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Stolperfallen im Kabelschacht

Mit schnelleren Übertragungsnetzen eröffnen sich auch neue Perspektiven für vielschichtige Angebote: Das so genannte "Triple Play" beschreibt den Vertrieb von Fernsehen, Telefonie und Internet über Datenkabel. Doch Experten sehen die Zukunft nicht nur rosig.

Manfred Kloiber im Gespräch mit Wolfgang Kasenbacher |
    Manfred Kloiber: Zu Triple Play fand in der vergangenen Woche eine Fachkonferenz des Münchener Kreises statt. Wolfgang Kasenbacher, wir haben eben das Beispiel von der Telekom gehört, wie reagieren andere Anbieter auf diese vermeintliche Herausforderung Triple Play?

    Wolfgang Kasenbacher: Das ist ja eben gerade eine der Konkurrenzplattformen beim Triple Play, denn wenn Telefon, Internetzugang, Fernsehen und Radio zusammenwachsen, dann gibt es plötzlich zwei Fronten, die sich gegenüberstehen und bislang gar nichts miteinander zu tun hatten, nämlich auf der einen Seite die Telekommunikationsunternehmen, die klassischerweise Telefon und Internet anbieten, und auf der anderen Seite die Kabelgesellschaften, die unsere Antenne ersetzen und Radio und Fernsehen anbieten. Das ist die neue Konkurrenzsituation, dass die Telekom auch in Deutschland sich behaupten muss gegen jemanden wie Kabel Deutschland zum Beispiel. Beide Seiten rüsten ja jeweils das nach, was ihnen sozusagen noch fehlt: Die Kabelgesellschaften müssen ihre Netze nachrüsten, um auch Telefon übertragen zu können, um einen Rückkanal zu bekommen, aber überhaupt, um gezielt Verbindungen schalten zu können, während sie ja bislang flächig ihr Antennensignal zu verbreiten. Auf der anderen Seite müssen die Telekommunikationsunternehmen ihre Netze beschleunigen, deshalb diese Glasfaserinvestitionen, damit sie auch Fernsehen und Radio übertragen können. Also insofern gibt es eine neue Konkurrenzsituation und ich denke, deshalb ist die Telekommunikation so daran interessiert, ihre Position zu verbessern.

    Kloiber: In den USA haben schon etliche Unternehmen Versuchsinseln eingerichtet, um dort ihre Erfahrungen zu sammeln. Können Sie uns darüber berichten?

    Kasenbacher: Das war für mich der spannendste Vortrag bei der Veranstaltung des Münchener Kreises, weil extrem offen berichtet wurde, zu welchen Pannen es da gekommen ist. Da sind wohl im Wesentlichen die Firmen mit Bauunterlagen der entsprechenden Siedlungen aus der Zeit ins Feld gezogen, in der diese Siedlungen errichtet wurden. Da hat sich inzwischen aber viel verändert und die geplanten Kabelwege waren in der Form aber alle nicht nutzbar. Man war nicht in der komfortablen Situation wie bei der Telekom, dass man vorhandene Röhren auch benutzen konnte. Man musste plötzlich ganz neue Wege erschließen und hier durch einen Vorgarten, dort durch eine Hecke hindurch, mit der Folge, dass plötzlich Landscaping-Kosten in ungeahnten Höhen entstanden. Und wenn man dann schließlich im Haus angekommen war, dann ging das Chaos eigentlich weiter. Wenn die Kabelfirma nun das neue bessere Kabel legte, war nun der Telefonanschluss jetzt neben dem Fernseher, da wollte ihn aber der Hausbesitzer nicht haben. Im Lager der Telekommunikationsunternehmen, war es umgekehrt und der Fernseh- und Radioanschluss neben dem Telefon, und auch da wollte man ihn nicht haben. Infolgedessen mussten dann auch hausintern die Strippen neu gezogen werden. Das alles hat die Kosten für die neue zusätzliche Infrastruktur erheblich in die Höhe getrieben und das war in keiner vorherigen Kostenberechnung enthalten.

    Kloiber: Das hört sich ja wirklich so an, als wenn die Mentalitäten der verschiedenen Welten Fernsehen und Telefon dann wirklich zusammenwachsen müssen und enormes Kostenpotenzial verursachen?

    Kasenbacher: Kostenpotenzial und eben insbesondere Risikopotenzial, weil offensichtlich jeder ein bisschen zu sehr geglaubt hat, dass er das Geschäft der jeweils anderen Seite versteht. Und erst dann, wenn er wirklich plötzlich in den Häusern steht und feststellt, dass er das keineswegs so kann, denn neben den baulichen Geschichten wurde auch berichtet darüber, dass die Standards nicht unbedingt funktionieren und das man auch erst dann, wenn man im Haus die Leitung aneinanderlegt, feststellt, dass man den Telefonanschluss doch nicht hinkriegt oder die Verbindung zum Fernseher nicht schafft.

    Kloiber: Sie haben jetzt etliche Risiken aufgezählt, die da auf der Ausgaben und Investitionsseite vorhanden sind. Ist denn die Einnahmeseite klar?

    Kasenbacher: Auch nicht, und genau deshalb gibt es die verschiedenen Testinseln. Eher im Gegenteil: Der Nutzer erwartet, dass die Kosten eher fallen, weil er sich denkt, wenn ich jetzt von einem Anbieter alle drei Dienste bekomme, dann wird der schon Synergieeffekte haben und dann gehe ich davon aus, dass für mich nicht der einzige Vorteil ist, eine einzige Rechnung zu bekommen, sondern dass auch die Gesamtsumme kleiner ist als die bisherigen drei Einzelsummen. Das ist aber das, was sich die Firmen am wenigsten leisten können, sie müssen ja irgendwie ihre zusätzlichen Investitionen wieder reinbekommen. Der einzige Zusatznutzen, der bislang wirklich feststeht und den der Konsument auch akzeptiert und für den er auch zahlt, ist, dass man der Videothek um die Ecke an den Kragen geht und dass man über jedes der Systeme man den Film buchen kann, den man sich sonst auf Kassette oder DVD geholt hat. Alles andere ist offen und die Versuchsinseln dienen genau dazu, herauszufinden, wofür ist der Konsument bereit, mehr Geld zu zahlen.