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Streit um Bildungsfinanzierung

Der Streit über die Finanzierung des Bildungssystems erreicht eine Woche vor dem Qualifizierungsgipfel der Kanzlerin einen Höhepunkt. Nicht nur, dass die Länder traditionell mit dem Bund inhaltlich uneins sind - inzwischen kursieren zudem divergierende Ankündigungen der Bundesregierung: Sechs oder zehn Milliarden Euro zusätzlich - und wer soll diese Summen aufbringen?

Von Jacqueline Boysen |
    Für Bundesbildungsministerin Annette Schavan, CDU, liegt der Schlüssel für die Bildungsfinanzierung im demographischen Wandel: Die Bundesministerin will die Länder dazu bringen, Geld, das bei sinkenden Schülerzahlen in den kommenden Jahren eingespart wird, im Bildungshaushalt zu belassen. Namens des Bundes kündigt sie an, bis 2012 zusätzlich sechs Milliarden Euro investieren zu wollen. Voraussetzung für die christdemokratische Bundesbildungsministerin: Das Gerangel um Kompetenzen zwischen Bund und Ländern müsse aufhören:

    "Wir sollen uns Zuständigkeitsdebatten nicht leisten. Wir stehen dazu, dass die Schulpolitik Herzstück der Landespolitik ist und die Rolle von Städten und Gemeinden größer geworden ist. Wir wissen aber auch, dass die Föderalismusreform mehr gesamtstaatliche Verantwortung verlangt."

    ... und mehr Mittel aus der Bundeskasse. Doch Versprechungen in Höhe von immerhin sechs Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt rufen nun den Koalitionspartner auf den Plan: Ulla Burchardt, die sozialdemokratische Vorsitzende des Bildungsausschusses im Bundestag hält Annette Schavans Pläne schlicht für tollkühn:

    "Da fragen wir uns doch, wo nimmt Frau Schavan das Geld her. Sicher nicht aus ihrer privaten Schatulle. Wenn es soviel zusätzlich gibt, müssten wir das wissen, denn die Regierung verteilt Mittel nicht nach eigenem Gusto, sondern nach Beschlusslage des Parlaments."

    Neben dem, was die zuständige Bundesministerin vorhat, plant die Bundesregierung nun offenbar auch, Mittel, die bisher dem Ganztagsschulprogramm zugute kamen, nicht auslaufen, sondern in andere Bildungsprojekte fließen zu lassen. Hier handelt es sich um etwa eine Milliarde Euro pro Jahr, Laufzeit vier Jahre. Anders als manch einer seiner christdemokratischen Parteikollegen, befürwortet der sächsische Kultusminister Roland Wöller diese Hilfe vom Bund:

    "Der Bund hat ja in seiner Gesamtverantwortung einige Dinge angeschoben, die wir begrüßt haben, für Sachsen ist da besonders wichtig das Ganztagsangebot, dass wir verstetigt haben wollen - das wäre ein mögliches Ergebnis des Gipfels."

    Doch andere unionsregierte Länder sind skeptisch. Anstelle von zweckgebundenen Zuwendungen vom Bund fordern sie einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer. Auf Widerstand stößt auch Annette Schavans Idee einer Bundesbildungsstiftung, denn diese könnte Bildungseinrichtungen nicht kontinuierlich helfen, sondern käme allein kurzfristig wechselnden Projekten zugute.
    Unterdessen haben die Spitzengremien der CDU heute ein eigenes Bildungsprogramm verabschiedet. Auch hier geht es ums Geld, das Programm steckt ein ehrgeiziges Ziel: Die staatlichen Ausgaben für Bildung und Forschung sollen insgesamt gesteigert werden und im Jahr 2015 schließlich 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachen. Derzeit rangieren die Ausgaben von Bund Ländern und Kommunen insgesamt bei weniger als neun Prozent.