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Streit um Bootsstege in Schleswig-Holstein

An Schleswig-Holsteins Seeufern sind viele Holzstege schon vor Jahrzehnten gebaut worden. Vor elf Jahren führte die Regierung nachträglich eine Genehmigungspflicht ein und erklärte damit fast alle Holzstege für illegal. Inzwischen müssten viele alte Stege saniert werden. Aber eine Sanierung wird nach dem Gesetz als Neubau definiert und der muss genehmigt werden. Die Stegbesitzer wehren sich vehement gegen dieses höchst umstrittene Naturschutzgesetz.

Von Michael Wieczorek |
    Noch sind die Planken auf dem kleinen Holzsteg gut in Schuss. Kein Wunder, denn sein Besitzer Horst Kindt aus Plön hat ihn immer gut gepflegt. Schon seine Eltern haben ihn hier am Ufer des Trammer Sees vor langer Zeit gebaut:

    "Dieser Steg, der ist mindestens 50 Jahre alt, meine Eltern hatten das Grundstück vorher hier und der muss hin und wieder mal erneuert werden. "

    Doch wer denkt, er könnte seinen Steg unbehelligt reparieren, der ist buchstäblich auf dem Holzweg. Ausgerechnet dann droht sogar ein völliger Abriss. Grund dafür ist das seit elf Jahren geltende Landesnaturschutzgesetz, nach dem jegliche Reparaturen an Holzstegen faktisch einen Neubau bedeuten. Und damit einer extra Genehmigung bedürfen. Die hat Horst Kindt nicht:

    "Nein, bis heute nicht, da kämpfen wir schon viele Jahre jetzt darum, dass wir eine Genehmigung bekommen. Früher war das so, da gab es keine Genehmigungspflicht für einen Steg - der konnte gebaut werden - und im ’94er Gesetz ist jetzt die Auflage drinnen, dass jetzt jeder Steg eine Genehmigung haben muss. "

    Folge: Der Plöner müsste seinen Steg eigentlich abreißen. Doch das kam für ihn und für Tausende anderer Stegbesitzer nicht in Frage. Deshalb gründete er vor zehn Jahren die schleswig-holsteinische Schutzgemeinschaft zur Erhaltung der Seenlandschaft und der Uferregionen, kurz: SHESU. Der Verein klagte gegen das neue Gesetz vor dem Oberverwaltungsgericht - und verlor.

    In dem Urteil wurde jeder der 30.000 Stege in Schleswig-Holstein als Bootsteg eingestuft. Ganz gleich, ob er als solcher oder nur als Bade- oder Angelsteg genutzt wird. Naturschützer fühlen sich in dem Urteil bestätigt. Martin Marquardt vom BUND Schleswig-Holstein sieht in den Holzstegen eine Bedrohung für die Natur in Uferbereichen, insbesondere für den Schilfgürtel:

    "Das Schilf hat also bei uns momentan sowieso einen schweren Stand und die Stege bedeuten natürlich immer eine Schneise in diesen Schilfgürtel hinein, der dann durch Bootfahren dann meist noch weiter aufgewertet wird. Und immer wird das Schilf lichter und lichter und geht weiter zurück, so dass wir insgesamt an den Gewässern Rückgang von Schilf haben…"

    ...und außerdem seien Seeufer hierzulande ohnehin mit Holzstegen geradezu zugepflastert.

    Nicht alle, aber durchaus einige Stege sind inzwischen aus der Seenlandschaft verschwunden, so auch der Steg von Rüdiger Trepka. Hier ordneten die Behörden den Abriss an, obwohl der Eutiner seinen maroden Steg - wie vom Gesetz verlangt - kurz zuvor sogar repariert hat:

    "Die geben eben auch vor, dass Sie verpflichtet sind, Ihren Steg instand zu halten. Und das haben wir da getan. Diese Instandhaltung war dann Anlass dafür, dass die Untere Naturschutzbehörde gesagt hat: Nee, jetzt muss er weg, jetzt habt ihr da was neu gemacht. Also ich finde das ein starkes Stück, wenn mir also eine Einrichtung des Landes Schleswig-Holstein bestimmte Prämissen aufstellt, ich diese dann erfülle, eine andere Behörde kommt und sagt: Ja, das ist aber alles nicht richtig. "

    Da das Gerichtsurteil in diesem Streit unwiderruflich ist, bleibt nur noch, sich irgendwie friedlich zu einigen. Horst Kindt liefert ein Beispiel dafür:

    "Jetzt haben wir uns dahingehend verständigt, dass es einen öffentlich-rechtlichen Vertrag gibt, den der See-Eigentümer mit dem Anlieger abschließt, das heißt, dass er den Steg behalten darf, aber dafür bestimmte Renaturierungsmaßnahmen im Uferbereich vorzunehmen sind - dass man hier und da ein paar Steine entfernen muss, dass hier und da vielleicht mal eine Weide angepflanzt werden muss und, und, und... "