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Stille Revolution in Brandenburg

Universitäten waren bislang die wichtigen Forschungseinrichtungen, die Fachhochschulen dagegen für die Praxis zuständig. Diese Trennung weicht langsam auf. So hat Brandenburg jetzt 15 zusätzliche Forschungsprofesssuren für seine 5 Fachhochschulen zur Verfügung gestellt. Dort wird mehr geforscht als anderswo.

Von Claudia van Laak |
    In Deutschland gab es bislang eine strikte Trennung zwischen Universitäten und Fachhochschulen, zum Teil auch Dünkel und Standesdenken. Die Unis waren die wichtigen Forschungseinrichtungen, die Fachhochschulen waren für die Praxis zuständig. Diese Trennung weicht langsam auf. Zum einen durch den Bologna-Prozess - Unis und Fachhochschulen bieten dieselben Abschlüsse an. In Sachsen gibt es Überlegungen, den Fachhochschulen ein Promotionsrecht zu geben. Und Brandenburg hat jetzt 15 zusätzliche Forschungsprofesssuren für seine 5 Fachhochschulen zur Verfügung gestellt.

    An Brandenburgs Fachhochschulen wird mehr geforscht als anderswo. Bei der Einwerbung von Drittmitteln liegt die FH Wildau bundesweit auf Platz 1, die FH Eberswalde auf Platz 2. Wissenschaftsministerin Johanna Wanka belohnt die Fachhochschulen jetzt für diese Anstrengungen - sie stellt ihnen 15 zusätzliche, zeitlich unbefristete Forschungsprofessuren zur Verfügung. Diese Wissenschaftler müssen nicht mehr 18, sondern nur noch 9 Stunden in der Woche unterrichten.

    " Ich finde, das ist auch eine gute Chance für junge Leute. Wenn jemand jung ist und Professor werden will, hat seine Promotion geschafft, dann gibt es bei jungen Leuten, die gerne forschen, die Hemmung, sich auf eine Fachhochschulprofessur zu bewerben,
    mit der Sorge, dass sie durch die viele Lehr gar nicht zum forschen kommen, die aber eigentlich sehr leistungsstark sind. "

    Die zusätzlichen Forschungsprofessuren an Fachhochschulen nützen auch der regionalen Wirtschaft, meint Johanna Wanka, die im Sommer für die CDU als Spitzenkandidatin in den Landtagswahlkampf zieht. Denn Brandenburg hat kaum Großunternehmen mit eigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilungen.

    " Wir haben eine kleinteilige Wirtschaftsstruktur. Die Unternehmen im Land, die kleinen, die haben keine eigene Forschungskapazitäten. Ich möchte, dass die Forschungskapazitäten, die wir an den Hochschulen haben, dass die natürlich für Grundlagenforschung wichtig sind, aber dass da auch direkt vor Ort, bei den Wirtschaftsunternehmen etwas ankommt, deswegen ist es ein Schwerpunkt meiner Wissenschaftspolitik, diese Anwendungsorientierung zu stärken. "

    Brandenburgs fünf Fachhochschulen freuen sich über das zusätzliche Personal. Die FH Eberswalde - spezialisiert auf grüne Themen - kann so die Zahl ihrer Professoren von 40 auf 44 erhöhen. Präsident Günther Vahrson:

    " Von daher ist das, was uns jetzt da angeboten wird, ein gewaltiger Impuls, ein gewaltiger Schritt nach vorne, weil uns diese Programme, die die Themenfelder Klimawandel, nachwachsende Rohstoffe, Bioenergie, aber auch kleine und mittlere Unternehmen vor Ort bedienen, damit mächtig anschieben. "

    Freude bei Brandenburgs Fachhochschulen, Grummeln bei den Universitäten. Denn das vor kurzem novellierte Landeshochschulgesetz ermöglicht neben Forschungsprofessuren an Fachhochschulen auch die Einrichtung von Lehrprofessuren an Unis. Die Universitäten - unterstützt von der linken Landtagsopposition - haben sich vergeblich gegen diesen Passus im Hochschulgesetz gewehrt. Peer Jürgens, hochschulpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Potsdamer Landtag:

    " Die Lehrprofessur ist schlecht aus wissenschaftspolitischer Sicht, weil damit die Einheit von Forschung und Lehre aufgehoben wird. Weil Einbahnstraßen in der akademischen Karriere geschaffen werden, als Lehrprofessor kann man nur Lehrprofessor bleiben. Zu Recht haben auch nur ganz ganz wenige andere Bundesländer auf diese Möglichkeit zurückgegriffen. Also hier ist Brandenburg auf dem falschen Weg. "

    Das sieht CDU-Wissenschaftsministerin Johanna Wanka ganz anders. Den Universitäten stehe es schließlich frei, Lehrprofessuren einzurichten oder nicht.