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Streit um Käfighaltung

"Freiheit für die Hühner" und "Rettet das deutsche Ei" - Tierschützer einerseits und Landwirte andererseits trugen gestern ihre Überzeugungen auf Plakten vor sich her. Das war in Burg Warberg bei Helmstedt, wo sich die Agrarminister trafen. Renate Künast legte einen Kompromissvorschlag auf den Tisch. Aber die Verhandlungen sind gescheitert.

Von Henrik Ballwanz |
    Mit Musik und phantasievollen Hühner-Kostümen machten die rund 200 Tierschützer am Rande der Agrarministerkonferenz auf die derzeitige Situation von Hühnern in Käfighaltung aufmerksam. Dazu hatten die Aktivisten reichlich Anschauungsmaterial, wie zum Beispiel Modellkäfige und Fotos von Hühnern, die unter grauenvollen Verhältnissen gehalten werden.Bereits vor 2 Jahren hat der Bundesrat einer Neuordnung derLegehennenhaltung zugestimmt, die bis 2007 die Käfighaltung verbietet. Der Präsident des deutschen Tierschutzbundes Wolfgang Apel sieht die Demonstration deswegen auch als Rückenstärkung für Verbraucherschutzministerin Künast:

    Wir wollen, dass die Landesminister endlich der Forderung von Frau Künast nachkommen und das erfüllen, was längst Gesetz ist - die Legehennenhaltungsordnung verabschieden. Und zwar in den dem die Käfighaltung nicht wieder zugelassen wird und zwar ab 2007 verboten ist.

    Doch genau das lehnt die Mehrheit der CDU-geführten Länder ab. Selbst eine von Künast vorgeschlagene Kompromißlösung scheiterte. Sie sah vor, die Hühner statt in engen Legebatterien künftig in rund 1 Meter hohen Kleinvolieren zu halten. Dabei entzündet sich der Streit hauptsächlich an der Höhe des neuen Käfigs. Bei einem Meter wären die wirtschaftlichen Belastungen für die Eierproduzenten zu hoch argumentieren die Gegner der Reform. Und damit sprechen sie dem Bundesverband "Deutsches Ei” aus dem Herzen. Auch er demonstrierte mit knapp 200 Landwirten vor der Burg Warberg. Die Hühnerhalter wären durchaus bereit, die Legebatterien aufzugeben und auf neuartige größere Käfige auszuweichen. Das sagt ihr stellvertretender Vorsitzender Wilhelm Hoffrogge. Die neue Kleinvoliere der Züchter erreicht allerdings gerade einmal 50cm Höhe, also die Hälfte von Künasts Kompromißvorschlag. Für Tierschützer Apel stellt dieses Modell des Interessenverbands keine Lösung dar:

    Kleinvoliere ?! Wenn er damit meint, den ausgestalteten Käfig, den er hier aufgebaut hat, dann kann er gleich nach Hause gehen. Dann ersetzen wir einen Käfig durch den anderen Käfig. Wir sind ja schon zu Kompromissen bereit. Und zwar dahingehend, dass wir sagen "Lasst uns darüber unterhalten. Wie kriegen wir ne vernünftige Bodenhaltung hin?”. Wir bekommen im Moment die Freilandhaltung nicht – das sehen wir auch so. Aber wir müssen hier ne vernünftige Lösung finden, aber mit dieser Boykotterklärung "Dieser Käfig oder keiner!” kann man hier auch nicht weiter verhandeln.

    Hoffrogge, kann die ablehnende Haltung der Ministerin und der Tierschützer nicht nachvollziehen. Er sieht in dem Vorschlag der Hennenhalter eine optimale Alternative zur bisherigen Haltung:

    Es ist ein Quantensprung, der sich dort im Laufe der letzten fünf Jahre entwickelt hat, die Kleinvoliere gibt den Hühnern die Möglichkeit artgerecht sich zu verhalten; sie haben die Möglichkeit ihre Scharraktivitäten auszuleben, sie können Sitzstangen benutzen und sie wesentlich mehr Bewegungsmöglichkeiten in diesem neuen System.

    Hoffrogge hofft, dass es mit Hilfe der unionsgeführten Länder noch gelingt, das Käfigverbot zu kippen. Er befürchtet, dass das generelle Verbot der Käfighaltung ab 2007 das Aus für die deutsche Eierproduktion bedeutet:

    Wir sehen das als großen Fehler an. Damit sind wir in Europa nicht wettbewerbsfähig. Wir leben hier nicht auf einer Insel, sondern wir leben in einem liberalisierten europäischen Markt. Und da kann man in Deutschland nicht einen nationalen Alleingang machen, der die Hühnerhalter in große Nachteile bringt.

    Doch die Stimmung unter den Demonstranten der beiden Lager war nicht feindselig; die Positionen allerdings verhärtet. Es gab überall Gespräche und Diskussionen unter den Teilnehmern. Dabei ging es weit über Künasts Kompromissvorschlag hinaus. So setzte sich die Tierschützerin Ingrid Wendt zum Beispiel für eine komplette Freilandhaltung mit einem versetzbaren, mobilen Stall ein. Doch Hühnerhalter Geisthöfel aus Westfalen konnte sie von der Machbarkeit nicht überzeugen:

    Also bei dem Bedarf ist es ohne weiteres durchsetzbar. Ich hab' hier schon mehrfach vorgerechnet, dass wir für 60 Millionen Hühner einen Bedarf von 25 mal 25 Kilometern hätten. Die Fläche ist nicht zu finden. Das kann man nur mit Kleinstbeständen machen, aber in einer Hühnerhaltung mit 5.000 oder 10.000 Hühnern da ist so etwas nicht durchsetzbar.

    Nach dem Scheitern von Renate Künasts Kompromissvorschlag warf die Ministerin den Unions-regierten Ländern Erpressung vor. Eine Voliere könne kein "in die Breite gezogener Käfig” sein. Das Aus für die Käfighaltung sei beschlossene Sache.