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Strafverfolgung mit Hindernissen

Wie das gesamte Ausmaß der nationalsozialistischen Verbrechen aussah, mit dieser Frage beschäftigt sich seit nunmehr 50 Jahren die "Zentrale Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen" in Ludwigsburg. Sie sammelt, sichtet und wertet Belastungsmaterial über NS-Straftäter aus, um diese Akten dann den örtlich zuständigen Staatsanwaltschaften zu übergeben.

Von Paul Kohl | 01.12.2008
    "Was mich hier eigentlich am meisten zunächst überrascht hat, war die Tatsache, dass ich trotz meines Interesses für Zeitgeschichte eigentlich erst hier erfahren hatte, wie das gesamte Ausmaß der nationalsozialistischen Verbrechen ausgesehen hat. Das, was nun alles geschehen ist, das breite Spektrum der NS-Verbrechen, das habe ich eigentlich erst hier kennengelernt. Das ist im übrigen etwas, was nicht nur mir so ergangen ist, sondern einer ganzen Reihe von Kollegen, die später dann auch hierher gekommen sind."

    So der ehemalige Leiter der Zentralen Stelle Ludwigsburg
    Oberstaatsanwalt Adalbert Rückerl in einem Interview. Adalbert Rückerl führte die Behörde von 1966 bis 1984.

    Unmittelbarer Anlass für die Gründung dieser Ermittlungsstelle war der sogenannte Ulmer "Einsatzgruppen-Prozess" von 1958. Nur durch Zufall war er zustandegekommen. Zehn ehemalige Angehörige des "Einsatzkommandos Tilsit" wurden wegen Massenerschießungen, insbesondere von Juden, zu langjährigen Zuchthausstrafen verurteilt.

    Schon im Laufe dieses Prozesses, der höchstes Aufsehen erregte, zeigte sich, dass man erst am Anfang der juristischen Ahndung von NS-Massenverbrechen stand. Nach den Nürnberger Prozessen war in der neugegründeten Bundesrepublik bei den Strafverfolgungen erst einmal Ruhe eingetreten. - Oberstaatsanwalt Alfred Streim, Leiter der Zentralen Stelle von 1984 bis 1996:

    "Ab Ende der 40er, spätestens ab Anfang der 50er Jahre war die Schlussstrich-Mentalität der Bevölkerung festzustellen. Sie wurde begünstigt dadurch, dass die Entnazifizierung abgeschlossen worden ist. Sie wurde ferner dadurch begünstigt, dass die nach dem Kriege aus ihrem Beamtenverhältnis entlassenen Leute wieder eingestellt worden sind. Sie wurde durch die Begnadigung wegen schwerster Verbrechen verurteilter NS-Verbrecher unterstrichen und dann nicht zuletzt durch die Bemühungen der Alliierten um die Wiederaufstellung einer deutschen Armee. Die Politiker, die dem hätten entgegentreten können, taten dieses nicht. Die erste Folge war das Amnestie-Gesetz, das Straffreiheits-Gesetz 1954, das eine ganze Menge von Leuten amnestierte."

    Doch nach dem aufsehenerregenden Ulmer Einsatzgruppen-Prozess 1958 hatte sich die Stimmung in der Öffentlichkeit geändert. Nun sahen sich die Landesjustizminister - mehr getrieben durch die Medien als aus eigener Überzeugung - gezwungen, eine zentrale Ermittlungsstelle zu schaffen - möglichst eine provisorische, vorübergehende Einrichtung. Da Staatsanwaltschaften Straftaten nur verfolgen konnten, wenn der Tatort oder der Wohnsitz des Täters in ihrem Zuständigkeitsbereich lag, musste eine überregionale Behörde eingerichtet werden, die den Staatsanwaltschaften zuarbeitete.

