Ein Beitrag von Victoria Eglau
Wenn man einen völlig neuen Karriereweg im Hochschulwesen einführe, könne man nicht erwarten dass alles auf Anhieb klappe. Das sagte Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD), als es im Frühsommer darum ging eine erste Bilanz nach einem Jahr "Juniorprofessur" zu ziehen, und für sie ist das Projekt trotzdem erfolgreich:
Wir haben über 54 Hochschulen, die Juniorprofessur-Stellen eingerichtet haben, bisher sind für 800 Stellen Mittel eingerichtet worden. Die Resonanz ist durchaus positiv. Wir hatten am Anfang einige Schwierigkeiten, am Anfang haben Hochschulen nicht so ausgeschrieben, wie sie es eigentlich machen müssten - nämlich international - und nicht so ausschreiben, dass nur noch eine Person in Frage kommt, das hat sich aber inzwischen verändert. Wir haben eine große Zahl von Professoren die von anderen Hochschulen - auch aus dem Ausland - berufen worden sind. Das ist etwas, was ich sehr erfreulich finde, denn das war bisher immer ein Mangel in Deutschland - die Berufung aus dem Ausland. Bei den Juniorprofessur-Stellen liegt der Anteil bei 15 Prozent. Das ist auch gut und wichtig. Und wir haben einen ganz erfreulich hohen Anteil von Professorinnen - ihr Anteil liegt jetzt bei 25 Prozent. Deshalb glaube ich, dass es jetzt wichtig ist in den kommenden Jahren dieses Instrument wirklich gut einzusetzen und zu nutzen. Die Hochschulen müssen das jetzt auch nutzen und die Juniorprofessuren nicht als Ersatz-Assistenten behandeln.
Soweit also die Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn. Ulrike Flach (FDP), Vorsitzende des Bundestagausschusses für Bildung und Forschung, sieht das allerdings ganz anders. Sie hat an den Hochschulen eine eigenen Untersuchung über die Akzeptanz der Juniorprofessuren in Auftrag gegeben und sagt nun: Das Projekt ist gescheitert.
Von einem Scheitern des Projekts "Juniorprofessur" wie gestern von der Welt zitiert, wollte Ulrike Flach heute in einem Telefoninterview zwar nicht mehr sprechen - ihre Zwischenbilanz fiel jedoch trotzdem negativ aus:
Ich habe nur gesagt, es entspricht nicht dem was Frau Bulmahn auf ihrer Website als Erfolg bezeichnet. Und es entspricht auch leider nicht dem, was wir uns als Bildungspolitiker alle erhofft haben. Die Umsetzung erfolgt bei weitem nicht in diesem Tempo und mit der Erfolgsquote - wie wir es uns erhofft hatten.
Woher Ulrike Flach das weiß? Die Vorsitzende des Bildungsausschuss des Bundestages startete vor einigen Monaten eine Umfrage bei Universitäten. Sie wollte wissen ob sich die Juniorprofessur, mit der die Bundesregierung eine radikale Senkung des Durchschnittsalters der Professoren anstrebt, durchsetzt. Geantwortet haben bis heute knapp 70 Prozent der Hochschulen. Die Zahlen der Bundesregierung - 623 Juniorprofessoren sollen bereits an deutschen Hochschulen arbeiten - hält Flach demnach für viel zu hoch gegriffen. Sie kommt nur auf 414 Juniorprofessuren - aber die Umfrage ist ja auch noch nicht abgeschlossen. Flachs Vorwurf - der schleppenden Umsetzung - entgegnet Wolf Michael Catenhusen, Staatssekretär im Bundesbildungsministerium, das Interesse an Juniorprofessuren sei ungebrochen und für eine Bilanz sei es noch viel zu früh.
Ich denke, dass die Etablierung der Juniorprofessur Zeit braucht. Ich denke man kann ernsthaft solch eine Bilanz frühestens nach drei Jahren ziehen - wenn tatsächlich die Universitäten ihre Verfahren abgeschlossen haben. Also, Kritik kann man an Hochschulen üben, dass sie das Instrument nicht schnell genug umsetzen. Aber ich denke, dass allein die Bewerberzahlen, nämlich dass im Schnitt über sieben Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sich auf solche Stellen beworben haben, zeigt, dass dieses Instrument offenkundig attraktiv ist.
Doch die FDP-Bildungspolitikerin Ulrike Flach sieht sehr wohl einen Grund dafür, Alarm zu schlagen: Nur fünf Bundesländer haben die Einführung der Juniorprofessur bisher im Landesrecht umgesetzt und viele große Länder mit zahlreichen Universitäten, darunter auch Nordrhein-Westfalen, legen keine Eile an den Tag.
