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Streit über Eberfleisch

Das Oberlandesgerichts Köln hat im so genannten Eberfleischprozess zwischen einem dänischen Schlachthofkonzern und der Bundesregierung eine Entscheidung zugunsten der Dänen gefällt. Es ging um eine Schadensersatzforderung der dänischen Seite nach einem deutschen Importverbot für Eberfleisch.

Von Annette Eversberg |
    Jetzt wurden Ansprüche auf einen Schadensersatz vom Gericht bestätigt und die Berufung der Bundesregierung zurückgewiesen. Was aber hat das Urteil jetzt für Folgen für diesen speziellen Markt? Wird es künftig noch ein Ebermastprogramm in Dänemark geben?

    Die Entscheidung hat lange auf sich warten lassen. Denn der dänische Schlachthofkonzern Danske Slagterier hatte die Klage schon im Jahr 2000 eingereicht. Der Grund der Klage: Deutschland hatte in den Jahren 1993 bis 1996 den Import von Ebern, also männlichen Mastschweinen, verboten. Obwohl es einen Binnenmarkt gab und auch die EU den Im- und Export von Ebern geregelt hatte. Deutscherseits wurde seinerzeit argumentiert, dass die Kontrollen in Dänemark nicht der deutschen Fleischhygieneverordnung entsprechen. Für die dänischen Schweinehalter, die als Genossen Inhaber des Schlachthofkonzerns sind und demzufolge auch als Kläger auftraten, war dies ein herber Einschnitt. Denn sie hatten große Hoffnungen auf die Ebermast gesetzt, betont Jorgen Popp Petersen, Sprecher der Schweineproduzenten in Südjüttland:

    "Wir waren fast völlig umgestellt, alle Produzenten. Die Zuwachsraten sind besser beim Eber und der Magerfleischanteil ist auch ein bisschen besser. "

    Für die Schweinehalter zählte in erster Linie der weit geringere Arbeitsaufwand bei höherem Gewinn. Männliche Tiere müssen außerdem nicht kastriert werden. - Eine Arbeit, die der Landwirt in der Regel selber leistet. Auch bei uns in Deutschland, erläutert der Leiter des nordfriesischen Veterinäramts Dr. Christian Runge:

    "Nach dem deutschen Tierschutzgesetz ist es erlaubt, die Kastration bei männlichen Ferkeln bis zum Alter von vier Wochen ohne Betäubung vorzunehmen, wenn keine Anomalien vorliegen. "

    In Dänemark geschieht dies in den ersten vier Tagen. Trotzdem sind damit Schmerzen für die Tiere verbunden. Deshalb waren die dänischen Landwirte im Rahmen des Eberprogramms froh, keine Kastration vornehmen zu müssen. Schließlich sind jeweils 50 Prozent aller Ferkel, die geboren werden, männlich. Zwölf Millionen Schweine müssen deshalb allein in Dänemark jährlich kastriert werden. Unkastrierte männliche Schweine entwickeln nämlich Geschlechtshormone, und dies hat Folgen für Geruch und Geschmack des Fleischs. Dr. Christian Runge:

    "Es ist ja so, dass in der Wildschweinpopulation Wildschweineber zu bestimmten Zeiten nicht genießbar sind. Und da die Haustierrassen aus den Wildschweinen gezüchtet worden sind, hat sich dieser Geschlechtsgeruch gehalten. Und der Geschlechtsgeruch beim männlichen Tier wird von vielen Menschen als so unappetitlich empfunden, dass das Fleisch einfach nicht verzehrt wird. "

    Danske Slagterier hatte zwei Strategien. Man versuchte, den Geschlechtsgeruch zu kontrollieren. Dabei konzentrierte man sich vor allem auf einen Stoff, das Skatol. Im Gegensatz dazu wies die Bundesanstalt für Fleischforschung in Kulmbach nach, dass auch der Duftstoff Androstenon für den Ebergeruch verantwortlich ist. Außerdem ging man in Dänemark davon aus, dass ein Eber, der nur höchstens 80 Kg wiegt und demzufolge jünger ist, auch weniger Geruchsstoffe entwickelt als Schweine, die schwerer sind. Dem widerspricht Christian Runge:

    "Ich bin sicher, dass es bei männlich Schweinen, die unkastriert bis 80 Kg gemästet werden, ohne eine selektive Beeinflussung der Zucht, geruchliche Probleme geben wird, die von Verbrauchern unterschiedlich wahrgenommen werden. Und da man als Produzent von Fleisch eine möglichst große Zahl von Verbrauchern ansprechen will, muss man sich dann auch nach denen richten, die am empfindlichsten sind. "

    Das Ebermastprogramm ist in Dänemark inzwischen beendet worden. Aus Rücksicht auf den Verbraucher. Denn Deutschland ist für Dänemark, das auf Export angewiesen ist, der wichtigste Markt. Bei dem Prozess hat der dänische Schlachthofkonzern auf entgangenen Gewinn in Höhe von 148 Millionen Euro in den zurückliegenden Jahren geklagt. Dabei stützte er sich darauf, dass Deutschland wegen des Importverbots von Eberfleisch 1998 vom Europäischen Gerichtshof verurteilt worden war. Dieses Urteil hat jedoch nicht dazu geführt, dass nun etwa aus anderen europäischen Ländern Eber auf den deutschen Markt exportiert worden wären. Auch in Dänemark denkt man nicht mehr daran. Jorgen Popp Petersen:

    "Da wurden etliche Hundert Millionen von Kronen investiert damals. Und letztlich war es ja eine Verbraucherfrage. Mehrheitlich wünschte man das nicht. Und da glaube ich, das traut man sich nicht mehr, noch einmal zu machen. "