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Streit um Beuys in Moyland eskaliert

Die Auseinandersetzung um die Bewahrung des künstlerischen Erbes von Joseph Beuys auf Schloss Moyland spitzt sich zu. Es geht ums Geld und um die Kunst: Die Moyland-Betreiber werfen der NRW-Landesregierung vor, das Beuys-Museum finanziell austrocknen zu wollen, das Museum wiederum soll mit den Werken nicht angemessen umgehen.

Gerhard Pfennig im Gespräch mit Stefan Koldehoff | 17.03.2010
    Stefan Koldehoff: Fast könnte man den Eindruck haben, als bereite man sich in Düsseldorf in der Kunstsammlung NRW schon einmal ein bisschen vor auf die Übernahme der umfangreichen Sammlung von Frühwerken von Joseph Beuys, die zurzeit noch in Schloss Moyland am Niederrhein zu sehen ist. "Beuys ausstellen" heißt zurzeit eine Gesprächsreihe am Rhein, in der untersucht wird, wie man das Werk des 1986 verstorbenen Künstlers heute noch aktuell halten kann. Seit in Moyland vor knapp 13 Jahren das Beuys-Museum als Stiftung der Sammlerfamilie van der Grinten, der Schlossbesitzerfamilie von Steengracht und des Landes NRW eröffnet wurde, gibt es immer wieder Streit. Kunsthistoriker kritisieren die Präsentation und die konservatorischen Bedingungen dort. Künstlerwitwe Eva Beuys hat deshalb schon einmal laut über einen Umzug nach Düsseldorf nachgedacht. Kann sie gar nicht, sagt nun Stiftersohn Gerhard von der Grinten in einem Interview und kündigt seinerseits an, bei einer Zerschlagung nach neuen Partnern zu suchen. Gerhard Pfennig ist Anwalt der Familie Beuys - was ist der Hintergrund dieser neuen Eskalationen?

    Gerhard Pfennig: Seit es dieses Museum gibt, gibt es Auseinandersetzungen über die Frage, ob das, was in dem Museum jetzt gezeigt wird, jedenfalls was den Beuys-Komplex angeht, wirklich wirksam erworben worden ist. Frau Beuys steht ja auf dem Standpunkt, dass Joseph Beuys nur einen Teil der Werke, die die van der Grintens da eingebracht haben, denen wirklich geschenkt oder verkauft hat. Er wollte allerdings sein Frühwerk gemeinsam mit dem Land und auch mit den Brüdern, aber eben unter seiner eigenen Beteiligung in eine Stiftung einbringen und hat ihnen deshalb sein Archiv und seine anderen Werke in Verwahrung gegeben. Die Brüder haben das aber zu Lebzeiten von Beuys nicht hingekriegt, und erst als er gestorben war, 86, danach begannen die Planungen für dieses Museum in Moyland, und dann wurde auf einmal so getan, als gehörte der gesamte Bestand, den die Brüder van der Grinten in Händen hatten, ihnen, und das wurde dann in diese Stiftung eingebracht, und dafür hat das Land auch kräftig bezahlt. Es hat inzwischen ungefähr 50 Millionen in die Erneuerung dieser Ruine, in Pensionen, Gehälter und ich weiß nicht was alles für die Familie van der Grinten und Unterhalt gezahlt. Und jetzt zu kommen und zu sagen, es sei ein Fehler gewesen, dass die van der Grintens mit dem Land sich zusammengetan, ist natürlich völliger Quatsch. Allerdings ist der Eindruck von Frau Beuys, dass die Verwaltung der Werke sehr schlecht war, und das hat ständige Querelen über die Nutzung der Sammlung und auch über die Veröffentlichung von Werken bis heute gegeben. Und jetzt hat Frau Beuys endlich, genervt von dem ganzen Hin und Her, entschieden, dass für eine Ausstellung, die jetzt geplant wird, jedenfalls mit ihrer Genehmigung kein Katalog erscheint. Und das hat offensichtlich dann Nervosität ausgelöst.

    Koldehoff: Die Kritik von Frau Beuys und auch von anderen Fachleuten an der Art und Weise, wie in Moyland mit dem Oeuvre umgegangen wird, die gibt es ja schon seit Langem. Nun ist ja in dieser Stiftung das Land mit im Boot, es müsste also doch irgendwie nach so und so viel Jahren, in denen auch wir immer wieder über diese Querelen berichten, die Möglichkeit einer Vermittlung, einer Mediation, einer Lösung geben?

    Pfennig: In der Tat. Frau Beuys hat ja, als ihr sozusagen der Kragen geplatzt ist Anfang 2009, angedroht, einen Prozess zu führen und ihr Eigentum zurückzufordern. Herr Rüttgers hat sich dann eingeschaltet und hat sie gebeten, mit diesem Prozess zu warten, um Gespräche einzuleiten. Und in diesem Gespräch hat Frau Beuys zunächst mal erklärt, dass sie bereit sei, die Beuys-Werke - auch diejenigen, die ihrer Meinung nach ihr gehören -, dort zu belassen, und hat dann allerdings Auskunft darüber verlangt, was eigentlich da in diesem Museum von Beuys vorhanden ist, denn darüber gibt es keine Verzeichnisse. Dieser Herausgabe der Liste, die das Land bezahlt hat mit Extra-Mitteln, hat der Vertreter der Familie van der Grinten widersprochen. Man hat ihr also diese Liste nicht gegeben, und das Land konnte sich gegen die van der Grintens nicht durchsetzen. Also jedenfalls, Herr Rüttgers und Frau Beuys sind eigentlich bereit, einen gemeinsamen Weg zu gehen, aber die Familie van der Grinten beharrt auf ihren Rechten und ist überhaupt nicht flexibel. Und dieses Interview zeigt ja eigentlich diese Position auch in drastischer Form.

    Koldehoff: Nun muss dieser Weg, den die beiden bereit wären, zusammen zu gehen, Frau Beuys und Herr Rüttgers, ja nicht unbedingt weiterhin in Moyland stattfinden. Es gibt seit längerer Zeit die Aussage, es sei in Wirklichkeit ein großes Beuys-Museum angegliedert an die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf geplant.

    Pfennig: Na ja, also Frau Beuys geht es eigentlich darum, dass die Dinge sichtbar sind, dass die Menschen Zugang zum Frühwerk haben. Am wichtigsten ist ihr, dass sie endlich vernünftig betreut werden, vernünftig restauratorisch erschlossen werden. Ich meine, wenn Sie sehen, jetzt wird die Hängung dort geändert, aber in den letzten 12, 14 Jahren hingen ja die Zeichnungen an einem Fleck im Licht, es hat dort niemanden interessiert. Es sind andere Werke im Keller von Insekten zerfressen worden und falsch restauriert worden. Also Frau Beuys geht es eigentlich vor allen Dingen darum, dass die Dinge in Zukunft besser gepflegt und betreut werden. Und wenn das anderswo besser geht als in Moyland, wäre sie natürlich sogar interessiert, es nach Düsseldorf zu tun, denn da kommen die Menschen hin, da ist die Staatliche Kunstsammlung, die Landessammlung, und dort wären sie besser zugänglich. Wichtig ist, dass die Struktur dieser Stiftung sich so ändert, dass auch die Direktoren wirklich machen können, was sie wollen, und nicht eine Familie, jetzt in der zweiten Generation, dort alles bestimmt und regelt und überall reinredet und alles Vernünftige verhindert.