Das eigentliche Problem ist, dass die Länder das momentan nicht umsetzen. Die Rechtslage ist den Universitäten dann zu unklar und aus diesem Grunde machen sie dann in einem sehr langsamen Tempo die ganze Umsetzung - oder fangen überhaupt nicht an. Das haben wir vor allem an den großen Universitäten in Nordrhein-Westfalen, Bonn und Köln sind da Beispiele, da bewegt sich gar nichts aufgrund der unklaren Rechtslage. Ich zeige da mit dem Finger auch weniger auf Frau Bulmahn, als vielmehr auf die Länder. Denn die Blockade, wenn man hier von Blockade sprechen kann, ist eindeutig auf Länderseite.
Ein Vorwurf der vor allem in Richtung Bayern und Baden-Württemberg geht. Denn diese beiden unionsregierten Bundesländer haben gegen eine Einführung der Juniorprofessur vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt, und anderem weil sie darin eine faktische Abschaffung der Habilitation sehen. Dass die Klage eine lähmende Wirkung auch auf die anderen Bundesländer hat, glaubt auch Bildungsstaatssekretär Catenhusen. Doch er demonstriert Optimismus:
Dieser Streit wird vom Bundesverfassungsgericht entschieden werden. Ich denke, der im internationalen Vergleich sehr lange Qualifizierungsweg und die lange Unselbstständigkeit vieler, die auf dem Weg zum Hochschullehrerberuf sind, hat deutlich gemacht, dass die Habilitation eben nicht im internationalen Vergleich den Königsweg zur Gewinnung von Professoren und Professorinnen darstellt. Die wie wir es jetzt wollen, sehr frühzeitig selbstständig in Forschung und Lehre arbeiten können.
Ulrike Flach ist überzeugt. Damit die Juniorprofessur in Deutschland ein Erfolg wird, muss der Gesetzgeber noch einmal nachbessern:
Da ist die nach wie vor im Raum stehende Frage: Muss ich denn nur die Juniorprofessur anbieten oder kann ich nicht doch weiter zweigleisig fahren? Und zum anderen ist da dieses Loch nach der Juniorprofessur, dass viele junge Wissenschaftler sagen: Ich stehe dann ja im freien Raum, früher hatte ich die Gelegenheit mich zumindest eine gewisse Zeit ohne wirtschaftliche Sorgen bewerben zu können - das fällt weg mit der neuen Regelung, so dass wir auch dort noch mal ans Gesetz müssen.
Wenn man einen völlig neuen Karriereweg im Hochschulwesen einführe, könne man nicht erwarten dass alles auf Anhieb klappe. Das sagte Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD), als es im Frühsommer darum ging eine erste Bilanz nach einem Jahr "Juniorprofessur" zu ziehen, und für sie ist das Projekt trotzdem erfolgreich:
Wir haben über 54 Hochschulen, die Juniorprofessur-Stellen eingerichtet haben, bisher sind für 800 Stellen Mittel eingerichtet worden. Die Resonanz ist durchaus positiv. Wir hatten am Anfang einige Schwierigkeiten, am Anfang haben Hochschulen nicht so ausgeschrieben, wie sie es eigentlich machen müssten - nämlich international - und nicht so ausschreiben, dass nur noch eine Person in Frage kommt, das hat sich aber inzwischen verändert. Wir haben eine große Zahl von Professoren die von anderen Hochschulen - auch aus dem Ausland - berufen worden sind. Das ist etwas, was ich sehr erfreulich finde, denn das war bisher immer ein Mangel in Deutschland - die Berufung aus dem Ausland. Bei den Juniorprofessur-Stellen liegt der Anteil bei 15 Prozent. Das ist auch gut und wichtig. Und wir haben einen ganz erfreulich hohen Anteil von Professorinnen - ihr Anteil liegt jetzt bei 25 Prozent. Deshalb glaube ich, dass es jetzt wichtig ist in den kommenden Jahren dieses Instrument wirklich gut einzusetzen und zu nutzen. Die Hochschulen müssen das jetzt auch nutzen und die Juniorprofessuren nicht als Ersatz-Assistenten behandeln.
Soweit also die Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn. Ulrike Flach (FDP), Vorsitzende des Bundestagausschusses für Bildung und Forschung, sieht das allerdings ganz anders. Sie hat an den Hochschulen eine eigenen Untersuchung über die Akzeptanz der Juniorprofessuren in Auftrag gegeben und sagt nun: Das Projekt ist gescheitert.
Von einem Scheitern des Projekts "Juniorprofessur" wie gestern von der Welt zitiert, wollte Ulrike Flach heute in einem Telefoninterview zwar nicht mehr sprechen - ihre Zwischenbilanz fiel jedoch trotzdem negativ aus:
Ich habe nur gesagt, es entspricht nicht dem was Frau Bulmahn auf ihrer Website als Erfolg bezeichnet. Und es entspricht auch leider nicht dem, was wir uns als Bildungspolitiker alle erhofft haben. Die Umsetzung erfolgt bei weitem nicht in diesem Tempo und mit der Erfolgsquote - wie wir es uns erhofft hatten.
