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Stolperstein UMTS

Galt der Verkauf der UMTS-Lizenzen dem Bundesfinanzminister noch als segensreiche Dukatenquelle, so könnte sich das neue Mobilfunknetz für die stolzen Frequenzbesitzer selbst bald als Pyrrhussieg erweisen, denn enorme Kosten stehen einem gesättigten Markt entgegen. So warb in der vergangenen Woche denn auch Telekom-Chef Ron Sommer selbst in Berlin für das neue Handynetz. Der Kommunikationskonzern will bis Ende dieses Jahres rund 5.000 Sendestationen in 20 deutschen Städten mit der neuen Technik aufgestellt haben. Doch an diesem ehrgeizigen Ziel zweifeln aber viele Experten, denn nicht nur der Netzaufbau dauert länger als erwartet, sondern auch die Endgeräte-Entwicklung kommt nicht recht voran.

Wolfgang Noelke |
    Big Brother kommt neuerdings im freundlichen Gewand des Freund und Helfers, denn das bisherige Privileg von Geheimdiensten und Ermittlern, Personen über deren Mobiltelefon zu orten, soll bald auch etwa an Teenager, die ihre Clique suchen, und an Eltern, die wiederum nach ihren unsteten Zöglingen fahnden, vermarktet werden. Was derzeit mit GSM-Handys noch eher im Versuchstadium steckt, soll spätestens mit UMTS zur Serienreife gelangen und dann als kostenpflichtiger Sonderdienst angepriesen werden. Ein weiteres Szenario demonstriert Susanne Päch, Sprecherin des ab der diesjährigen CeBIT angebotenen Dienstes T-Info: "Wenn Sie beispielsweise in einer fremden Stadt etwa eine Apotheke, ein Kino oder ein bestimmtes Geschäft suchen, kann unser Dienst anhand des Telefonstandortes die gewünschten Daten in einem definierten Umkreis ermitteln und an Sie versenden." Weitere Zusatzinformationen der so gefundenen Anbieter, von der Wegbeschreibung bis hin zum neuesten Kino-Trailer, können ebenfalls über die Breitband-Telefonie übermittelt werden.

    Der Trend der Dienste zeigt, dass noch bevor UMTS auf dem Markt erschienen ist, der Datenverkehr rapide steigt. Die Geräte dafür sind zwar vom Kleinbus-großen Prototyp auf etwa das Format von herkömmlichen Handys geschrumpft, doch noch immer stehen verkaufsreife Geräte aus: "Was bislang in einem Kleinbus untergebracht war, passt inzwischen in ein Mobiltelefon hinein. Dabei werden die Endgeräte über zwei verschiedene Betriebsmodi verfügen: Je nach erforderter Leistung wechselt das Telefon automatisch entweder in das UMTS- oder in ein GSM-Netz hinein", erläutert Peter Grüntal von Siemens. Doch so viel Automatik kostet Energie, denn schliesslich muss die intelligente Netzsteuerung ständig den Standort und die günstigste Verbindungsvariante wählen. So spekulieren Experten, ein Handy heutiger Grösse würde im gleichzeitigen GSM- und UMTS-Modus gerade mal für eine halbe Stunde Strom liefern. Dieser Aspekt der neuen Technologie gehört indes nicht zu den Lieblingsthemen der Hersteller. Sie verweisen dagegen auf die Entwicklung neuer Energiequellen für die stomhungrigen Geräte, darunter beispielsweise Wasserstoff-Brennstoffzellen im Miniaturformat. Das Handy würde dann mit einer Wasserstoff-Kartusche quasi wie ein Gasfeuerzeug aufgeladen.

    UMTS-Handys werden also noch eine Weile brauchen, bis sie wieder so klein sind wie heutige GSM-Telefone. Auch am Mehrwert des neuen Netzes werkeln die Entwickler noch, denn ob Ortungsfunktion oder der Bezug von Multimedia-Kinowerbung die Kunden zum Wechsel auf das teuere UMTS-Netz bewegen werden, darf angezweifelt werden.