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Streit um Stiftung Datenschutz

Die Stiftung Datenschutz soll künftig Sicherheitsstandards für den Datenschutz in Deutschland erarbeiten. Doch bereits vor Arbeitsbeginn sorgt die Stiftung für Unmut. Zu eng sei die Anbindung an die Wirtschaft und das Innenministerium, argumentieren die Kritiker.

Von Stefan Römermann | 31.01.2013
    FDP-Datenschutz-Expertin Gisela Piltz freut sich: Jahrelang hatte sie für ihre Idee einer Stiftung Datenschutz gekämpft. Jetzt geht es endlich los. Am kommenden Montag soll die Stiftung in provisorischen Geschäftsräumen in Leipzig die Arbeit aufnehmen. Die Stiftung soll zum einen Verbraucher über Datenschutzfragen aufklären, aber vor allem Kriterien für ein Datenschutz-Siegel entwickeln, vergleichbar mit den Testsigeln der Stiftung Warentest, erklärt Piltz.

    "Ist das ein Produkt, das datenschutzfreundlich zum Beispiel voreingestellt ist. Ist das ein Unternehmen am Ende, das gut mit meinen Daten umgeht? Und meine Idee war eben damit dem Verbraucher ein klares Signal an die Hand zu geben: Hier wird der Datenschutz groß geschrieben! Oder: Hier interessiert sich niemand für den Datenschutz. Ich glaube, dass das dem Datenschutz in Deutschland wirklich helfen könnte."

    Die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern sind allerdings wenig begeistert. Grundsätzlich sei die Stiftung ja eine schöne Idee, sagt der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar. Allerdings sei sie offenbar von der Wirtschaft dominiert. Besonders deutlich werde das durch die Besetzung ihres 34-köpfigen Beirats klagt Schaar.

    "Es sollen drei von den Datenschutzbehörden benannte Vertreter dort drin sein. Dazu kommen dann noch zwei Vertreter von der Verbraucherschutzseite. Der Rest waren im Wesentlichen Wirtschaftsvertreter. Sodass das ein ziemliches Missverhältnis war und wir dann gesagt haben: Wir wollen da nicht das Feigenblatt spielen."

    Schon Anfang November hatten die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern deshalb erklärt, dass sie auf ihre Sitze im Beirat verzichten wollen. Stiftung Warentest, der Verbraucherzentrale Bundesverband und die Oppositionsparteien schlossen sich dem Boykott an. Der frisch berufene Gründungspräsident der Stiftung, der Jurist Frederick Richter will nun versuchen, die Datenschützer wieder ins Boot zu holen:

    "Wir brauchen sie im Beirat, wir wollen sie im Beirat. Und wir werden daran arbeiten, dass sie ihre Mitwirkung wahrnehmen. Da gilt es Vertrauen jetzt erst mal unter den Beteiligten zu erreichen. Und da werde ich persönlich auch daran mitarbeiten, da Vorbehalte abzubauen."

    Dabei entzündet sich gerade an der Berufung von Richter zum Präsidenten jetzt neuer Streit. Denn bis zu seiner Ernennung war der Mitarbeiter der FDP-Bundestagsfraktion für Innen- und Rechtspolitik und davor Referent beim Bundesverband der Deutschen Industrie. Als Datenschutzexperte sei Richter dagegen bisher nicht aufgefallen, erklärt Florian Glatzner vom Verbraucherzentrale Bundesverband.

    "Auch denke ich, dass der Präsident der Stiftung über eine besonders große Unabhängigkeit verfügen sollte. Und ich bezweifle, dass das bei einer Person gegeben ist, die zuvor bei der FDP gearbeitet hat und beim Bundesverband der Deutschen Industrie."

    Auch SPD-Datenschutzexperte Gerold Reichenbach hält die Berufung von Richter für mehr als nur ungeschickt:

    "Das passt in das Bild. Die Industrie hat den Überhang im Beirat. Und jetzt wird noch ein eindeutiger Industrievertreter zum Präsidenten gemacht. Damit ist klar: Bei dieser Stiftung geht es nicht um Datenschutz, sondern darum, Wirtschaftslobbyinteressen zu befriedigen und nebenher noch eigene Leute zu versorgen."

    CSU-Datenschutzexperte Stephan Mayer hält das für billige Polemik. Schließlich habe sich Richter sowohl als Referent der FDP-Fraktion als auch beim BDI mit dem Thema Datenschutz beschäftigt.

    "Ich halte es auch in menschlicher Hinsicht nicht für sehr schön, dem Herrn Richter seine Eignung schon abzusprechen, bevor er sein Amt offiziell auch übertragen bekommen hat. Bitte auch hier Fairness walten lassen und dem Herrn Richter wirklich eine ernste Chance geben."

    Welche Chance die Stiftung tatsächlich hat, den Datenschutz in Deutschland zu verbessern, hängt allerdings wohl ohnehin nicht allein vom Präsidenten ab. Denn der Jahresetat von rund 200.000 Euro reicht gerade einmal für drei bis vier Mitarbeiter. Große Projekte dürften damit kaum zu stemmen sein.