Yves Klein, der sich auf einer Fotomontage in den Raum katapultieren ließ, schwebt jetzt als plastischer Winzling in der Luft. Den Erforscher des Grenzenlosen hat der Kanadier Robert Adrian X in einen Anzug aus dem berühmten Klein-Blue gesteckt, der blauen Farbe des Äthers, in dem alle Schwerkraft aufgehoben ist. Der Italiener Carlo De Meo steckt dagegen bis zu den Schultern im Fliesenboden: Hilfesuchend schaut die lebensechte Selbstdarstellung zum Betrachter empor. Um dem Ärmsten zu helfen, müsste eine Pinzette zur Hand sein.
Denn das Püppchen mit dem blanken Schädel ist klitzeklein, so kleinwüchsig wie Yves le Monochrome und all die anderen Helden in der Kraichtaler Villa der Ursula Blickle-Stiftung, wo der Kurator Peter Weiermair erstmals den Mikrokosmos der aktuellen Kunst inszeniert. Keinem sonst war offenbar aufgefallen, dass die Explosion der Formate längst einen Gegentrend hervorgerufen hat. Immerhin 32 in- und ausländische Künstler sind es, die sich in der Miniaturen-Schau "Small is beautiful" der extremen Schrumpfung der Dimensionen verschrieben haben.
Den Anfang macht im historischen Rückgriff der exzentrische Tiroler Ottmar Zeiller, der um 1910 eine Liliputaner-Gesellschaft aus zahllosen Holzfigürchen geschnitzt hat. Stephan Balkenhols moderne Mini-Skulpturen, die auf vergleichsweise riesigen Baumstämmen stehen, reflektieren bereits die Relativität von Größe und Kleinheit, zeigen die Monumentalität in Pikkoloabmessungen, ohne sich dem literarischen Urbild Liliput wirklich zu nähern. Dessen frühbarocker Schöpfer Jonathan Swift hatte mit seinem Zwergenstaat das Behagen der Zeitgenossen an der eigenen Normalität satirisch gegeißelt, woran nicht nur Balkenhols Liliputaner kaum mehr Gefallen finden.
Die Mehrheit der virtuosen Kleinmeister knüpft vielmehr an die Tradition der fürstlichen Wunderkammern an, in denen das Winzigste oftmals das Wertvollste war – wie im Grünen Gewölbe Augusts des Starken, der sich in Schulden stürzte, um den "Hofstaat zu Delhi" mit seinen 132 kostbaren Däumelingen aus Werkstatt des Goldschmieds Dinglinger an sich zu bringen. Ein ähnliches Staunen erregt heute Karin Sander, wenn sie mit dem Bodyscanner real existierende Personen abtastet und dann die datengefütterte Extruder-Maschine die Modelle Schicht um Schicht im Westentaschenformat vollplastisch aufbauen lässt.
Wo es darum geht, im Minimalen die Grenzen des Machbaren wie auch des Wahrnehmbaren auszuloten, sind erzählerische Bravourstücke angesagt. So war es schon in der Bruegel-Zeit, als handtellergroße Landschaften in den Kabinetten der Raritätensammler unter der Lupe betrachtet wurden. Bereichert werden die Panoramen inzwischen um die dritte Dimension. Anne und Patrick Poirier bauen mit spielzeuggroßen Steinen, Säulen und Mauerbögen gigantische archäologische Zonen, in denen sich das Auge, wenn es sich an die Proportionen der Traumareale gewöhnt hat, grenzenlos verlieren kann. Bei Ernst Stark entsteht naturgetreu das Teufelsmoor von Worpswede auf Papelholzblöcken, die die Ausdehnung einer Postkarte haben. Und Karin Frank, deren mit Häusern und Bäumen bestückte Weltkugeln an Äpfel erinnern, wollte schon immer ihre Ausstellungen in einem Rucksack transportieren, so wie es Marcel Duchamp mit seinem legendären Koffermuseum vorgemacht hatte.
Humor blitzt auf, sobald die Reduzierung der Masse in eine verblüffende Pointe mündet. Mit Hilfe einer Ausstiegstreppe für die Außerirdischen verwandelt Erwin Wurm eine banale Wurstsemmel in eine fliegende Untertasse. Aus den Kissengebirgen eines ungemachten Betts zaubert das Künstler-Duo Fischli/Weiss eine Alpenkulisse samt Berghütten und Seilbahn, deren Bedienung selbst die Fingerfertigkeit eines Feinmechanikers überfordern muss. Das I-Tüpfelchen auf der vergnüglichen Puppenstubenwelt steuert Heinz Gappmayr mit einem Werk der Konzept-Kunst bei. Es ist die Mikromillimeter-Angabe für das kleinste denkbare Kunstobjekt, das kein Auge mehr sehen kann und das sich folglich auch der Beurteilung des Kritikers für immer entzieht.
