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Strahlende Erscheinung

Hollywood-Legende Paul Newman beeindruckte durch seine strahlende Erscheinung, die alle Mängel ausglich. Zur ganz großen Ikone wurde er in den 70er Jahren mit Filmen wie "Buffalo Bill und die Indianer" und mit George Roy Hills stilisiertem Edelwestern "Butch Cassidy and the Sundance Kid". Doch Newman gab sich nicht mit dem Leben eines Schauspielers zufrieden: Er engagierte sich als Friedensaktivist, probierte sich als Autorennfahrer und Soßenfabrikant.

Von Josef Schnelle | 27.09.2008
    Was aus ihm wohl geworden wäre ohne die blauen Augen? Das hat er sich selbst immer wieder gefragt. Er war nicht der vielversprechende Musterschüler in Lee Strassbergs legendärem Actors Studio - wie Marlon Brando und James Dean. 1952 wurde er dennoch an der berühmten Schauspielschule in New York angenommen - seiner blauen Augen wegen.

    Die strahlende Erscheinung Paul Newmans glich alle seine Mängel aus, selbst in den Augen des strengen Lee Strassberg. Lange wurde er trotzdem noch mit Marlon Brando verwechselt. 500 Autogramme, das gab er vor wenigen Jahren in einer Talk-Show zu, habe er unterzeichnet mit: "Best wishes, Marlon Brando."

    Und wenn man ihn nicht mit Brando verwechselte, wurde er als "neuer Brando" gefeiert. Und man muss zugeben, dass der körperlich geprägte Darstellungsstil der beiden tatsächlich ähnlich war. Doch als Brando sich schon anschickte, eine Legende zu werden, waren die ersten beiden Filme des netten jungen Mannes aus Cleveland, Ohio, erst einmal schreckliche Flops, über die Newman später nicht gerne redete.

    Erst mit seinem Portrait des umstrittenen Boxweltmeisters Rocky Graziano "Die Hölle ist in mir" zeigte Newman 1956 sein ganzes Repertoire als Mann zwischen Härte und Zärtlichkeit. Und so war er auch - wieder ähnlich wie Brando - der Mann für die Tennessee Williams-Stoffe.

    In "Die Katze auf dem heißen Blechdach" platzt ihm der Kragen, weil Liz Taylor immer wieder seinen Vater "Big Daddy" hochleben lässt. Für die Rolle des haltlosen Alkoholikers Brick, der sein Selbstmitleid als gescheiterter Footballprofi im Whiskey ertränkt, bekam Newman seiner erste von insgesamt zehn Oscar-Nominierungen als bester Schauspieler.

    Gewonnen hat er die begehrte Trophäe erst sehr viel später für einen Seniorenauftritt als Pool-Billard-Legende "Fast Eddie Felson", der einem jungen Adepten - gespielt von Tom Cruise - in "Die Farbe des Geldes" von Martin Scorsese 1986 zeigt, worum es wirklich geht beim Spiel um die bunten Kugeln auf grünem Filz: um Männermythen, das ewige Duell jung gegen alt und um die Härte und die Zartheit des Spiels.

    In den 80er Jahren war Newman schon eine lebende Legende mit 80 Filmen im Rücken. Bei sechs Filmen hatte er außerdem Regie geführt, darunter 1987 bei einer hochgelobten Tennessee-Williams Adaption von "Die Glas Menagerie".

    Die ganz große Zeiten des Schauspielers Paul Newman waren aber die 69er, 70er Jahre, in denen er - blaue Augen oder nicht - zur Ikone des New Hollywood wurde mit Filmen wie "Buffalo Bill und die Indianer" von Robert Altman und mit George Roy Hills stilisiertem Edelwestern "Butch Cassidy and the Sundance Kid". Mit Robert Redford zusammen und noch einmal in der Gangsterkomödie "Der Clou" 1973 spielte sich Newman als liebenswerter Nonkonformist in die Herzen der Zuschauer.

    Newman und Redford wurden fortan immer in einem Atemzug genannt, engagierten sich auch beide für ein neues Kino und fochten Wahlkämpfe aus für die demokratische Partei. In Richard Nixons nach dessen Tod bekannt gewordenen Enemy-List hält Paul Newman die Nummer 18. Dabei war er eher ein harmloser Held, verdiente in den späteren Lebensjahren mehr mit seiner Soßenmarke "Newmans Own" als mit den Filmen, war Eigentümer eines Rennteams mit schnellen Autos, erfand ein jährliches Camp für krebskranke Kinder und führte als schusseliger Vater in "Message in a Bottle" 1999 Kevin Costner noch als Nachfolger im Rollenfach "sympathischer Frauenversteher" ein.

    Paul Newman ist in seiner 50 Jahre währenden Karriere stets der gute Mensch von Nebenan gewesen - und trotz aller Gelassenheit der "Wildeste unter Tausend", so der deutsche Titel eines schönen Western von Martin Ritt aus den 60er Jahren.

    In seinem letzten Interview zeigte Newman sich übrigens stolz weniger auf seinen Ruhm als Schauspieler als auf das, was er daraus gemacht habe.

    "Ich kann nicht mehr als Schauspieler arbeiten. Jedenfalls auf dem Level, das ich gewohnt war. Man verliert seine Erinnerung, das Vertrauen in die eigene Kraft und Kreativität. Das ist ein geschlossenes Buch für mich. Deshalb bin ich so dankbar für die anderen Dinge, die in meinem Leben nun eine Rolle spielen."