    Nach konfliktreichen Verhandlungen und oft beschämenden Behinderungen gründeten schließlich die Justizminister und Justizsenatoren der Bundesländer gemeinsam mit dem Bundesjustizminister Anfang November 1958 eine solche Institution. Schon einen Monat später, am 1. Dezember 1958, nahm sie ihre Tätigkeit auf. Ihre amtliche Bezeichnung: "Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Gewaltverbrechen" - kurz "Zentrale Stelle". Ihr Sitz: Ludwigsburg, und zwar im Gebäude eines ehemaligen Frauengefängnisses, weil diese Räume gerade leerstanden. Zum Leiter der Behörde bestimmte man den baden-württembergischen Oberstaatsanwalt Erwin Schüle, der sich als Anklagevertreter im Ulmer Einsatzgruppen-Prozess verdient gemacht hatte.

    Die Aufgabe der Zentralen Stelle bestand und besteht heute noch lediglich in der Vorermittlung. Das heißt Sammlung, Sichtung und Auswertung von Belastungsmaterial über NS-Straftäter, um diese Akten dann den örtlich zuständigen Staatsanwaltschaften zu übergeben. Diese entschieden dann, ob Anklagen erhoben und Strafprozesse eingeleitet werden sollen. Als Rückfluss erhielten die Ludwigsburger Kopien von sämtlichen Strafverfolgungen.

    Die neue Einrichtung wurde mit äußerst wenig Personal ausgestattet. Zudem standen den Vorermittlern keine Historiker zur Verfügung. So mussten sie sich selbst noch zusätzlich mühsam in die Materie einarbeiten, sich Kenntnisse über die NS-Organisationen, ihre Befehlswege und ihre Verbrechen aneignen.

    "Festhalten sollte man, dass der Konstruktion nach der Zentralen Stelle Ludwigsburg von den einzelnen Bundesländern Leute hingeschickt wurden, die nur auf ein Jahr da waren, tätig sein sollten. Es gab natürlich auch Ausnahmen wie bei mir. Und infolgedessen weil bei den umfangreichen Akten, die dort waren, jeder, der so ein Verfahren auf den Tisch bekam, sich bis zu einem Jahr einlesen musste, und dann ging er wieder weg in seine Heimatbehörde, und es kam ein neuer, und er begann wieder zu lesen. Das war also ein grundsätzlicher Mangel in der Organisation, der von uns sehr beklagt wurde."

    Oberstaatsanwalt Dietrich Kuhlbrodt, Mitte der 60er Jahre als Staatsanwalt Ermittler in Ludwigsburg:

    "Der zweite Mangel war, dass wir ja keine Anklagen erheben durften. Wir durften nur sogenannte Vorermittlungen führen und die dann abgeben an eine Staatsanwaltschaft, die dann mehr oder minder überrascht war. Eine auf dem Lande in der Provinz, Staatsanwaltschaft Lüneburg, da gab's nur ganz wenige Staatsanwälte, die dort arbeiteten, und die bekamen dann plötzlich einen halben Lastwagen mit Akten vor die Tür gesetzt, und waren schlechterdings überhaupt nicht imstande, die Akten überhaupt nur anzurühren und hatten auch überhaupt keine Kompetenz, solche Sachen zu bearbeiten. Also damit war besiegelt, dass daraus nichts wurde aus der ganzen Arbeit."

    Trotz der eingeschränkten Arbeitsbedingungen stieg die Zahl der Ludwigsburger Vorermittlungen von Jahr zu Jahr rapide. Sie betrafen vor allem die Morde der Einsatzgruppen im besetzten Polen, in der Sowjetunion und die Verbrechen in den Konzentrationslagern.

    Von Anfang an war die Zentrale Stelle Anfeindungen ausgesetzt. Mitarbeiter erhielten anonyme Anrufe, wurden als "Nestbeschmutzer" und "Kameradenverfolger" beschimpft, fanden kaum Wohnungen, Taxifahrer weigerten sich, sie zu ihrer Dienststelle zu fahren. Erwin Schüle und seiner Familie wurde ein Mordattentat angedroht.

    "Man hat uns natürlich sehr angefeindet. Ob das jetzt hier in Ludwigsburg gewesen ist oder ob das bei den Kollegen der Staatsanwaltschaften gewesen ist oder ob's bei der Polizei gewesen ist, die für uns die Ermittlungen machte. Wir waren ziemlich isoliert. Wir wurden ja in unserer Arbeit durch viele Faktoren gehindert. Ob die jetzt personeller Art waren, ob die gesetzlicher Art waren - ich denke da an gewisse Gesetze, die NS-Verbrecher begünstigt haben, - es war also immer eine Behinderung da."

