
In Deutschland hat die Polizei in den vergangenen Tagen mehrere Straßenfeiern aufgelöst, bei denen sich die Beteiligten nicht an die Corona-Regeln gehalten hatten. In Hamburg etwa feierten rund 15.000 Menschen auf den Straßen. Die Polizei räumte das Schanzenviertel, dabei kam es zu Flaschenwürfen. In Stuttgart wurden fünf Polizisten bei Krawallen verletzt, eine Beamtin schwer. Wie der SWR berichtet, hatten sich rund 600 vorwiegend junge Menschen nicht an die Abstandsregeln und das geltende Alkoholverbot gehalten. Als die Polizei eingriff, soll es auch hier zu Flaschenwürfen gekommen sein.
Unterschiedliche Gefahren-Einschätzung
Das seien "keine politischen Aufstände", aber er erwarte im Laufe des Sommers mehr solcher "Ansammlungen, die dann auch entgleiten können", sagte der Politikwissenschaftler Rafael Behr von der Polizeiakademie Hamburg im Deutschlandfunk. Soziale Regeln würden jetzt wieder unterschiedlich interpretiert, gerade weil Lockerungen der Pandemie-Einschränkungen in einem unterschiedlichen Tempo stattfinden. "Das Einfrieren sozialer Aktivitäten war ordnungspolitisch gesehen für die Polizei leichter", so Behr. "Jetzt füllen sich die Straßen wieder." Und die Menschen schätzten die Gefahr durch das Coronavirus dabei sehr unterschiedlich ein.
"Gewisse Unduldsamkeit" in Reihen der Polizei
Die Polizei spiele dabei "die Rolle des Störenfrieds", sagte Behr. Menschen kämen wieder zusammen - da sei auch Alkohol und Testosteron im Spiel - und die Polizei müsse junge Männer oft zur Einhaltung der Abstandsregeln ermahnen oder Ansammlungen auflösen. "Da liegen oft die Nerven schon blank. Und ich glaube, hier entlädt sich auch etwas, was sich lange Zeit aufgestaut hat", so der Wissenschaftler.

Die Polizei bekomme dabei als "Prellbock" Unmut gegen Staat, gegen die Regierung, gegen alles Mögliche an Einschränkungen ab. Und in den Reihen der Polizei sei eine "gewisse Unduldsamkeit" zu spüren, sagte Behr, gerade weil die Polizeibeamten immer die gleichen Ermahnungen aussprechen müssten.