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Streit um Sparpläne bei den Unis

In Sachsen-Anhalt mehrt sich der Protest gegen die geplanten Hochschulkürzungen. Selbst beim Koalitionspartner SPD steht man den Sparplänen kritisch gegenüber. Mit dem neuen Wissenschaftsminister Möllring hat sich immerhin der Ton in der Debatte verbessert.

Von Christoph Richter | 30.04.2013
    "Wir sind uns einig, dass wir uns im Moment noch nicht einig sind."

    Hartmut Möllring. Der neue CDU-Wissenschaftsminister Sachsen-Anhalts war gelassen, cool und ruhig. Das erste Treffen zwischen dem Minister und den Hochschulrektoren fand in Magdeburg in auffällig sachlicher Atmosphäre statt. Die inhaltlichen Differenzen waren jedoch unübersehbar.

    "Für uns schwer vorstellbar, im Grunde gar nicht darstellbar, ist die Erwartungshaltung im Jahr 2015 mit fünf Millionen Euro, im Jahr 2016 mit zehn Millionen Euro und so weiter fort, die Grundbudgets abzusenken. Eine solche Planung, wie sie sich das Kabinett hier offenbar vorstellt, läuft unseren Strukturvorstellungen völlig zuwider und erlaubt auch keine sinnvolle Profilierung. Da besteht kein Konsens."

    Betont Armin Willingmann, Rektor der Hochschule Harz und Geschäftsführer der sachsen-anhaltischen Landesrektorenkonferenz. Und ergänzt, dass bei der Errechnung der Sparpläne der gesamte Wissenschaftsetat heranzuziehen sei und nicht nur die Hochschulbudgets. Wodurch die Einsparungen etwa schon mal um die Hälfte geringer ausfallen würden, kalkuliert Jurist Willingmann.

    "Sicherlich ein positives Signal war es auch vonseiten des Ministers, sich abzugrenzen von der sehr schrillen Diskussion eingangs der Strukturdebatte. Da ist viel Unsinniges in den Raum gestellt worden. Über die Qualität unserer Hochschulen, über die Größe und Auslastung."

    Ab 2015 sollen die Hochschulen in Sachsen-Anhalt schrittweise rund 50 Millionen Euro einsparen, die Studienplätze werden – wenn es nach der Großen Koalition geht – von 55.000 auf 33.000 drastisch gekürzt. Vorgaben des Kabinetts, an die sich Hartmut Möllring gebunden sieht. Doch anders als CDU-Ministerpräsident Haseloff gesteht Parteikollege Möllring, dass man bei den Sparvorschlägen mit mehr Augenmaß vorgehen müsse.

    "Dass wir Einsparmaßnahmen nicht mit dem Rasenmäher machen können. Also einfach verteilen nach Budgetgröße, sondern dass da strukturelle Veränderungen erforderlich sein werden. Dass man strukturelle Veränderungen nicht von heute auf morgen beschließen kann, ist auch klar."

    Ein gemäßigter Ton hat Einzug gehalten, die Mienen der Beteiligten aber sind angespannt. Es scheint allenthalben klar zu sein, dass man zur Beurteilung der Situation in Sachsen-Anhalt auf das Gutachten des Wissenschaftsrates warten müsse, das Mitte Juli vorgestellt werden soll. Ähnlich sieht man es mittlerweile auch beim Koalitionspartner SPD. Die Magdeburger Fraktionsvorsitzende Kathrin Budde:

    "Die SPD wird keine Absenkung der Studienplätze mitmachen. Unser Ziel ist es, die Studienplätze und auch die Studierendenzahlen gleich zu halten."

    Innerhalb nur weniger Tage hat die SPD-Fraktion im Magdeburger Landtag eine radikale Kehrtwende gemacht. Und will nun den harten Spar-Kurs des eigenen Finanzministers Jens Bullerjahn plötzlich nicht mehr mitmachen. In den Hochschulen indes ist man skeptisch. Es formiert sich Protest, der zunehmend lauter wird.

    "Wir setzen hier ein Zeichen, weil wir ein Problem damit haben, dass hier die Bildung im Land so an Qualität verliert. Ich finde, an Bildung sollte man nie sparen."

    Sagt Marco Rieth. Studiert in Köthen an der Hochschule Anhalt im vierten Semester Biotechnologie.

    "Letztendlich die Bücher, mit denen wir lernen, sind dieselben wie vor 40 Jahren. Obwohl sich viel tut, gerade in den Naturwissenschaften."

    Nach ersten kleinen Demonstrationen werden heute Nachmittag zu einer studentischen Protestaktion in Halle rund 3500 Studierende und Hochschullehrer erwartet, darunter soll auch der neue Wissenschaftsminister Hartmut Möllring sein. Der ganz und gar nicht als der finanzpolitische Hardliner daherkommt, wie man ihn aus seiner Zeit in Niedersachsen kennt.

    Stattdessen will Möllring Tauwetter, einen konstruktiven Dialog. Klingt einfacher als es ist, denn die Positionen in Deckungsgleiche zu bekommen dürfte fast aussichtslos sein. Zu unterschiedlich sind die Erwartungen. Jens Strackeljahn, Rektor der Magdeburger Otto-von-Guericke-Universität beispielsweise wünscht sich von seinem neuen Dienstherren – einem Ex-Finanzminister – Empathie. Aber auch eine gehörige Portion Kreativität, wenn es ums Sparen geht.

    "Gestalten als Politikelement. Und nicht verwalten. Das ist die Erwartungshaltung. Dass Herr Möllring da jetzt umschaltet. Vom Finanzminister, vielleicht auch sparenden Finanzminister, zum Gestalter."

    Letztlich wird man sehen, wie sich die sich ausweitenden Proteste auf die Verhandlungen zwischen Ministerium und Landesregierung auf der einen Seite und den Hochschulen auf der anderen Seite auswirken. Klar scheint allerdings, dass eine Basta-Politik, wie sie bisher von der Magdeburger Landesregierung praktiziert wurde, bis auf wenige Ausnahmen derzeit keine Basis und damit auch keine Chance hat.