    Bis 1964 verbot die Bundesregierung den Ludwigsburgern Reisen in den Ostblock, um in den dortigen Archiven Belastungsmaterial einzuholen. Erst als 1965 die Verjährung auch für Mord drohte und damit die meisten NS-Verbrecher straffrei ausgingen, fürchtete die Bundesregierung um ihr Ansehen im Ausland und erlaubte den Ermittlern Reisen nach Warschau, Prag und Moskau. Die Recherchen waren so erfolgreich, dass die Verjährungsfristen in den folgenden Jahren immer wieder verlängert werden mussten. Schließlich wurde die Verjährung für Mord 1979 gänzlich abgeschafft.

    1966 traf die Zentrale Stelle ein harter Schlag. Bekanntmachungen der DDR offenbarten, dass Erwin Schüle Mitglied der NSDAP und der SA gewesen war. Er musste zurücktreten. Sein Nachfolger wurde Oberstaatsanwalt Adalbert Rückerl, der die Zentrale Stelle bis 1984 leitete. In seine Amtszeit fielen unter anderem die Auschwitz-Prozesse und der Majdanek-Prozess. - Dazu Adalbert Rückerl:

    "Die Prozesse fallen sicher in diese Zeit, aber die Grundlagen für diese Prozesse wurden schon in den Jahren zwischen 1959 und auch 1965, also in der Zeit, als ich noch nicht Leiter war, gelegt. Denn die Vorbereitungen dieser Prozesse dauern ja relativ lange. Aber in der Zeit, als ich dann Dienststellenleiter war, da waren große Prozesse anhängig. Beispielsweise der Auschwitz-Prozess lief noch. Dann vor allen Dingen der längste Prozess der deutschen Justizgeschichte, der Majdanek-Prozess, der zog sich ja über sechs Jahre hin. Dann die Prozesse über die Vernichtungslager Treblinka, Sobibor. Dann eine ganze Reihe von Einsatzgruppen-Prozessen, die fielen in die Zeit, als ich Dienststellenleiter war. In diese Zeit fiel auch die Periode des größten Anfalls von Dokumenten hier. Denn nach 1965, einem Aufruf der Bundesregierung folgend, haben die ausländischen Staaten in großem Umfang Dokumente zur Verfügung gestellt, die dann in den Jahren '66, ''67, '68 also bis '70 hinein hier eingegangen sind und zur Einleitung einer verhältnismäßig großen Zahl neuer Verfahren geführt hat."

    Nach 50 Jahren Zentrale Stelle Ludwigsburg hier ein paar Zahlen: In ihrer Zentralkartei befinden sich 1,7 Millionen Karteikarten mit Personen, Tatorten und Einheiten. In ihren Regalen reihen sich 1.200 Meter Akten.Seit ihrer Gründung hat sie über 7.600 Vorermittlungsverfahren an die jeweiligen Staatsanwaltschaften übergeben. Davon kamen durch Staatsanwälte nur etwa 10 Prozent zur Anklage. Und davon wiederum endeten nur etwa 5 Prozent in rechtskräftigen Verurteilungen durch die Gerichte.

    Hinzu kam, dass Richter meistens ein äußerst mildes Strafmaß verhängten - mit Hilfe des Paragraphen "Beihilfe zum Mord". "Mordbeihilfe" wird geringer bestraft als Mord, für den die Höchststrafe gilt. Diese strafrechtliche Konstruktion der "Beihilfe zum Mord" begründeten Richter damit, dass nach ihrer Ansicht Hitler, Himmler, Göring und Heydrich die Haupttäter waren, und die Ausführenden der Morde nur ihre Gehilfen. Als Gehilfen vollzogen sie lediglich deren Willen und handelten nicht aus eigener Initiative.

    Für diese erschreckende Diskrepanz zwischen der überaus hohen Anzahl der Vorermittlungen und der äußerst geringen Anzahl der Anklageerhebungen und rechtskräftigen Verurteilungen gab es zum einen die Gründe: mangelnder eindeutiger Schuldnachweis, Beschuldigte waren vermisst, gefallen, verstorben, nicht mehr verhandlungsfähig, sei es tatsächlich oder durch zweifelhafte ärztliche Atteste.

