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Strenge Hierarchie, Sprachprobleme und Abhängigkeit

Auslandserfahrung im Lebenslauf gilt als klassischer Pluspunkt bei jeder Bewerbung. In Sachen Auslanderfahrung nahm für den Studenten Matthias Lechner alles seinen Lauf im Dezember 1998. Eingeschrieben an der Kunsthochschule in Berlin bekam er durch seinen Professor das Angebot, im Rahmen eines internationalen Studienprogramms für zwei Wochen nach Korea zu fliegen. Bei einem Workshop während der ersten Woche traf Matthias Lechner mit koreanischen Studenten zusammen, in der zweiten Woche wurden Design-Firmen in der Hauptstadt Seoul besucht. Bei dieser Gelegenheit fragte Matthias Lechner im Design-Büro von Lucky Goldstar direkt nach einer Arbeitsstelle oder einem Praktikumplatz. "Es funktionierte sehr gut, die Zusage kam sofort", berichtet Matthias Lechner immer noch etwas überrascht von der prompten Zusage. Bis er dann aber tatsächlich seinen neuen Arbeitsplatz antreten konnte, zogen erst einmal sechs Monate ins Land. Als erster europäischer Designer in Korea mussten viele Formalitäten, Botschaftsgänge und arbeitsrechtliche Bestimmungen bewältigt werden.

    Zwei Jahre Arbeitserfahrung in Korea haben Matthias Lechner gezeigt, dass es kaum Vergleichsmomente zum deutschen Arbeitsleben gibt. "Die Hierarchie bestimmt alles. Der Vorgesetzte sagt immer ganz genau, wie eine Arbeit erledigt werden muss. Das ist für einen deutschen Designer sehr schwer, der einfach ganz andere Strukturen gewohnt ist. Hinzu kommt noch das Sprachproblem; nur etwas zehn Prozent der Leute können Englisch. Mein direkter Vorgesetzter konnte beispielsweise überhaupt kein Englisch. Und so hat mich ein Jahr gekostet, um mich halbwegs einzufinden. Allein die Höflichkeitsformen sind ständige Stolpersteine". Und so gehört es zu den wichtigsten Erfahrungen von Matthias Lechner, sich in einem völlig fremden Land zurechtgefunden und erfolgreich angepasst zu haben. Wieder zurück in Deutschland, kommt ihm alles plötzlich ganz ruhig vor. "In Korea habe ich unter einer ständigen Reizüberflutung gelitten. Irgendwann einmal braucht man Zeit, die Eindrücke zu verarbeiten".