Denn das Püppchen mit dem blanken Schädel ist klitzeklein, so kleinwüchsig wie Yves le Monochrome und all die anderen Helden in der Kraichtaler Villa der Ursula Blickle-Stiftung, wo der Kurator Peter Weiermair erstmals den Mikrokosmos der aktuellen Kunst inszeniert. Keinem sonst war offenbar aufgefallen, dass die Explosion der Formate längst einen Gegentrend hervorgerufen hat. Immerhin 32 in- und ausländische Künstler sind es, die sich in der Miniaturen-Schau "Small is beautiful" der extremen Schrumpfung der Dimensionen verschrieben haben.
Den Anfang macht im historischen Rückgriff der exzentrische Tiroler Ottmar Zeiller, der um 1910 eine Liliputaner-Gesellschaft aus zahllosen Holzfigürchen geschnitzt hat. Stephan Balkenhols moderne Mini-Skulpturen, die auf vergleichsweise riesigen Baumstämmen stehen, reflektieren bereits die Relativität von Größe und Kleinheit, zeigen die Monumentalität in Pikkoloabmessungen, ohne sich dem literarischen Urbild Liliput wirklich zu nähern. Dessen frühbarocker Schöpfer Jonathan Swift hatte mit seinem Zwergenstaat das Behagen der Zeitgenossen an der eigenen Normalität satirisch gegeißelt, woran nicht nur Balkenhols Liliputaner kaum mehr Gefallen finden.
Die Mehrheit der virtuosen Kleinmeister knüpft vielmehr an die Tradition der fürstlichen Wunderkammern an, in denen das Winzigste oftmals das Wertvollste war – wie im Grünen Gewölbe Augusts des Starken, der sich in Schulden stürzte, um den "Hofstaat zu Delhi" mit seinen 132 kostbaren Däumelingen aus Werkstatt des Goldschmieds Dinglinger an sich zu bringen. Ein ähnliches Staunen erregt heute Karin Sander, wenn sie mit dem Bodyscanner real existierende Personen abtastet und dann die datengefütterte Extruder-Maschine die Modelle Schicht um Schicht im Westentaschenformat vollplastisch aufbauen lässt.
Wo es darum geht, im Minimalen die Grenzen des Machbaren wie auch des Wahrnehmbaren auszuloten, sind erzählerische Bravourstücke angesagt. So war es schon in der Bruegel-Zeit, als handtellergroße Landschaften in den Kabinetten der Raritätensammler unter der Lupe betrachtet wurden. Bereichert werden die Panoramen inzwischen um die dritte Dimension. Anne und Patrick Poirier bauen mit spielzeuggroßen Steinen, Säulen und Mauerbögen gigantische archäologische Zonen, in denen sich das Auge, wenn es sich an die Proportionen der Traumareale gewöhnt hat, grenzenlos verlieren kann. Bei Ernst Stark entsteht naturgetreu das Teufelsmoor von Worpswede auf Papelholzblöcken, die die Ausdehnung einer Postkarte haben. Und Karin Frank, deren mit Häusern und Bäumen bestückte Weltkugeln an Äpfel erinnern, wollte schon immer ihre Ausstellungen in einem Rucksack transportieren, so wie es Marcel Duchamp mit seinem legendären Koffermuseum vorgemacht hatte.
Humor blitzt auf, sobald die Reduzierung der Masse in eine verblüffende Pointe mündet. Mit Hilfe einer Ausstiegstreppe für die Außerirdischen verwandelt Erwin Wurm eine banale Wurstsemmel in eine fliegende Untertasse. Aus den Kissengebirgen eines ungemachten Betts zaubert das Künstler-Duo Fischli/Weiss eine Alpenkulisse samt Berghütten und Seilbahn, deren Bedienung selbst die Fingerfertigkeit eines Feinmechanikers überfordern muss. Das I-Tüpfelchen auf der vergnüglichen Puppenstubenwelt steuert Heinz Gappmayr mit einem Werk der Konzept-Kunst bei. Es ist die Mikromillimeter-Angabe für das kleinste denkbare Kunstobjekt, das kein Auge mehr sehen kann und das sich folglich auch der Beurteilung des Kritikers für immer entzieht.