Woher Ulrike Flach das weiß? Die Vorsitzende des Bildungsausschuss des Bundestages startete vor einigen Monaten eine Umfrage bei Universitäten. Sie wollte wissen ob sich die Juniorprofessur, mit der die Bundesregierung eine radikale Senkung des Durchschnittsalters der Professoren anstrebt, durchsetzt. Geantwortet haben bis heute knapp 70 Prozent der Hochschulen. Die Zahlen der Bundesregierung - 623 Juniorprofessoren sollen bereits an deutschen Hochschulen arbeiten - hält Flach demnach für viel zu hoch gegriffen. Sie kommt nur auf 414 Juniorprofessuren - aber die Umfrage ist ja auch noch nicht abgeschlossen. Flachs Vorwurf - der schleppenden Umsetzung - entgegnet Wolf Michael Catenhusen, Staatssekretär im Bundesbildungsministerium, das Interesse an Juniorprofessuren sei ungebrochen und für eine Bilanz sei es noch viel zu früh.
Ich denke, dass die Etablierung der Juniorprofessur Zeit braucht. Ich denke man kann ernsthaft solch eine Bilanz frühestens nach drei Jahren ziehen - wenn tatsächlich die Universitäten ihre Verfahren abgeschlossen haben. Also, Kritik kann man an Hochschulen üben, dass sie das Instrument nicht schnell genug umsetzen. Aber ich denke, dass allein die Bewerberzahlen, nämlich dass im Schnitt über sieben Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sich auf solche Stellen beworben haben, zeigt, dass dieses Instrument offenkundig attraktiv ist.
Doch die FDP-Bildungspolitikerin Ulrike Flach sieht sehr wohl einen Grund dafür, Alarm zu schlagen: Nur fünf Bundesländer haben die Einführung der Juniorprofessur bisher im Landesrecht umgesetzt und viele große Länder mit zahlreichen Universitäten, darunter auch Nordrhein-Westfalen, legen keine Eile an den Tag.
Das eigentliche Problem ist, dass die Länder das momentan nicht umsetzen. Die Rechtslage ist den Universitäten dann zu unklar und aus diesem Grunde machen sie dann in einem sehr langsamen Tempo die ganze Umsetzung - oder fangen überhaupt nicht an. Das haben wir vor allem an den großen Universitäten in Nordrhein-Westfalen, Bonn und Köln sind da Beispiele, da bewegt sich gar nichts aufgrund der unklaren Rechtslage. Ich zeige da mit dem Finger auch weniger auf Frau Bulmahn, als vielmehr auf die Länder. Denn die Blockade, wenn man hier von Blockade sprechen kann, ist eindeutig auf Länderseite.
Ein Vorwurf der vor allem in Richtung Bayern und Baden-Württemberg geht. Denn diese beiden unionsregierten Bundesländer haben gegen eine Einführung der Juniorprofessur vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt, und anderem weil sie darin eine faktische Abschaffung der Habilitation sehen. Dass die Klage eine lähmende Wirkung auch auf die anderen Bundesländer hat, glaubt auch Bildungsstaatssekretär Catenhusen. Doch er demonstriert Optimismus:
Dieser Streit wird vom Bundesverfassungsgericht entschieden werden. Ich denke, der im internationalen Vergleich sehr lange Qualifizierungsweg und die lange Unselbstständigkeit vieler, die auf dem Weg zum Hochschullehrerberuf sind, hat deutlich gemacht, dass die Habilitation eben nicht im internationalen Vergleich den Königsweg zur Gewinnung von Professoren und Professorinnen darstellt. Die wie wir es jetzt wollen, sehr frühzeitig selbstständig in Forschung und Lehre arbeiten können.
Ulrike Flach ist überzeugt. Damit die Juniorprofessur in Deutschland ein Erfolg wird, muss der Gesetzgeber noch einmal nachbessern:
Da ist die nach wie vor im Raum stehende Frage: Muss ich denn nur die Juniorprofessur anbieten oder kann ich nicht doch weiter zweigleisig fahren? Und zum anderen ist da dieses Loch nach der Juniorprofessur, dass viele junge Wissenschaftler sagen: Ich stehe dann ja im freien Raum, früher hatte ich die Gelegenheit mich zumindest eine gewisse Zeit ohne wirtschaftliche Sorgen bewerben zu können - das fällt weg mit der neuen Regelung, so dass wir auch dort noch mal ans Gesetz müssen.