Der Herbst hält Einzug auf Åland. In der beschaulichen Inselhauptstadt Mariehamn mit ihren bunten Holzhäusern erinnert die Stimmung an einen Kurpark. Eine frische Seebrise fegt das Laub durch die Gassen. Für uns Åländer ist dies die Zeit, weit gereiste Gäste zu empfangen, sagt Barbro Sundback. Als damalige Präsidentin des Inselparlaments lud die Sozialdemokratin im Oktober vorigen Jahres den georgischen Staatschef Michail Saakaschwili zu einem Besuch ein.
"Der Präsident reiste mit großem Gefolge. Darunter war auch ein Repräsentant der auf Abspaltung bedachten Provinz Südossetien. Ein kluger Schachzug des Staatsoberhauptes, sich gemeinsam das åländische Beispiel anzuschauen. "
Saakaschwili beseelte damals der Wunsch, die Unruheprovinzen Abchasien und Südossetien möglichst rasch zu befrieden, um den Weg seines Landes in das westliche Verteidigungsbündnis, die NATO, zu ebnen, erinnert sich Sundback.
Vor allem das auf ihren Inseln praktizierte Hembygdsrätt wird von den Åländern gern zur Nachahmung empfohlen: Das so genannte Heimatrecht erlaubt unter anderem die Teilnahme an Wahlen und den Erwerb von Grundbesitz. Es kann nur von finnischen Staatsangehörigen erworben werden, die mindestens fünf Jahre lang auf Åland gewohnt haben und der schwedischen Sprache mächtig sind.
"In den meisten ethnischen Konflikten will die Minderheit keine Autonomie, sondern Selbständigkeit und Abspaltung. Unter diesem Aspekt gesehen, sind wir vielleicht nicht unbedingt ein Modell, aber doch zumindest ein gutes Beispiel für eine friedliche Konfliktlösung im Rahmen des Völkerrechts."
Der Archipel mit seinen mehr als 6000 Felseninseln gehörte bis 1809 zu Schweden. In den Wirren der Napoleonischen Kriege wurde er zusammen mit Finnland dem russischen Zarenreich einverleibt. Nach dessen Zerfall übertrug der Völkerbund 1921 Finnland die Souveränität über die Inseln. Die Bevölkerung erhielt jedoch Garantien für die Bewahrung ihrer Sprache und Kultur. Bis in die 50er Jahre träumten die Insulaner von der Wiedervereinigung mit dem schwedischen Königreich, dem sie sich historisch, sprachlich und kulturell eng verbunden fühlen. Doch diese Vision ist längst verblasst, betont die gelernte Psychologin Sundback. Denn als finnische Provinz lebt man nicht schlecht.
"Die Åländer wollten 1921 keine Selbstverwaltung als ihr politisches Schicksal im Völkerbund zur Debatte stand. Sie wollten zu Schweden, sorgten sich vor der Übermacht der Finnen und dem Machthunger der Bolschewiken in der Sowjetunion. Heute, 87 Jahre später, sind wir ein Volk im Wohlstand, unsere Gesellschaft ist modern und unser Kulturleben kann sich durchaus sehen lassen."
Beflügelt vom Tourismus mit rund einer Million Besuchern im Jahr und einer außergewöhnlich großen Flotte von Fähren und Handelsschiffen erzielen die Åländer heute ein Pro-Kopf-Einkommen, das rund ein Viertel höher liegt als im EU-Durchschnitt. Die Provinz ist schuldenfrei, und de facto herrscht Vollbeschäftigung.
Und doch regt sich auf den Inseln Unmut. Viele Åländer fühlen sich von den finnischen Gesandten in Europa nicht ausreichend repräsentiert. Bei den Wahlen im Oktober 2007 konnte die auf Abspaltung bedachte Partei Ålands framtid, zu deutsch "Ålands Zukunft", immerhin acht Prozent der Stimmen für sich verbuchen und zog mit zwei Mandaten in das Sieben-Parteien-Parlament von Mariehamn. Anders Eriksson, Sprecher der Separatisten, geißelt die Zwangsehe mit Finnland und fordert einen unabhängigen Mikrostaat in der Ostsee.
"Wir glauben nicht, dass wir als ein Teil Finnlands mit unserer schwedischen Sprache eine Zukunft haben. Im Dialog mit den Behörden und auf dem Arbeitsmarkt wird zunehmend das Finnische gefordert. Wenn wir unseren Wohlstand bewahren wollen, dann müssen wir auch eigene Steuern erheben, anstatt wie bislang Zuschüsse aus dem finnischen Staatshaushalt zu verteilen. Und wenn die Politik immer globaler wird, dann wollen wir auch in Europa mit eigenen Repräsentanten vertreten sein."
