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'Streichermusik der Republik Venedig'

Dazu begrüßt Sie sehr herzlich am Mikrophon: Norbert Hornig. Unter dem Stichwort "Alte Musik", verehrte Hörerinnen und Hörer, möchte ich Ihnen heute Werke für Streicher von wenig bekannten venezianischen Komponisten des frühen 17. Jahrhunderts vorstellen. * Musikbeispiel: Giovanni Picchi - Canzone V a doi violini "Streichermusik der Republik Venedig", so lautet der Titel der neuesten Aufnahme des italienischen Ensembles "Sonatori de la Gioiosa Marca", die auf dem Label Divox erschienen ist. Die CD faßt Kompositionen zusammen, die in der Zeitspanne zwischen 1615 und 1630 entstanden: Werke von Giovanni Rovetta, Francesco Turini, Giovanni Battista Fontana, Dario Castello, Biagio Marini, Giuseppe Scarani sowie Giovanni Picchi, von dem Sie zu Beginn die Canzone Nr. 5 für zwei Violinen und Cembalo hörten.

Norbert Hornig |
    Die ersten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts markieren in Venedig eine Zeit des musikalischen Umbruchs und der kompositorischen Experimente. 1612 war mit Giovanni Gabrieli einer der Pioniere auf dem Gebiet der Instrumentalmusik gestorben. Seinen Vokalkompositionen entsprechend, besetzte Gabrieli auch seine Instrumentalwerke doppelchörig, zuweilen erklingen 22 Stimmen gleichzeitig. Die "Sacrae Symphoniae et Canzoni" und die gewaltige "Sonata con tre Violini" zählen zu den Höhepunkten seines Instrumentalschaffens. Sie beeinflußten die späteren Komponistengenerationen maßgeblich. Giovanni Gabrielis Nachfolger im Kapellmeisteramt an San Marco in Venedig wurde Claudio Monteverdi. Er stärkte die soziale Stellung der Instrumentalisten, zahlte Jahresgehälter und förderte damit auch das musikalische und technische Niveau, was dem städtischen Musikleben insgesamt zugute kam. Denn die Musiker spielten nicht nur im Gottesdienst, sondern auch bei religiösen und weltlichen Festlichkeiten jeder Art.

    Hatten in der Renaissance noch die Bläser dominiert, so traten zu Beginn des 17. Jahrhunderts die Streicher, und hier besonders die Violine, in den Vordergrund. Vor allem aus Brescia kamen viele Geiger in das wohlhabende und musikliebende Venedig, um sich hier ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Unter ihnen war auch der Geiger und Komponist Biagio Marini. Als einer der ersten entwickelte er eine geigentypische Schreibweise. Bekannt wurde vor allem seine Echo-Sonate für drei Violinen, die mit genauen Aufführungshinweisen versehen ist. In der Continuo-Stimme merkt Biagio an, das bei der Aufführung nur der erste Geiger sichtbar sein solle. Die Abbildung der Echoviolinen im Raum ist in der Aufnahme mit den "Sonatori de la Gioiosa Marca" vorbildlich gelungen. * Musikbeispiel: Biagio Marini - Sonata a tre violini in ecco Die Sonate für drei Violinen im Echo von Biagio Marini, musiziert von den "Sonatori de la Gioiosa Marca". Das Ensemble "Sonatori de la Gioiosa marca" wurde 1983 in Treviso gegründet. Die Stadt Treviso ist seit dem 15. Jahrhundert ein Teil des venezianischen Landbesitzes, italienisch "marca" genannt. Die Sonatori, auf deutsch "Spielleute", gehören heute zu den bekanntesten und erfolgreichsten Musikern Italiens auf dem Gebiet der historisierenden Aufführungspraxis. Vor allem ihre Vivaldi-Aufnahmen fanden viele begeisterte Hörer. Die Mitglieder des Ensembles studierten bei den namhaftesten Interpreten für Alte Musik an der Schola Cantorum Basiliensis, am Royal College of Musique in London oder am Centre de Musique Ancienne in Genf. Schon bald entwickelte das Ensemble seinen eigenen, ganz persönlichen Stil, der von sprühendem Temperament und brillanter Instrumentaltechnik geprägt ist. Sein Repertoire reicht von Gabrieli bis hin zu Mozart. Mit besonderem Interesse widmen sich die "Sonatori" den venezianischen Komponisten des 17. und 18. Jahrhunderts. * Musikbeispiel: Giovanni Rovetta - Canzone III a 4 Canzone Nr. 3 zu vier Stimmen von Giovanni Rovetta, der 1644 als Nachfolger von Claudio Monteverdi das Amt des Kapellmeister an San Marco in Venedig übernahm. Sie hörten das Ensemble "Sonatori de la Gioiosa Marca".

    Die Aufnahme der "Sonatori" macht auf faszinierende Weise deutlich, wie einschneidend die Entwicklungen waren, die mit der Entdeckung der Möglichkeiten des Streicherklanges zu Beginn des 17. Jahrhunderts einsetzte. Die Wandlungsfähigkeit und Sinnlichkeit der Streicherfarben inspirierten die Komponisten und eröffneten neue Ausdruckshorizonte. Die "Sonatori de la Gioiosa Marca" meiden jede vordergründige Brillanz. Sie musizieren ruhig und entspannt, sie lassen die Musik ausschwingen und zu sich selbst kommen. Der pastorale Ton einiger Stücke kommt dadurch geradezu beruhigend zur Wirkung. Das Klangbild wirkt sehr natürlich. Die Technik hat es verstanden, den Hall des Aufnahmeraumes unverfälscht und ganz im Sinne des musikalischen Ausdrucks einzusetzen. Nichts klingt hier verschleiert oder künstlich hervorgehoben. Auch in dieser Hinsicht setzt die Aufnahme Maßstäbe. * Musikbeispiel: Francesco Turini - Sonata a 3 Secondo tuono Die Neue Platte. In unserer heutigen Sendung stellten wir Ihnen Werke wenig bekannter venezianischer Meister des frühen 17. Jahrhunderts vor. Zum Schluß erklang die Sonate zu drei Stimmen von Francesco Turini. Es musizierte das italienische Barockensemble "Sonatori de la Gioiosa Marca". Die CD ist auf dem Label Divox erschienen und über den Musikvertrieb Note 1 erhältlich.

    Noch einen schönen 4. Adventssonntag wünscht ihnen Norbert Hornig.