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Streiten sich drei, freut sich der Vierte.

Seit Wochen tobt in den USA ein heftiger Streit um die Übernahme des Softwarehauses Peoplesoft. Nachdem das Unternehmen die Mitbewerber mit gut vorbereiteten ausgefeilten Plänen zu einer Fusion mit dem kleineren Konkurrenten ''J.D. Edwards'' überraschte, reagierte US-Kontrahent Oracle seinerseits mit dem Versuch, sich Peoplesoft über eine feindliche Übernahme einzuverleiben. Lachende Vierte bei den Auseinandersetzungen auf dem Softwaremarkt für unternehmensweite Programmpakete ist die Waldorfer SAP AG, deren Aktienkurse in die Höhe klettern. Denn selbst nach solchen Fusionen in den USA wäre das deutsche Unternehmen noch mit Abstand marktführend.

    Von Detlev Karg

    Selbstherrlich kündigte Oracle-Chef Larry Ellison an, wenn man Peoplesoft geschluckt habe, werde man deren Produkte nicht weiterführen. Die Kunden müssten dann auf Oracle umsteigen. So viel Arroganz erboste nicht nur Peoplesoft, sondern muss auch Tausende Unternehmen weltweit verschrecken. Denn Standardsoftware, auch als ERP-Software bekannt, ist eine Investition über Jahrzehnte. Schließlich verwaltet sie die grundlegenden Aktivitäten einer Firma: Von der Auftragsannahme, der Logistik und Materialplanung, hin zu Personalwesen, Kundenpflege und Rechnungswesen. Nicht nur, was ERP-Software leistet, ist wichtig, auch das Vertrauen in den Softwarehersteller ist für die Kunden aus allen Branchen ganz entscheidend. Nun wollten sich Peoplesoft und JD Edwards zusammenschließen. Hierzulande weniger bekannt, aber auf ihrem Heimatmarkt USA etabliert, wären sie damit die Nummer zwei nach der SAP geworden. Beider Produkte haben unterschiedliche Stärken, Peoplesoft im Bereich Personalmanagment, JD Edwards in der Fertigung. Wo aber steht Oracle mit seinen Applications? Dazu der Münchner ERP-Analyst Helmuth Gümbel:

    Oracle Applications ist heute in einem Zustand, wo man getrost unterstellen kann, dass sich Oracle die Frage gestellt hat, ob es überhaupt sinnvoll ist, in diesem Bereich weiterzuarbeiten. Man kann dieser ständigen Erosion nicht weiter zusehen. Das wäre natürlich für den Markt gar nicht gut.

    sagt Helmuth Gümbel und meint damit Oracles Übernahmeangebot für Peoplesoft. Weltweit führend auf dem Gebiet der Datenbanken und nach Microsoft zweitgrößter Softwarehersteller, versucht Oracle beständig im Markt der Unternehmenssteuerung Fuß zu fassen. Larry Ellison, Enfant Terrible der Branche und nie um Knalleffekte verlegen, bietet derzeit 5,1 Milliarden Dollar für Peoplesoft. Legitim ist die Absicht, einen Konkurrenten zu schlucken, doch das prompte feindliche Angebot und der Wille, danach nur noch die eigenen Produkte anzubieten, riefen den Widerstand des möglichen Opfers hervor. Er werde "nicht ruhen, bis Peoplesoft vom Markt verschwunden ist", wurde Ellison kürzlich in einem Nachrichtenmagazin zitiert. Kriegsgeschrei in einer seriösen Branche. Peoplesoft hat Klage gegen Oracle eingereicht und will mit einer einstweiligen Verfügung die Kaufofferte des Konkurrenten blockieren lassen. Auch JD Edwards hat eine 1,7-Milliarden-Dollar-Klage gegen Oracle eingereicht, weil die Oracle-Offerte die geplante Fusion mit Peoplesoft gefährde und nur ein Störmanöver sei, um Konkurrenten auszulöschen. Bob Dutkowsky, CEO von JD Edwards, dazu:

    Ich glaube, eine Übernahme von Peoplesoft durch Oracle würde so große kartellrechtliche Fragen aufwerfen, dass sich das US-Justizministerium und die EU-Kommission damit befassen müssten. Oracles feindliches Angebot wird mindestens einen Konkurrenten vom Markt fegen. Diese Eliminierung eines Wettbewerbers, seiner Produkte und seiner Entwicklung würde die Freiheit der Kunden und ihren Support beschneiden. Larry hat gesagt, wie er seine Kunden behandeln würde. Wir wissen seit 26 Jahren, wie wir Kunden richtig behandeln. Ich denke, das gibt JD Edwards gute Chancen und wir sind zuversichtlich und bereit, diese Chance zu nutzen. /

    Die Akquisitionspläne von Larry Ellison mögen hektisch wirken, Analysten glauben jedoch, dass sie schon lange in der Schublade lagen. Der Platzhirsch SAP könnte davon profitieren, auch ohne Übernahmen, meint Branchenanalyst Gümbel:

    Der ERP-Markt ist fundamental außer Balance. Je nach Geographie unterschiedlich stark, was man daran sehen kann, dass es Teilmärkte gibt, in denen die SAP einen Marktanteil von bis zu 70 Prozent errungen hat. Das macht es natürlich extrem schwierig für kleinere Anbieter, sich dort zu behaupten, und der Konzentrationsprozess, der vorübergehend sich verlangsamt hatte, der hat in den letzten 12 Monaten wieder Fahrt aufzunehmen begonnen.

    Drei der größten Konkurrenten der SAP sind nun monatelang mit sich selbst beschäftigt. In Walldorf wird schon an einer großen Marketing-Kampagne gebastelt. Anwender, die von Peoplesoft oder J.D. Edwards auf die SAP-Lösungen umsteigen wollen, sollen Rabatte erhalten. So manchen IT-Verantwortlichen wird das indes nicht freuen, denn die Auswahl wird immer kleiner, so wie das bei den Betriebssystemen schon seit vielen Jahren der Fall ist.