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Streit um die Uni-Maut in Bayern

Das Thema Studiengebühren sorgt im Freistaat Bayern seit der Einführung 2007 für Kritik. Einzig die FDP, Koalitionspartner der CSU in Bayern, hält die Studiengebühren noch für richtig und wichtig. CSU-Mitglieder prophezeiten vergangene Woche einen Koalitionsbruch, sollte sich die FDP nicht bewegen.

Von Susanne Lettenbauer | 12.11.2012
    Als erster verließ Innenminister Joachim Herrmann am Samstagabend das Koalitionstreffen. Eilends und gut gelaunt verschwand der CSU-Politiker Richtung Auto. Vier Stunden nach Beginn des Koalitionsgipfels:

    Er müsse jetzt einen Termin für das Volksbegehren finden, lautet die knappe Äußerung des Innenministers. Stirnrunzeln bei den Journalisten: Koalition geplatzt? FDP gewinnt? CSU verliert oder andersherum? Während die FDP bis zum Wochenende strikt an den Uni-Gebühren festhielt, hieß es vom CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer klipp und klar:

    "Die CSU ist für die sofortige Abschaffung der Studiengebühren unabhängig vom angestrebten Volksbegehren, weil wir der Überzeugung sind, dass wir bei der jetzigen Haushaltslage ohne Gefährdung irgendeiner anderen politischen Zielsetzung im Haushalt den Universitäten und Hochschulen finanzielle Zuwendungen für hochwertige Studienbedingungen zur Verfügung stellen können."

    180 Millionen Euro nehmen die bayerischen Hochschulen derzeit an Studiengebühren jährlich ein. 180 Millionen Euro, die der Freistaat kompensieren müsste. Peanuts, glaubt man dem Ministerpräsidenten. Um die es nicht geht, sondern es geht ums Prinzip. FDP gegen CSU. David gegen Goliath. Eine Entscheidung auf Messers Schneide.

    Wie die Gespräche verlaufen, ob eine der Parteien bereits aufgegeben hat – fünf Stunden lang keine Information. Erst gegen 21 Uhr erfuhr die Öffentlichkeit von einem sichtlich entspannten Ministerpräsidenten, flankiert von den Fraktionsvorsitzenden der FDP und CSU:

    "Wir haben eine intensive Diskussion geführt zu der Thematik Studiengebühren, zu der neuen Situation, die entstanden ist durch die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes. Wir haben dazu unterschiedliche Auffassungen. Der Dissenz konnte heute nicht beseitigt werden. Er besteht fort."

    Dem müsse sie zustimmen, so Bayerns FDP-Chefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, ebenfalls auffällig entspannt:

    "Die FDP ist weiterhin der Auffassung - und da haben wir einen Dissenz mit unserem Koalitionspartner – dass wir die Studienbeiträge beibehalten sollten."

    Man habe sich deshalb geeinigt: Die Entscheidung werde vertagt. Die umstrittenen Studiengebühren werden im Freistaat nicht vorzeitig abgeschafft:

    "Was wir jetzt beide nicht ausgedrückt haben, ist, dass wir die Gespräche nur unterbrochen haben und dann im Januar nach Weihnachten fortsetzen werden."

    Diese Fortsetzung wird definitiv vor dem Beginn des Volksbegehrens liegen, betont Horst Seehofer mehrmals. Am Dienstag soll das Innenministerium das Datum für den Beginn des Volksbegehrens im Januar bekannt geben. In den kommenden Wochen wolle man lieber den Doppelhaushalt 2013/2014 festklopfen, so Seehofer. Völlig unbeeindruckt von der kurz zuvor initiierten Menschenkette der Studierenden, die noch am Donnerstag zwischen den beiden Münchner Universitäten LMU und TU fast vollständig gespannt wurde:

    "Also an der TU war die Resonanz jetzt nicht ganz so hoch, aber wir haben es jetzt doch geschafft, die Kette zu schliessen. Die Resonanz war doch sehr positiv, auch die Passanten haben uns angesprochen, also insgesamt eine sehr positive Resonanz."

    Die Initiatoren des Volksbegehrens, die mit einem Dringlichkeitsantrag im Bayerischen Landtag vor zwei Wochen die Uni-Maut gleich kippen wollten, zeigen sich enttäuscht. Michael Piazolo, Generalsekretär der Freien Wähler:

    "Die Regierung scheint entscheidungsunfähig zu sein. Ich muss sagen, die Unterbrechung der Gespräche finde ich keinen guten Stil, weil man jetzt erstmal das Bündnis laufen lässt, abwartet und dann vielleicht kurz vor dem Volksbegehren, wenn die Bevölkerung bereit ist, es dann abzuräumen, das ist schon schwache Regierungsarbeit."

    Seehofers Konkurrent, Münchens Oberbürgermeister und SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl Christian Ude, nutzt den Koalitionsdissenz derweil zu seinen Gunsten. Er plant einen Verzicht auf die kommunale Fachschulgebühr von 750 Euro jährlich an den 27 kommunalen Fachschulen. Die Haushaltslage erlaube dies mittlerweile, so Ude. Parallel zur Abschaffung der Studiengebühren werde er auch die Meisterprüfungen von Kurs- und Prüfungsgebühren freistellen, was CSU-Spitzenpolitiker seit Jahren fordern. Dazu wäre ein zusätzlicher Finanzbedarf von 23,5 Millionen Euro erforderlich. Bei Einbeziehung der Meisterkurse und -prüfungen bei Industrie und Handel würde sich der Bedarf um knapp 30 Millionen Euro erhöhen. Alles scheinbar kein Problem. Inwieweit die Arbeitgeber und Ausbildungsbetriebe sich beteiligen müssten, werde jetzt geprüft.