    Zum anderen aber auch: interne Behinderungen durch die Behörden. Zum Beispiel die absichtliche Verschleppung von Amtshilfe. - Dietrich Kuhlbrodt, ehemaliger Ermittler in Ludwigsburg:

    "Ein prominenter Fall, der mir noch in Erinnerung ist: Man stellt ein Rechtshilfeersuchen nach Norwegen und hört nichts davon. Es vergeht ein halbes Jahr, es vergeht ein dreiviertel Jahr. Da wird nachgefragt wiederum in Bonn: Ist denn da keine Antwort eingegangen? - Doch, doch, ja. - Können wir denn die dann weitergeleitet haben. - Ja, das kommt dann so in einem viertel Jahr auf Sie zu. - Warum ein viertel Jahr? - Ja, da musste der Dienstweg eingehalten werden vom Auswärtigen Amt zum Bundesjustizministerium, vom Bundesjustizministerium, alles mit Berichten dazu, an das Landes- Baden-Württemberg Justizministerium, dann über den Generalstaatsanwalt weiter an die Zentrale Stelle in Ludwigsburg. Dieser Weg dauerte viele Wochen. Dann kam tatsächlich dieses Antwortschreiben. Da stand da drin: Unter Bezugnahme auf die Anlage hat das so und so ergeben - Frage: Wo ist die Anlage? Die war nicht dabei. Jetzt über den Dienstweg, den ich beschrieben habe, wieder an das Auswärtige Amt: Wo ist die Anlage? - Traf dann ein: Ja, die Anlage wird nunmehr übersandt. Also eineinhalb Jahre bis eindreiviertel Jahre war diese Antwort - in der Anlage war das Wichtige: Da war die Zeugenvernehmung drin, die die Norweger gemacht hatten - endlich da. Und dann gingen wir mal durch, welche Altnazis im Auswärtigen Amt da waren, wer auch mit diesen Vorgängen befasst war, und uns gingen die Augen über."

    Aber auch Polizeibeamte, die als Kriminalpolizisten in den Einsatzgruppen tätig waren, sabotierten die Arbeit der Ludwigsburger zuweilen, indem sie angeforderte Vernehmungen liegen ließen und ihre "alten Kameraden" vor deren Verhaftung warnten. Ebenso kontraproduktiv agierte die Zentrale Rechtsschutzstelle des Außenministeriums, wenn sie sich weigerte, belastendes Material über NS-Verbrecher auszuhändigen und darüber hinaus auch noch die ihr bekannten Täter alarmierte. Die Hamburger Dienststelle des Deutschen Roten Kreuzes wiederum verschickte ihr Informationsblatt "Warndienst West" an die Traditionsverbände der SS und der Wehrmacht und warnte damit Belastete vor ihrer bevorstehenden Verhaftung.

    Auch der Gesetzgeber selbst verhalf NS-Gewaltverbrechern und Schreibtischtätern insbesondere 1968 zu einer verschleierten Amnestie: Durch die Neufassung des Strafrechtsparagraphen 50 II gingen NS-Täter bezüglich Beihilfe zum Mord straffrei aus, wenn sie ihre Tat nicht aus eigenen "niedrigen Beweggründen" verübt hatten. Dann galt der strafmildernde Tatbestand des Mordversuchs, und der war seit 1960 rückwirkend verjährt. Da Angeklagte niedrige Beweggründe abstreiten konnten und man ihnen nicht das Gegenteil nachweisen konnte, wurde es mittels dieses Paragraphen Richtern leicht gemacht, zahlreiche Strafverfahren einzustellen. Damit war das von den Ludwigsburgern in vielen Jahren mühsam zusammengetragene Belastungsmaterial mit einem Federstrich Makulatur. So musste auch der groß angelegte Prozess gegen die Schreibtischtäter im Reichssicherheitshauptamt eingestellt werden. - An einen Zufall mag man nicht glauben. Denn für diese Gesetzesnovellierung war im Bundesjustizministerium der ehemalige NS-Sonderrichter Eduard Dreher verantwortlich, der sich schon zuvor für Verjährungen eingesetzt hatte.

