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Streit um den Vogelschutz

Landwirtschaft oder Vogelschutz? Darüber gibt es seit Langem Streit auf der Halbinsel Eiderstedt an der schleswig-holsteinischen Wattenmeerküste. Die EU-Kommission verlangt von der Landesregierung in Kiel, bis Ende Mai größere Flächen als bisher als Vogelschutzgebiete auszuweisen, ansonsten droht eine Klage.

Von Annette Eversberg |
    Die Gefahr einer Auseinandersetzung vor dem Europäischen Gerichtshof ist gebannt, wenn Schleswig-Holstein bis Ende Mai zusichert, weitere Flächen auf Eiderstedt nach der EU-Vogelschutzrichtlinie anzumelden. Die bisherige Meldung von rund 2700 Hektar ist aus der Sicht der Kommission und des Naturschutzbundes Deutschland mangelhaft. Für Ingo Ludwichowsky vom NABU bot sich dabei ein Puzzle:

    "Gebiete, die aus dem Gesamtzusammenhang ausgeschnitten worden waren, so dass wir letztlich nur einen Schweizer Käse vorgelegt bekommen haben. Ein weiterer Nachteil der Kulisse war, dass sie sich auf Gebiete beschränkt hat, die insgesamt so stark von der Umgebung beeinflusst wurden, dass auch dort kein effektiver Naturschutz zu machen war."

    Schleswig-Holstein muss nun diese Gebiete auf Eiderstedt und weitere Gebiete in der Eider-Treene-Sorge-Niederung zusammenlegen und erweitern. Anerkannt hat die EU-Kommission die von Schleswig-Holstein vorgenommene Auswahl der zu schützenden Arten. Christian Seyfert vom schleswig-holsteinischen Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt:

    "Trauerseeschwalbe, aber auch Wiesenbrüter, also Schnepfen, Kiebitze, Störche, auch gewisse Schwanarten. Daraus müssen wir weiter entwickeln, wo wir nachbessern können und auch müssen. Und das läuft jetzt."

    Wie groß die Gebiete sein sollen, darüber hat die EU-Kommission jedoch nichts gesagt. Trotzdem stehen für Eiderstedt etwa 7000 Hektar im Raum. Christian Seyfert vom schleswig-holsteinischen Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt will jedoch erst einmal die Gespräche mit den Landwirten auf Eiderstedt abwarten, an denen diesmal auch der NABU beteiligt werden soll.

    "Das sind vielleicht so die Größenordnungen, in denen man sich letztendlich bewegen wird. Dass wir auf jeden Fall wegkommen werden, ganz Eiderstedt zu melden, das wird nicht kommen, und das ist auch nicht das, was die EU-Kommission will, wie bisher von einigen immer behauptet worden ist."

    Das richtet sich vor allem gegen den NABU, der aufgrund seines naturschutzfachlichen Gutachtens eigentlich 20.000 Hektar gefordert hatte, auch weil er der Auffassung ist, dass es sich bei Eiderstedt um ein Gebiet handelt, das nach der EU-Vogelschutzrichtlinie als Feuchtgebiet ausgewiesen werden müsse. Ingo Ludwichowsky sieht bei der neuen Gebietskulisse durchaus Probleme.

    "Aus unserer Sicht sind die jetzt bekannt gewordenen 7000 Hektar schwierig im Naturschutzmanagement zu handeln, weil man Wert darauf legen muss, das innerhalb dieser 7000 Hektar die Naturschutzauflagen recht hoch gehalten werden. Hätte man die Kulisse größer ausgeformt, so hätte man mehr Flexibilität in der Ausgestaltung des Wiesenvogelschutzes und der Trauerseeschwalbe gehabt."

    Der schleswig-holsteinische Bauernverband ist nach wie vor nicht zufrieden. Er kritisiert das Vorgehen der EU-Kommission als ein Armutszeugnis für den Naturschutz und für Europa. Analog zu dem gleichartigen Beschluss des Bundesrates, verlangt der Bauernverband eine Überarbeitung der EU-Vogelschutzrichtlinie. Die Bundesregierung hat jedoch bis heute keinen Versuch gemacht, die Vogelschutzrichtlinie in Brüssel infrage zu stellen. Und für lange Debatten oder gar neue Gutachten ist keine Zeit mehr, denn sonst würde die Klage tatsächlich drohen. Christian Seyfert kann auf Daten verweisen, die längst vorliegen, um die Nachmeldung bis zum 31. Mai zu ermöglichen.

    "Von daher wissen wir sehr genau, welche Tiere wo vorkommen, was sich auch über die Jahre hin im Rahmen des Monitorings möglicherweise verschiebt. Es ist nicht so, dass die Vögel sich statisch verhalten und immer an derselben Stelle auftauchen und brüten. Und das, denke ich, ist gerade auch in Schleswig-Holstein mit einer Gründlichkeit aufgearbeitet, die es sonst in Europa kaum gibt."