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Storchenzug

Wer den Menschen Umwelt- und Naturschutzgedanken nahe bringen will, der muss nicht nur predigen und anprangern, sondern auch die Mittel benutzen, mit denen die Menschen angesprochen und für die Idee interessiert werden können, seien es Internet, Hörfunk oder Fernsehen. Und genau das soll nun im Zusammenhang mit dem Storchenflug geschehen, ein Naturereignis, das im Frühling wieder stattfinden wird. 24.000 Kilometer, zwei Kontinente und mehr als ein Dutzend Länder in Europa, diesen Weg treten jedes Jahr die Weißstörche an. Und diese Reise kann nun zum ersten Mal für jeden, der mag, mitverfolgt werden.

Silke Oettershagen | 19.02.2002
    Die sechs Störche heißen Valinka, Sophia, Annamarie, Felix, Jonas und Prinzesschen. Sie sind ausgewählte, erfahrene Störche aus der Elbtalaue. Seit August tragen sie alle einen 30 Gramm schweren Solarsender, den sie selber kaum bemerken. Die Signale werden von Satelliten emfangen und sofort weitergeleitet. Und so können sie aktuell geortet werden: Die Störche Annamarie, Sophia und Valinka sind gerade im Sudan, Felix in Tansania. Jonas ist über die Westroute geflogen und weilt noch in Spanien. Nur Prinzesschen ist bislang in Südafrika angekommen. Im Internet kann die Route jedes einzelnen Storches mitverfolgt werden. Die genauen Positionen ermöglichen aber auch eine Verfolgung am Boden. Jürgen Vogt, Leiter des Multimediaprojektes, beobachtet sie mit einem Kamerateam:

    O-Ton: "Das heißt, die fliegen und wir fahren mit einem Auto hinterher und hoffen, sie dann jeden Morgen und jeden Abend wieder zu kriegen. Störche sind eben an Menschen gewöhnt. Das heißt, wenn man sich ein bisschen ruhig verhält, dann kann man ruhig auf 20/30 Meter ran. Nachts rasten die immer. Und wenn die rasten, kann man sich wirklich unter den Baum stellen, auf dem die schlafen, und es stört die dann überhaupt nicht. Tagsüber sind sie dann ein bisschen scheuer, aber auch da kommt man so in 50 bis 100 Meter ran. Also durchaus in Kamerareichweite.

    Die Bilder werden ab dem 25. März täglich in den Morgenmagazinen von ARD und ZDF sowie beim "Wetter im Ersten" zu sehen sein. Im Internet ist der Storchenzug schon jetzt zu beobachten. Für den Naturschutzbund Deutschland ist das eine neue Möglichkeit, die Tierwelt kennen zu lernen, so Bundesgeschäftsführer Gerd Billen:

    Ein solches Projekt ist wichtig, um den Menschen in Deutschland, aber insbesondere auch Kindern und Jugendlichen, die Faszination des Storchenzuges zu zeigen. Der Storch ist aber auch ein Symbol. Ein Symboltier für den Naturschutz. Er zeigt uns an, wie schonend wir hier mit der Natur umgehen. Wie wichtig es aber auch ist, seine Rastgebiete, seine Überwinterungsgebiete und seine Flugrouten zu schützen.

    Mit Hilfe des Projektes soll nicht nur der Storchenzug einer breiten Masse nähergebracht werden. Vielmehr sollen besondere Gefahrenpunkte auf den gängigen Routen detailliert erkannt werden. Denn: Viele Störche überleben ihre Reise nicht. Auch die sechs Störche können in Gefahr kommen und ihr Ziel Deutschland nicht erreichen. Natürlich wird auch das dann in den Medien zu beobachten sein.

    Die Gefahrenpunkte auf dem Storchenflug selbst ist zum einen Nahrungsmangel. Wir stellen fest, dass an vielen Ländern entlang der Route, Feuchtgebiete entwässert werden und dadurch die Nahrungsgrundlage zurückgeht. Es gibt auch viele Probleme mit Stromleitungen. Störche fliegen gegen diese Leitungen, weil sie sie nicht erkennen können. Oder sterben durch Stromschlag. In einigen afrikanischen Ländern wird der Storch auch gejagt. Aber das hat nicht so ganz gravierende Auswirkungen.

    Die genauen Ergebnisse des Multimediaprojektes "Storchenzug" werden gesammelt und auf der 7. Internationalen Vertragsstaatenkonferenz CMS vorgestellt. Sie findet im September diesen Jahres in Bonn statt. Dort sollen länderübergreifende Maßnahmen zum Schutz wandernder wild lebender Tierarten erarbeitet werden, so Schirmherrin Simone Probst, parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium:

    Erst mal muss man natürlich wissen, woran es überhaupt liegt, also eine gute Analyse zu machen. Ich glaube, da ist dieses Projekt auch zum ersten Mal, dass man es so im Detail verfolgen kann. Man kann internationale Vereinbarungen treffen. Zwischen zwei Staaten, zwischen vielen Staaten. Man kann einfach die Bevölkerung aufklären. Man kann Kampagnen starten. Zum Beispiel zum Erhalt der biologischen Vielfalt. Meine Erfahrung ist, dass alle internationalen Konferenzen sehr erfolgreich sind. Man kann natürlich in Deutschland Umweltpolitik machen. Aber es wird diesen Tieren, gerade den wandernden Tieren nicht helfen, wenn wir das nicht in einen internationalen Kontext stellen.

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    Hier kann die Route der Störche verfolgt werden: www.storchenzug.de