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Strafverfahren gegen FIFA-Boss Infantino
Die Sportwelt schweigt

Mal wieder gibt es ein Strafverfahren gegen einen FIFA-Präsidenten. Sepp Blatters Nachfolger Gianni Infantino muss jetzt bangen, dass die verbandseigene Ethikkommission gegen ihn aktiv wird. Erstaunlich ist, dass das zumindest öffentlich in der Sportwelt kaum jemanden aufzuregen scheint.

Von Marina Schweizer | 31.07.2020
Gianni Infantino will den Weltfußball grundlegend verändern.
Gegen FIFA-Präsident Gianni Infantino ist ein Strafverfahren eröffnet worden. (Imago Sportfoto)
Es sind schwere Vorwürfe, die die Schweizer Staatsanwälte gegen den FIFA-Boss erheben: Gianni Infantino werden Anstiftung zum Amtsmissbrauch, zur Verletzung des Amtsgeheimnisses und zur Begünstigung vorgeworfen - wegen geheimer Treffen mit dem Leiter der Schweizer Bundesanwaltschaft, Michael Lauber. Genau dieser Schweizer Bundesanwalt sollte gegen frühere FIFA-Funktionäre ermitteln. In der Sportwelt, die nach dem Rauswurf von Infantinos Vorgänger Sepp Blatter laut nach Erneuerung der FIFA gerufen hatte, ist von Erzürntheit über die Ermittlungen kaum etwas zu spüren.
FIFA-President Gianni Infantino hätl beim 44. UEFA-Kongress in Amsterdam eine Rede
Strafverfahren gegen Infantino eröffnet - "Dieser Mann war ein enormer Stresstest für den Weltfußball"
Die Schweizer Staatsanwaltschaft hat ein Strafverfahren gegen FIFA-Präsident Gianni Infantino eröffnet. SZ-Redakteur Thomas Kistner glaubt, dass Infantino nun vor dem Aus steht.
Der Deutsche Fußballbund – mit rund sieben Millionen Mitgliedern mächtiger FIFA-Mitgliedsverband – ließ auf Deutschlandfunk-Anfrage wissen: Man wolle sich zu diesem Thema nicht äußern. Von einem mächtigen deutschen Fußballfunktionär erfährt Infantino allerdings Unterstützung: Bayern-Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge. Im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk sagte er, er halte Infantino "eigentlich" für einen guten Präsidenten: "Und ich hoffe, dass er die Dinge geregelt kriegt, weil eigentlich wäre er der richtige Mann, um die FIFA dann hoffentlich auch wieder in ruhiges Fahrwasser zu bringen."
Das Internationale Olympische Komitee will das Verfahren gegen den FIFA-Boss inhaltlich nicht kommentieren und verweist auf die Unschuldsvermutung. Erst im Januar wurde Infantino in das IOC aufgenommen.
Nach Rücktritt des FIFA-Chefermittlers - Dreht sich der Wind in der Schweizer Justiz?
FIFA-Ermittler Michael Lauber hat seinen Rücktritt angeboten. Aber mit der Personalie sei es nicht getan, sagt Journalist Thomas Kistner. Nun müsse auch Infantino zur Rechenschaft gezogen werden.
Die FIFA und ihr Chef weisen die Vorwürfe zurück. Der Schweizer betont, die Treffen hätten zur "lückenlosen Aufklärung" beitragen sollen. FIFA-Offizielle hätten sich mit Justizbehörden auf der ganzen Welt getroffen – dies hätte nie ein Problem dargestellt. Auf die konkreten Vorwürfe ging Infantino nicht ein.
Noch ist nicht klar, ob auch die sogenannte unabhängige FIFA-Ethikkommission ein Verfahren gegen den Präsidenten einleiten wird. Bei staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen Infantinos Vorgänger Sepp Blatter hatte es 13 Tage gedauert, bis dieser gesperrt wurde.