    Als Fazit resümierte Behördenleiter Alfred Streim 1996 kurz vor seinem Tod:

    "Aber immerhin haben wir doch einiges auf die Beine gestellt, wenn wir auch nicht alles das gemacht haben, was wir uns vorgenommen haben. Wir haben doch einen Versuch gemacht, im Gegensatz zu anderen gesellschaftlichen Institutionen in der Bundesrepublik. Einen Versuch gemacht, die begangenen Verbrechen zu sühnen. Aber ich muss sagen, es ist eben nur bei dem Versuch geblieben. Man hat es nicht geschafft, alles aufzuarbeiten."

    Streims Nachfolger Oberstaatsanwalt Willi Dreßen führte die Zentrale Stelle vier Jahre. Seit dem Jahr 2000 ist nun Oberstaatsanwalt Kurt Schrimm Behördenleiter.

    Zur Zeit sind noch etwa 25 Verfahren anhängig. Außerdem recherchiert die Zentrale Stelle noch immer sehr aktiv im Ausland nach Anklagematerial. - Dazu Kurt Schrimm:

    "Derzeit sind zwei Kollegen in Moskau, um die dortigen Archive zu sichten. Wir wissen nicht, was wir von dort bekommen. Es kann sein, dass die Kollegen Material mitbringen, das für weitere zwanzig Fälle ausreicht. Wir waren jetzt in Chile. Es gibt dort eine ungeheuere Menge von Material. Wir waren nicht in der Lage, nur einen Buchteil davon zu sichten. Wir wollen, wenn das irgendwie möglich ist, noch einmal nach Chile gehen. Es gibt noch ungeheuer viel Ansatzpunkte, und es kann durchaus sein, dass wir - kann sein, vielleicht auch nicht, dass wir in einem Jahr hier sitzen, und ich sage: Wir haben hundert Fälle. Wir wissen generell, dass sehr viele NS-Verbrecher nach Südamerika auswanderten, und wir konnten feststellen im Laufe unserer Recherchen in Argentinien vor einigen Jahren, dass die meisten dieser Leute mit einem einheitlichen Ausweisdokument dort einreisten, nämlich mit einem Pass des Internationalen Roten Kreuzes. Wir waren in Chile insoweit sehr erfolgreich, dass es dort tatsächlich solche Akten gibt: Wer reiste mit einem solchen Pass ein und was steckt hinter dieser Person. Es waren in Argentinien, es waren die Akten Eichmann, es waren die Akten Mengele, es waren die Akten Schwammberger. Alle diese Leute reisten mit einem Pass des Internationalen Roten Kreuzes ein, und das brachte uns auf die Idee, nach solchen Pässen zu suchen."

    Unabhängig von der Zentralen Stelle ermitteln immer noch die Staatsanwaltschaften von sich aus gegen NS-Täter. Dabei unterstützen die Ludwigsburger die Staatsanwaltschaften mit Informationen.

    "Ein ganz, ganz wichtiger Teil der Arbeit der Zentralen Stelle. Wenn heute ein Verfahren eingeht bei irgendeiner Staatsanwaltschaft, ist das Erste, was getan wird, ist die Anfrage bei uns: Ist dieser Vorfall bereits dort bekannt, wo haben Parallelverfahren stattgefunden, welche Erkenntnisse gibt es über den Tatort Majdanek, Lemberg oder was auch immer. Also unser zweites ganz, ganz wichtiges Standbein ist die Unterstützung der Staatsanwaltschaften mit Informationen und mit Fachwissen. Wir stellen also unser Fachwissen, das in großem Maße vorhanden ist, den Staatsanwaltschaften auf Anfrage zur Verfügung. Auch heute noch. Auch heute noch."

    Seit dem Jahr 2000 übernimmt das Bundesarchiv nach und nach die Akten der abgeschlossenen Verfahren - eine Dokumentensammlung von über einer halben Million Kopien. Dazu wurde im Ludwigsburger Gebäude eine Außenstelle des Bundesarchivs eingerichtet. Das einzigartige Archivgut steht jedem zur Nutzung offen.