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Streitbare und selbstbewusste Bauern

Wenn die Erntezeit dem Ende entgegen geht, dann beginnt die Zeit der Landwirtschaftsausstellungen. Ob aktive Bauern, die Landbevölkerung oder interessierte Städter - sie alle können sich über landwirtschaftliche Produkte informieren, über Landmaschinen und natürlich über politische Standpunkte. Die MELA in Mecklenburg-Vorpommern ist bereits vorbei, das Zentrallandwirtschaftsfest in Bayern wird am kommenden Samstag seine Tore öffnen und dazwischen liegt die NORLA, die Norddeutsche Landwirtschaftsausstellung, die morgen in Rendsburg beginnt.

Von Annette Eversberg |
    Wer die NORLA besucht, bekommt einen Eindruck davon, was es heißt, wenn Bauern sich an die neue europäische Agrarpolitik anpassen. Die Forderung, für den Markt zu produzieren und dafür die Betriebe zu modernisieren und zu vergrößern, das bedeutet auch, die Technik anzupassen. So findet der Besucher diesmal im Zentrum der Ausstellung riesige Mähdrescher zum Preis eines Einfamilienhauses, die mit moderner Satellitentechnik – GPS genannt - gesteuert und in Großbetrieben von 600 Hektar und mehr wirtschaftlich eingesetzt werden. Diese GPS-Technik ist aber auch dazu geeignet, die Anforderungen an eine nachhaltige Wirtschaftsweise besser als bisher zu erfüllen. Denn inzwischen ist man soweit, dass auch der Dünger satellitengestützt ausgebracht werden kann, erläutert Dr. Hartwin Traulsen von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein:

    Beim Düngerstreuer kann ich den Streuer heute schon anpassen an den Ertrag, den ich an einer ganz bestimmten Feldstrecke habe. Das trifft vor allem für den Stickstoff zu. Dort, wo ich einen hohen Ertrag im letzten Jahr hatte, streue ich mehr Dünger, weil hier auch mehr Nährstoffe aufgenommen werden.

    Dabei wird verhindert, dass ungenutzter Stickstoff den Boden überdüngt. Für den Landwirt hat sich gezeigt, dass die schlechten Standorte besser genutzt werden konnten und die Erträge gleichmäßiger werden. Um Aufwand und Ertrag geht es auf der NORLA auch bei den Landfrauen. Sie sind diejenigen, die immer mehr darüber nachdenken, wie man die Betriebe erweitern kann, weiß Heiderose Schiller von der schleswig-holsteinischen Landwirtschaftskammer:

    Der Strukturwandel, der setzt sich nach wie vor fort, das weiß jeder, und oftmals haben auch die Frauen reagiert, indem sie ein Hofcafé machen, indem sie Partyservice machen, indem sie einfach neue, innovative Bereiche übernehmen, die auch erfolgreich sind.

    In vielen Fällen decken diese Betriebsformen schon zwischen 30 und 50 Prozent des Einkommens des Familienbetriebes. Und wenn von Betriebsleiterfähigkeiten die Rede ist, die eine immer größere Rolle spielen, dann gilt das auch für die Landfrauen. Deshalb präsentieren sie sich auf der NORLA insgesamt in verändertem Gewand. Mit Aktionen wie Herz Aktiv unterstützen sie die Aufklärungsaktionen der Gesundheitsämter, in den Schulen treten sie als Ernährungsberaterinnen auf. Es sind nicht nur Einkommensquellen, die sich die Landfrauen erschließen, sie entwickeln auch Perspektiven für den ländlichen Raum, betont die Vizepräsidentin des schleswig-holsteinischen Landfrauenverbandes Helga Klindt:

    Wenn wir unsere Dörfer so erhalten wollen, dass die Landwirtschaft das prägende Element ist, jedenfalls noch in den meisten Dörfern – das sind ja auch die Strukturen, die die Touristen, die Urlaub auf dem Bauernhof machen wollen, lieben, - dann denke ich, müssen wir unsere Betriebe versuchen aktiv zu halten und das heißt, dass wir in andere Bereiche gehen müssen.

    Neue Wege, die wollen auch die Obstproduzenten gehen, die mit insgesamt 20 Betrieben auf der NORLA vertreten sind. Gemeinsam mit der Universität Kiel gibt Obstbauer Ernst Schuster einen Einblick in den biologischen Pflanzenschutz:

    Wir diskutieren zur Zeit, welche Möglichkeiten es gibt, Pflaumenwickler mit Nematoden zu bekämpfen, um den Befall für das Folgejahr zu reduzieren. Wenn man die Gesamtwirtschaftliche Bilanz sieht, dann gehe ich im Augenblick noch davon aus, dass wir höhere Kosten haben werden, wobei wir aber doch bei der Vermarktung wieder größere Vorteile haben werden, dass wir dem Kunden verbindlich vermitteln können, dass die Früchte ungespritzt sind.

    Bei den Kosten werden auch die Interessenten auf der NORLA noch stutzen, die sich für eine umweltfreundliche Holzpellet-Heizung interessieren. Doch sie können sich über Wirtschaftlichkeit und Fördermaßnahmen informieren. Wer genauer hinschaut wird erkennen, dass die neue Agrarpolitik mit ihrer Steuerungsfunktion zur Produktion von Biomasse auch das Landschaftsbild verändern kann. Umweltminister Klaus Müller sieht daher die Entkopplung der Prämienzahlung von der Produktion von Nahrungsmitteln für das waldarme Schleswig-Holstein durchaus positiv:

    Wenn man etwas mutig ist, dann kann man sagen, es gibt ein 365 Millionen Euro starkes Förderprogramm für jede Art von nachwachsenden Rohstoffen. Und damit erwarten wir auch, dass Wald sehr gut ein Wirtschaftsfaktor sein kann. Und damit kann für Schleswig-Holstein auch ein echter Schub geschehen.