"Der Präsident reiste mit großem Gefolge. Darunter war auch ein Repräsentant der auf Abspaltung bedachten Provinz Südossetien. Ein kluger Schachzug des Staatsoberhauptes, sich gemeinsam das åländische Beispiel anzuschauen. "
Saakaschwili beseelte damals der Wunsch, die Unruheprovinzen Abchasien und Südossetien möglichst rasch zu befrieden, um den Weg seines Landes in das westliche Verteidigungsbündnis, die NATO, zu ebnen, erinnert sich Sundback.
Vor allem das auf ihren Inseln praktizierte Hembygdsrätt wird von den Åländern gern zur Nachahmung empfohlen: Das so genannte Heimatrecht erlaubt unter anderem die Teilnahme an Wahlen und den Erwerb von Grundbesitz. Es kann nur von finnischen Staatsangehörigen erworben werden, die mindestens fünf Jahre lang auf Åland gewohnt haben und der schwedischen Sprache mächtig sind.
"In den meisten ethnischen Konflikten will die Minderheit keine Autonomie, sondern Selbständigkeit und Abspaltung. Unter diesem Aspekt gesehen, sind wir vielleicht nicht unbedingt ein Modell, aber doch zumindest ein gutes Beispiel für eine friedliche Konfliktlösung im Rahmen des Völkerrechts."
Der Archipel mit seinen mehr als 6000 Felseninseln gehörte bis 1809 zu Schweden. In den Wirren der Napoleonischen Kriege wurde er zusammen mit Finnland dem russischen Zarenreich einverleibt. Nach dessen Zerfall übertrug der Völkerbund 1921 Finnland die Souveränität über die Inseln. Die Bevölkerung erhielt jedoch Garantien für die Bewahrung ihrer Sprache und Kultur. Bis in die 50er Jahre träumten die Insulaner von der Wiedervereinigung mit dem schwedischen Königreich, dem sie sich historisch, sprachlich und kulturell eng verbunden fühlen. Doch diese Vision ist längst verblasst, betont die gelernte Psychologin Sundback. Denn als finnische Provinz lebt man nicht schlecht.
"Die Åländer wollten 1921 keine Selbstverwaltung als ihr politisches Schicksal im Völkerbund zur Debatte stand. Sie wollten zu Schweden, sorgten sich vor der Übermacht der Finnen und dem Machthunger der Bolschewiken in der Sowjetunion. Heute, 87 Jahre später, sind wir ein Volk im Wohlstand, unsere Gesellschaft ist modern und unser Kulturleben kann sich durchaus sehen lassen."
Beflügelt vom Tourismus mit rund einer Million Besuchern im Jahr und einer außergewöhnlich großen Flotte von Fähren und Handelsschiffen erzielen die Åländer heute ein Pro-Kopf-Einkommen, das rund ein Viertel höher liegt als im EU-Durchschnitt. Die Provinz ist schuldenfrei, und de facto herrscht Vollbeschäftigung.
Und doch regt sich auf den Inseln Unmut. Viele Åländer fühlen sich von den finnischen Gesandten in Europa nicht ausreichend repräsentiert. Bei den Wahlen im Oktober 2007 konnte die auf Abspaltung bedachte Partei Ålands framtid, zu deutsch "Ålands Zukunft", immerhin acht Prozent der Stimmen für sich verbuchen und zog mit zwei Mandaten in das Sieben-Parteien-Parlament von Mariehamn. Anders Eriksson, Sprecher der Separatisten, geißelt die Zwangsehe mit Finnland und fordert einen unabhängigen Mikrostaat in der Ostsee.
"Wir glauben nicht, dass wir als ein Teil Finnlands mit unserer schwedischen Sprache eine Zukunft haben. Im Dialog mit den Behörden und auf dem Arbeitsmarkt wird zunehmend das Finnische gefordert. Wenn wir unseren Wohlstand bewahren wollen, dann müssen wir auch eigene Steuern erheben, anstatt wie bislang Zuschüsse aus dem finnischen Staatshaushalt zu verteilen. Und wenn die Politik immer globaler wird, dann wollen wir auch in Europa mit eigenen Repräsentanten vertreten sein."