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"Stoppt den Mähtod!"

Im Schutze der hohen Grashalme und Wiesenblumen verstecken sich viele Wildtiere. So ducken sich unter anderem Rehkitze und Junghasen bei drohender Gefahr ins dichte Gras. Aus diesem Grund sterben jährlich mehr als 500.000 Tiere unter dem Mähdrescher. Die Deutsche Wildtierstiftung und der Bundesverbraucherschutzministeriums startet nun die Initiative "Stoppt den Mähtod!"

Von Carolin Hoffrogge |
    Ernst Friedrich Wille ist Landwirt und zugleich Kreisjägermeister im Landkreis Göttingen. 550 Hektar bestellt er jedes Frühjahr neu. Als Jäger weiß Ernst Friedrich Wille das für Rehkitz, Feldhase oder Rebhuhn der größte Feind der Kreiselmäher ist.

    "Wir haben auch schon mal was im Mäher gehabt. Als wir noch Grünbracheflächen relativ früh geschröpft hatten, weil Unkrautbesatz drauf war und seit dem gehen wir da voll von ab und schlegeln erst kurz vor der Ernte, wenn die Brut und Setzzeit vorbei ist und die Jungtiere sich selbst aus diesen Flächen fortbewegen können."

    Zu einem späteren Zeitpunkt sollen die Landwirte mit ihren riesigen Mähern auf die Wiesen fahren. Das fordert auch die Deutsche Wildtier Stiftung mit ihrer Unterschriftenliste, die sie heute in Berlin an Bundesministerin Renate Künast überreicht. Schließlich, so Stiftungssprecher Hilmar von Münchhausen sei die Hälfte der bundesdeutschen Fläche landwirtschaftlich genutzt. Und davon brauchen die Landwirte 30 Prozent für ihre Milchviehhaltung und Rindermast. Nicht um die Kühe auf den Flächen grasen zu lassen, sondern hauptsächlich um Silage herzustellen.

    "Gerade die intensive Milchproduktion aber auch in der Rindermast sind hochwertige Futtermittel gefragt, die die Landwirte von ihren Wiesen runterholen müssen. Deswegen wird so früh, so intensiv und so häufig das Grünland gemäht. Denken sie vom Allgäu bis nach Norddeutschland haben wir in bestimmten Regionen Flächen, die werden bis zu viermal im Jahr gemäht. "

    Milch- und Rindfleischpreise sind im Keller, die Landwirte stehen unter Druck. Ein Dilemma für alle Wildtiere hierzulande, heißt es doch für die Nachkommen doch oft der sichere Tod durchs Mähwerk, sagt Hilmar von Münchhausen. Deswegen fordert seine Stiftung von der Politik eine verbindliche Regelung für eine spätere Mahd. Außerdem:

    "Und wir brauchen mindestens eine Verdoppelung der Finanzmittel für die Agrarumweltprogramme, um Landwirte zu honorieren, die Rücksicht auf Wildtiere bei der Mahd von Grünland nehmen. Wir brauchen Programme wo wirklich eine sehr konkrete Leistung der Landwirte gegen die Prämie steht. Das heißt konkret: ich verzichte auf bestimmte Produktionsmengen, die ich von meiner Wiese runtermähe, um damit Lebensräume für Tiere zu schaffen, die das Grünland unbedingt zum Überleben brauchen und das ist eine gesellschaftliche Leistung, die der Landwirt dort erbringt, er schützt sehr aktiv bedrohte Tierarten, und deswegen, so ist das Konzept der Agrarumweltprogramme, bekommt er dafür ein Honorar."

    Der Göttinger Landwirt Ernst Friedrich Wille appelliert an seine Kollegen vor dem Mähtermin den Jagdpächter anzurufen. Der geht dann mit seinem Jagdhund einen Abend vorher über die Wiese, um sie nach Rehkitzen und Feldhasen abzusuchen.

    "Dann spreche ich mit den Landwirten, ihre Flächen von innen nach außen zu mähen, das heißt das sie das Jungwild nicht in der Mitte zusammendrücken, sondern dadurch ein Fluchtverhalten nach außen hervorrufen. Die erste Maßnahme die ich mache, ist das wir Tüten aufstellen und so Unruhe auf der Fläche verbreiten und dann sind die Muttertiere ob Rehwild, oder Hase oder sonst was schon aufgeschreckt und ziehen ihre Jungtiere aus der Fläche raus. "

    Von diesen Maßnahmen hält Eberhart Schneider gar nichts. Er hat als Wildbiologe an der Universität Göttingen gearbeitet und engagiert sich jetzt ehrenamtlich für den Naturschutzbund Deutschland.

    "Es geht im Prinzip nicht nur um Rehkitze, Junghasen, Fasanen oder Rebhuhngelege, das was die Jäger immer im Visier haben, sondern es geht um viele andere Kleintiere. Ob das nun sonstige bodenbrütende Vögel sind, wie die Lerche, der Kiebitz oder der Brachvogel. Um die kümmert man sich schon gar nicht dabei. Viel weniger noch um kleinere Tiere, ob das nun Amphibien sind, Reptilien, Ringelnatter oder Blindschleiche, auch diese Tiere werden alle Opfer der Mähwerke. "

    Die schnell gewordenen Mäher- sie fahren zum Teil mit 20 Stundenkilometern über die Wiesen- mit ausgetüfftelter Technik austricksen. Dafür will die Deutsche Stiftung Wildtiere neuste Geräte, so genannte Wildretter mit Mirkrowellen und Infrarotstrahlung arbeiten lassen, betont Hilmar von Münchhausen.

    "Wir müssen jetzt sehen, das ist auch ein Appell an die Ministerin heute Mittag, dass wir vielleicht die Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft stärker einspannen, als den Punkt wo Forschung zu Wildrettern zusammengeführt werden kann."