solchen Ansturm vorbereitet war, gibt Andrea Milz zu.

    "Das hat uns also selber überrascht, das war eine ganze Menge. Wir haben es geschafft, wirklich alle Plätze zu bedienen. Das waren also 44.000 Plätze für die Unter-Drei-Jährigen. Und dann gibt es ja in Nordrhein-Westfalen zusätzlich die Wahlmöglichkeit für die Eltern, drei verschiedene Betreuungszeiten zu wählen: 25 Wochenstunden, 35 und 45. Hier hat sich gezeigt, dass Eltern zunehmend auf Ganztag setzen. Auch da gibt es Seiten des Landes keine Einschränkungen. Es wird akzeptiert, was immer Eltern buchen wollen."

    Klingt gut, hat jedoch nach Einschätzung der Erzieher-Gewerkschaft, zahlreicher Träger und der Opposition viele Haken. Hauptkritikpunkt: Das Land gebe zwar eine Milliarde an Fördergeldern hinzu, der Rest bleibe jedoch bei den Eltern und den Kommunen hängen. Sei das Einkommen der Eltern zu niedrig, müssten die Städte und Gemeinden das Defizit ausgleichen. Doch da zahlreiche Kommunen im Land bereits ihre Ausgaben über einen Nothaushalt finanzierten, werde es künftig erhebliche Unterschiede in der Qualität der Betreuung geben - je nachdem, wo man wohne, meint Wolfgang Jörg, der familienpolitische Sprecher der SPD-Fraktion.

    "Für mich ist es ein Spar- und Verwahrgesetz. Die Landesregierung entzieht sich ihrer Verantwortung, den Kindern bestmögliche Rahmenbedingungen zu bieten, überlässt es den Kommunen, und da wird nach Kassenlage entschieden. Das wird den Kindern in keinem Fall gerecht."

    Sein eigener Wahlkreis, die Stadt Hagen, schreibt - wie die meisten großen Städte im Land - seit Jahren rote Zahlen. In der ländlich geprägten Umgebung gebe es dagegen viele solvente Gemeinden, die bereits jetzt die Eltern deutlich entlasteten, berichtet Wolfgang Jörg:

    "Es gibt Kommunen, die jetzt schon sagen, das dritte Kindergartenjahr lassen wir völlig frei, da müssen die Eltern gar keinen Beitrag mehr bezahlen. Aber die Kommunen, die sich das finanziell nicht erlauben können, sind in der Regel diejenigen, die von der Sozialstruktur nicht so gut aufgestellt sind. Das heißt, da leben schon die Eltern, die sowieso weniger Geld haben. Aber wenn die noch einigermaßen normal arbeiten, werden die natürlich zusätzlich belastet. Eine unmögliche Situation.

    Der richtige Weg wäre, die Familien zu entlasten. Und gerade die, die ganz normal arbeiten und vielleicht nicht einen Superjob haben und mit 15.000 Euro im Monat nach Hause gehen, sondern die ganz normal arbeiten gehen, werden in Nordrhein-Westfalen besonders belastet."

    Die Stadt Bonn hat bereits ausgerechnet, dass das Kinderbildungsgesetz sie 2,5 Millionen Euro jährlich kosten wird. Trotz der knappen Haushaltslage hat man sich hier jedoch vorgenommen, die Kindergartengebühren für die Eltern nicht zu erhöhen, erläutert der Leiter des Jugendamts, Udo Stein:

    "Das ist ein Kraftakt für die Stadt Bonn, wir haben aber hier einen breiten Konsens in allen politischen Fraktionen im Stadtrat und der Verwaltung, dass der Bereich Kinderbetreuung eine hohe Priorität hat. Und deshalb ist unser kommunaler Haushalt so gestaltet, dass wir diese Plätze finanzieren können."

    Sätze, über die sich die Vorsitzende des Familien-Ausschusses im Landtag, Andrea Milz von der CDU, angesichts des Proteststurms gegen das neue Gesetz besonders freut. Sie ist überzeugt: Der Wettbewerb unter den Kommunen wird die Qualität der Betreuung langfristig verbessern.

    Ob die Rechnung aufgeht, wird sich allerdings erst erweisen, wenn das Gesetz ein paar Jahre lang in Kraft ist. Zunächst will die Landesregierung abwarten, wie es mit der Umsetzung von "Kibiz" klappt. Für den Fall, dass die gemeinnützigen Träger den Bedarf an Kita-Plätzen doch nicht decken können, will man sich auch die Option offen halten, auch gewerbliche Tagesstätten zu fördern, wie es Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen deutschlandweit plant.

    Ihr Gesetzentwurf sieht neben der Öffnung für gewerbliche Anbieter auch einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung für Ein- bis Dreijährige ab 2013 vor, sowie mehr öffentliche Hilfen für Tagesmütter. Da diese Ziele sowohl von CDU/CSU als auch von der SPD verfolgt werden, sieht der Unionspolitiker Singhammer wenig Probleme, innerhalb der Großen Koalition zu einem Kompromiss zu kommen.

    "Ich denke, wir werden auf alle Fälle eine Formulierung finden, die keine Abstriche an der Qualität möglich macht. Ansonsten sind die Zuständigkeiten des Bundes ohnehin geringer, als sie dargestellt werden. Die Diskussion geht im Kern darum: Kann der Bund, kann die Bundesregierung, kann der Bundestag in einem Bereich, wo er nur sehr eingeschränkte Zuständigkeit hat, denn überhaupt Regelungen treffen, und welche Wirkungen haben die dann? Fest steht: Bei der Kinderbetreuung haben die Länder die Zuständigkeit, und nicht der Bund. Und deshalb ist die Schärfe der Diskussion auch übertrieben."

    Die Eltern der privaten Bonner Kita "Mini-Mäuse" finden die Idee der Bundesfamilienministerin jedenfalls gut. Sie haben eine Petition an die Stadt Bonn und die Landesregierung verfasst, man möge sich doch bitte dafür entscheiden, auch private Kitas mit Staatsgeldern zu unterstützen. Sie hoffen, dass künftig vielleicht nicht mehr ein komplettes Gehalt für die Betreuung eines Kindes draufgeht, sondern nur noch die Hälfte.