Archiv


Straßenpflaster mit Öko-Lunge

Technik. - Italienische Ingenieure entwickelten einen so genannten katalytischen Asphalt, der Autoabgase absorbiert. Das Umwelt-Pflaster stößt international auf Interesse und wird bereit in Shanghai und Peking eingesetzt, nur in seiner Heimat scheint man skeptisch.

Von Thomas Migge |
    Mailand hält einen einmaligen Rekord. In keiner anderen Großstadt Italiens und Europas herrscht fast Dauersmog. Fast jeden Tag liegen die Ozonwerte über den gesetzlich zugelassenen 180 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Mit schlimmen Folgen für die Gesundheit der Mailänder. Aber auch in Rom und Neapel herrscht jedes Jahr wochenlang Smog. Auf jeden dritten Italiener kommt ein PKW. Ein Trend, der sich so schnell nicht ändern wird. Was tun? Claudio Terruzzi hat eine Idee, wie sich in die in smogverseuchten Metropolen der Luftverschmutzung eindämmen lässt. Das Zauberwort heißt Fotokatalyse, erklärt Nino Mantucci vom staatlichen Wissenschaftsinstitut für Luftverschmutzung in Rom:

    "Wir haben wichtige Erfahrungen mit der Fotokatalyse gewonnen: die fotokatalytische Selbstreinigung von entsprechend beschichteten Oberflächen funktioniert tatsächlich. Der von Ingenieur Terruzzi in seinem Unternehmen erfundene fotokatalytische Asphalt zersetzt Feinstaub und macht ihn für die menschliche Gesundheit unschädlich."

    Der von dem Mailänder Ingenieur Terruzzi entwickelte und vom CNR getestete katalytische Asphalt sieht aus wie ein ganz normaler Straßenbelag. Dieser Asphalt ist mit Mörtel bestrichen worden, einem patentierten Material. Terruzzi mischte dem Mörtel Quarzpartikel und andere fotokatalytische Substanzen bei. Diesen strich er als zwei Millimeter dicken Film auf den Asphalt. Nino Mantucci:

    "Das führt dazu, dass eine fotokatalytische Reaktion angestoßen wird. Bei Licht und Luft wird auf der fotokatalytischen Oberfläche des Asphaltmörtels ein oxidativer Prozess angestoßen. Organische und anorganische Substanzen werden zunächst transformiert und dann zersetzt."

    Durch die fotokatalytische Reaktion werden auch Stickoxide, Polykondensate, sowie Benzole, Kohlenmonoxid und andere Verbindungen aufgelöst und unschädlich gemacht. Dieser Transformationsprozess verwandelt die giftigen Substanzen - auf den Straßen sind es vor allem die Autoabgase - in Natriumnitrat, Natriumkarbonat und Kalk. In Substanzen also, die für die menschliche Gesundheit ungefährlich sind. Das nationale Wissenschaftsinstitut CNR testete auf mehreren stark befahrenen Versuchsstraßen den in Mailand entwickelten katalytischen Asphaltbelag. Diese mehrere Wochen dauernden Tests ergaben, dass die Autoabgase in direkter Nähe des Asphalts zersetzt werden - zu nahezu hundert Prozent. Problematisch wird es allerdings, wenn Wind herrscht: dann werden die Autoabgase verweht und die katalytische Reaktion kann nur zum Teil in Gang gesetzt werden - ist sie doch an die Nähe zum katalytischen Mörtel gebunden. Die halbstaatlichen Autobahngesellschaften Italiens haben ebenfalls Tests durchgeführt. An den Mautstellen kommt es immer zu langen Staus. Die Italiener stellen ihre Wagenmotoren so gut wie nie ab. So kommt es regelmäßig zu hohen Luftverschmutzungswerten. In der Nähe von Mailand wurde der Asphalt vor einigen der Autobahnausgänge mit dem katalytischen Asphalt bestrichen. Die Luftverschmutzungswerte sanken um mehr als 60 Prozent - allerdings nur an den windstillen Tagen.