Mittwoch, 08. Mai 2024

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Streaming-Dienste für klassische Musik
Idagio und Quobuz

Der deutsche Musikmarkt hat im letzten Jahr erstmals wieder deutlich zugelegt. Am Ende war es ein Plus von 4,6 Prozent. Grund hierfür war nicht zuletzt die rasante Zunahme von Streaming-Abonnenten, die um stattliche 106 Prozent gewachsen sind. Immer mehr Anbieter konzentrieren sich dabei speziell auf klassische Musik.

Von Bjørn Woll | 07.12.2016
    Der jugoslawische Starpianist Ivo Pogorelich, aufgenommen während einer Deutschlandtournee in Hamburg am 26. Februar 1989
    Setzt auf Streaming: der Pianist Ivo Pogorelich (picture-alliance / dpa / Herrmann)
    Musik 1: Beethoven, Klaviersonate op. 54, 1. Satz mit Ivo Pogorelich
    Es ist eine kleine Sensation: Beethovens Klaviersonaten Nr. 22 und 24 sind die erste Aufnahme des Pianisten Ivo Pogorelich seit 18 Jahren. Das Besondere dabei: Sie erscheinen nicht auf CD, sondern exklusiv bei Idagio, einer Streaming-Platform im Internet. Und das hat einen Grund: Denn mit knapp einer halben Stunde Spielzeit sind die beiden Sonaten für das CD-Format schlicht zu kurz. Bei Idagio spielt das jedoch keine Rolle. Die Fans des exzentrischen Pianisten freut das.
    Musik 2: Beethoven, Klaviersonate op. 54, 1. Satz mit Ivo Pogorelich
    Streaming-Angebote mit klassischer Musik gibt es viele im Netz. Doch Idagio hebt sich nicht nur mit der exklusiven Pogorelich-Aufnahme von den Mitbewerben ab: Während die meisten Platformen alle Musikrichtungen anbieten und stark an der Popmusik orientiert sind, konzentriert sich Idagio ausschließlich auf die Klassik. Und das hat einen entscheidenden Vorteil für den Nutzer. Denn durch eine speziell für klassische Musik entwickelte Suchfunktion ist das Streaming-Portal exakt auf die Bedürfnisse des Klassikhörer zugeschnitten. Die Suche nach Interpreten, Komponisten, Einzelsätzen oder ganzen Werken ist damit komfortabler – und zeitigt zudem exaktere Treffer als bei den großen Mainstream-Diensten, bei denen die Klassik nur eine untergeordnete Rolle spielt.
    Langsam wachsendes Angebot
    Einen kleinen Wermutstropfen gibt es trotzdem, denn Idagio ist ein noch junges Unternehmen, das erst im letzte Jahr gegründet wurde. Zwar sind mittlerweile gut 15.000 Aufnahmen von über 600 Labels verfügbar, doch viele Künstler fehlen noch im Angebot. Allerdings gibt es bereits Gespräche mit den großen Plattenfirmen, darunter Universal und Warner. Doch hier muss sich der Hörer noch ein wenig gedulden, im Moment sucht man Namen wie Jonas Kaufmann oder Teodor Currentzis jedenfalls noch vergeblich.
    Musik 2: Mozart, Don-Giovanni-Ouvertüre mit Teodor Currentzis
    Hohe Klangqualität
    Die brandneue Don-Giovanni-Aufnahme von Teodor Currentzis findet man etwa bei Quobuz. Der französische Streaming-Dienst ist einer der größten Anbieter für klassische Musik auf dem Markt und bietet neben dem Streaming auch einen klassischen Download-Bereich an. Entstanden ist Quobuz aus einem Klassik-Label, auch wenn Rock- und Popmusik eine zunehmend wichtigere Rolle spielen. Doch 50 Prozent am Gesamtumsatz entfallen nach wie vor auf Klassik und Jazz. Und gerade dem Klassikhörer bietet Quobuz einige lohnenswerte Features: So gibt es zu den meisten Aufnahmen ein digitales Booklet, was im Online-Angebot leider keine Selbstverständlichkeit ist. Außerdem liegt ein besonderes Augenmerk auf der Klangqualität: Downloads haben mindestens CD-Qualität, MP3-Downloads werden sogar gar keine mehr angeboten. Zudem hat Quobuz ein beeindruckendes Angebot an hochauflösender Musik und ist weltweit der einzige Dienst, der ein Streaming in 24 Bit Auflösung anbietet. Die vor zwei Jahren in HD remasterte Callas-Edition wird damit zu einem Hörgenuss in echter High-End-Qualität.
    Musik 3: Puccini, Vissi d‘arte mit Maria Callas
    In welcher Qualität die Musik gestreamt werden soll, entscheidet der Kunde selbst: In MP3-Qualität werden bei Quobuz 9,99 Euro im Monat fällig, CD-Qualität gibt‘s für knapp 20 Euro. Bei Idagio gibt es dagegen einen kostenlosen Bereich mit Aufnahmen, die vor der Bezahlschranke liegen; wer auf den ganzen Katalog zugreifen möchte und statt in 192 lieber in 320 kbit/s hören möchte, der zahlt im Monat 8 Euro. Beide Streaming-Portale bieten ihren Nutzern zudem die Möglichkeit über Playlists die eigene Musik persönlich zu verwalten und über Apps für Smartphone und Tablet unterwegs auch offline zu hören. In Sachen Playlists hat Quobuz noch die Nase vorne, aber auch bei Idagio werden die Möglichkeiten ständig ausgebaut. Die Franzosen haben also insgesamt das ausgereiftere Angebot, auch weil sie schon länger im Geschäft sind. Doch mit Idagio entsteht gerade ein weiterer interessanter Anbieter, der sich speziell an den Bedürfnissen des Klassikhörers orientiert. Und das sind doch wahrlich gute Nachrichten.
    Die vollständige Aufnahme der beiden Beethoven-Sonaten mit Ivo Pogorelich ist exklusiv auf IDAGIO (www.idagio.com) erhältlich.